Berlin·Karlsruhe. Herbert Landau geht, Christine Langenfeld kommt. Die Verabschiedung des Bundesverfassungsrichters Landau und die Einführung seiner Nachfolgerin Langenfeld markieren mehr als nur einen nach zwölf Jahren fälligen Wechsel auf einer Richterstelle am Bundesverfassungsgericht. Der 68 Jahre alte Landau ist ein mustergültiger christdemokratischer Konservativer, der im Zweiten Senat traditionelle gesellschaftspolitische Positionen lange vehement, wenn auch eher erfolglos verteidigt hat. Zwar ist auch Langenfeld – Tochter des ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Carl-Ludwig Wagner (CDU) – Christdemokratin, im Übrigen aber fast ein Gegenentwurf zu ihrem Vorgänger.
Schon ihre in wissenschaftlichen Arbeiten dokumentierten Forschungsschwerpunkte weisen die 53-Jährige als liberale Staatsrechtlerin aus. Promoviert hat sie mit dem Thema „Die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Europäischen Gemeinschaftsrecht“. Mit dem Thema ihrer Habilitation hat sie sich einer der entscheidenden Fragen der Gegenwart zugewandt: „Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten“. Seit 2009 gehörte Langenfeld dem interdisziplinär besetzten Sachverständigenrat für Integration und Migration an, seit 2012 als Vorsitzende. Damit verfügt sie im Zweiten Senat über eine einzigartige Qualifikation, die ihr in den nächsten zwölf Jahren in Karlsruhe zugutekommen dürfte.
Bundesrat war am Zug
Zwar wurde Langenfeld von der CDU als Verfassungsrichterin vorgeschlagen. Das Wahlverfahren nötigte jedoch die Partei, sich der Zustimmung der Grünen zu versichern. Verfassungsrichter werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Diesmal war der Bundesrat am Zug. Aufgrund ihrer starken Regierungspräsenz in den Ländern forderten die Grünen Mitsprache bei der Richterwahl. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und sein baden-württembergischer Amtskollege Winfried Kretschmann (Grüne) verständigten sich auf die Göttinger Staatsrechtlerin.
Mit ihrer Amtseinführung erlebt das Karlsruher Gericht an diesem Mittwoch zwei Premieren. Erstmals stellen die Staatsrechtsprofessoren die Mehrheit der 16 Richter der beiden Senate, bisher waren es acht, mit Langenfeld sind es neun. Das ist nicht unbedingt eine gute Nachricht. Denn schon lange werden Anwälte in der Riege der Verfassungsrichter vermisst. Erfreulicher ist, dass dank der Wahl Langenfelds der Anteil der Frauen im Zweiten Senat erstmals auf 50 Prozent steigt.