Das war keine Präsidentschaftsdebatte, sondern ein Blick in ein autokratisches Amerika, wie es sich Donald Trump vorstellt. Wie in den letzten dreieinhalb Jahren im Weißen Haus hielt sich der Präsident in den 90 Minuten von Cleveland nicht an eine einzige Regel. Stattdessen versuchte er alle Anwesenden mundtot zu machen.
Trump missbrauchte den Moderator, seinen Herausforderer und die Wähler. Das Gepolter, die Lügen und die menschlichen Unanständigkeiten Trumps machten eines deutlich: Dieser Mann tritt nicht gegen einen Herausforderer an, sondern die Demokratie selbst. Der Amtsinhaber ließ nicht den geringsten Zweifel daran, dass er alles andere als einen eignen Sieg am Wahltag nicht anerkennen wird. Seine erfundenen Behauptungen über die Integrität der Wahlen, sind nichts anderes als die lahme Ausrede eines Verlierers.
Gut, dass Joe Biden den Narzissten am Ende dieser schaurigen Aufführung dann erinnerte, in einem Land zu leben, in dem noch die Wähler entscheiden, wer es regiert. Biden bemühte sich nach Kräften darum, einen zivilen Diskurs zu führen. Nicht einmal erlaubte ihm Trump, ein Argument ungestört auszuführen. Das rüpelhafte Verhalten Trumps zwang den Moderator des konservativen Haussenders dazu, Partei zu ergreifen und den Präsidenten zurecht zu weisen.
Biden nennt Trump einen „Clown“
Der Herausforderer blickte wiederholt direkt in die Kamera und richtete sich persönlich an die Wähler. Er lachte über die Lügen hinweg und nannte Trump an einer Stelle das, was er ist: einen Clown.
Der Präsident verspielte an diesem Abend in Cleveland seine vielleicht letzte Chance, die Dynamik in dem Rennen noch einmal zu verändern.
Mit diesem Auftritt schreckte er die Frauen in den Vororten ab, als deren Retter er sich inszeniert. Seine Weigerung, sich von Rechtsextremisten zu distanzieren, Maske zu tragen und den Konsens der Wissenschaft von Covid-19 bis zum Klimawandel zu akzeptieren, gewinnt ihm keine einzige moderate Stimme. Und die persönlichen Attacken gegen Bidens Familie unterstrichen die eisige Kälte, die dieser skrupellose Narzisst versprüht.
Wer die erste von vielleicht drei Debatten gewonnen hat, steht außer Frage. Weniger sicher scheint, ob die amerikanische Demokratie diesen Anschlag übersteht. Das beinhaltet eine Abwägung, ob es unter solchen Umständen Sinn macht, an weiteren Debatten mit jemanden teilzunehmen, der wie ein von allen Realitäten entrückter Autokrat in einer Bananenrepublik monologisiert.
Die Amerikaner wissen nach dieser Nacht alles, was sie wissen müssen. Am 3. November geht es nicht um bloß Trump oder Biden, sondern die Zukunft der Demokratie selbst.