Ein Auto, fünf Motorisierungen, wie sie unterschiedlicher nicht ausfallen könnten, das ist eindeutig eine Seltenheit. So liefert Ford mit dem Kuga dritter Generation ein Fahrzeug, das nun wirklich jedem schmecken sollte – zumindest fast. Klassisch verbrennend als dreizylindriger Benziner oder vierzylindriger Diesel, dreifach elektrifiziert, als mildhybrider Selbstzünder, Voll- und Plug-in-Ottohybrid: Lediglich den puren E-Antrieb behält Ford dem Mustang Mach-E vor.
Als Alan Mulally 2006 von Boeing zu Ford wechselte, prägte der gelernte Luft- und Raumfahrtingenieur ein für Jahre gültiges Credo. „One Ford“, so brachte es der letzte Chef des Hauses, der sein Glück länger als drei Jahre an der Spitze versuchen durfte, auf den Punkt. Das Ziel: ein Auto, das sich in identischer Form auf der ganzen Welt verkauft.
Das Zauberwort heißt modular
Was dem einen oder anderen damals noch nach Mondlandung 2.0 und automobiler Grunderneuerung klang, ist heutzutage gang und gäbe – Stichwort modulare Baukästen. Aber klar, der Dreisatz dahinter, das ist Betriebswirtschaft für Anfänger. Je massentauglicher ein Modell gezeichnet ist, desto größer seine Zielgruppe. Je mehr Modelle auf gleiche Bauteile setzen, umso größer deren Stückzahl. Und – last but not least – je mehr, desto günstiger.

Wer schon mal Ford gefahren ist, fühlt sich im Innenraum direkt. Bei allen anderen sollte das nicht allzu lange dauern.
Sichtbar machten diese Strategie damals zum Beispiel der Mustang und der Edge, die verstärkt auch auf den europäischen Kontinent rollten. Heute merkt man die Reduktion auf wenige Plattformen unterschiedlichster Aufbauten und Antriebe bei keinem Ford deutlicher als beim Kuga der dritten Generation.
Bis dato einmalig
Dieser teilt sich nicht nur die C2-Plattform mit einer Handvoll Artgenossen (Ford Bronco, Escape, Focus, Maverick und Edelableger Lincoln Corsair), sondern fährt auch mit gleich fünf Motorkonzepten vor. Das ist einmalig im Portfolio der Marke – auch ansonsten Ausnahme – und hat den entscheidenden Vorteil, dass der Kuga nun nahezu jedem gefällt.
Ein mildhybrider Diesel (48-Volt-MHEV, 110 kW / 150 PS) für den Einstieg in die Elektrowelt, ein vollhybrider Benziner (FHEV, 140 kW / 190 PS) für steckerfreien, aber elektrifizierten Allradantrieb und der Plug-in-Hybrid (PHEV, 165 kW / 225 PS) zum Aufladen: Damit setzt Ford Maßstäbe, ohne jedoch die Freunde althergebrachter Antriebe zu verprellen. Denn auch Verbrenner – der Benziner 1.5 l EcoBoost mit 110 kW / 150 PS und der allradangetriebene Diesel 2.0 l EcoBlue mit 150 kW / 190 PS – stehen zur Wahl.

Rein elektrisch Reichweite schafft es der Kuga Plug-in-Hybrid bis zu 68 Kilometer weit.
Den größten Pluspunkt bekommt der Testkandidat, der PHEV, für sein Fahrerassistenzsystem, Aufpreis 1300 Euro. Damit erleichtert der 165 Kilowatt (225 PS) kräftige Fronttriebler insbesondere das Fahren in dichtem und sich stauendem Verkehr. Selbst im Stop-and-go erledigt die Geschwindigkeitsregelanlage einen zuverlässigen Job. Kommt das vorausfahrende Fahrzeug zum Stillstand, hält sie ausreichend Sicherheitsabstand – rollt es wieder, fährt auch der per stufenlosem Automatikgetriebe (CVT) geschaltete Kuga an. Lediglich sobald der Stopp länger als drei Sekunden dauert, muss der Fahrer eingreifen. Einmal die Reset-Taste am Lenkrad oder das Gaspedal drücken – das ist zu verschmerzen und allein aus Gründen der Sicherheit branchenüblich.
Etwas sehr beherzt
Zum dem Paket gehören ein Spurhalter, der gut und gern ein wenig geschmeidiger mitziehen könnte, anstatt immer nur punktuell und dafür recht beherzt einzugreifen, sowie die Warnsysteme für den toten Winkel, kreuzenden Verkehr und Kollisionen. Besonders interessant, im Stadt-Land-Autobahn-Verkehr allerdings schwierig zu überprüfen: das Auffahrwarnsystem mit Fußgänger- und Fahrraderkennung, das an den Ausweichassistenten gekoppelt ist. Reagiert der Fahrer nicht auf die audiovisuellen Warnungen, soll das System automatisch in die Eisen gehen und nachsteuern. Nun denn, Vertrauen ist gut, Eigeninitiative beruhigender.
Seine E-Qualitäten spielt der Plug-in-Hybrid naturgemäß in der Stadt und auf dem Land aus. Die elektrische Reichweite von 68 Kilometern innerorts beziehungsweise 56 Kilometern bei gemischter Streckenführung qualifizieren ihn zweifelsohne als Alternative zu den Plug-ins von Volkswagen (Tiguan), Škoda (Octavia) oder Seat (Leon).

Der Laderaum kommt üppig bemessen daher: 486 bis 1481 Liter, da passt was rein.
Tipp: Fords Geofencing, eine Funktion, welche der Karte des Navigationsgeräts die Umweltzonen einzeichnet. Bevor die Tour also in ein solches Quartier führt, lässt sich über einen Taster in der Mittelkonsole in den „EV Jetzt“-Modus wechseln. Unabhängig von der Wahl von Gelände-, Sport- oder Normalprogramm fixiert man den PHEV damit auf die Gangart rein elektrisch und die vollkommene (lokale) Emissionsfreiheit.
Wer das nicht selbst entscheiden möchte, überlässt es der Bordelektronik. So oder so stehen drei verschiedene Modi bereit. Nach dem besagten „EV Jetzt“-Prinzip bleibt der mit 2,5 Liter bemessene Benzinmotor solange aus, bis die Batterie leer ist, um dann wieder in den Hybridantrieb zu wechseln und den Akku (14,4 Kilowattstunden) mittels Rekuperation und anderweitiger überschüssiger Motorleistung nachzuladen. „EV Später“ hingegen bedeutet: Das Fahrzeug fährt überwiegend im Hybridantrieb – und spart sich möglichst viel Energie für die nächste Umweltzone auf. Und „EV Aufladen“, klar, auch hier sagt die Benennung alles: Der Verbrenner erzeugt absichtlich überschüssige Energie, um wieder elektrische Reichweite zu generieren.
Überzeugende Reichweite
Apropos Reichweite: Die 56 Kilometer im Datenblatt – das passt weitestgehend, einen manierlichen Fahrstil vorausgesetzt. Ein paar Kilometer weniger sind es ja am Ende immer. Wer in der heimischen Garage eine Wallbox installiert, lädt in dreieinhalb Stunden voll – Gleiches gilt an den meisten öffentlichen Ladepunkten. Über die herkömmliche Haushaltssteckdose dauert der Vorgang bis zu sechs Stunden, ein entsprechendes, 7,1 Meter langes Ladekabel ist im Lieferumfang enthalten.

Gehören bei Ford zum guten Ton der gehobenen Ausstattung: die Türschwellen.
Fazit: Den Platz in den Top 20 in Deutschland zugelassener SUV hat der Kuga ohnehin sicher – die jüngste Generation steigert diese Attraktivität, nicht zuletzt dank der Antriebsalternativen. Nahezu vollausgestattet (ST-Line-X plus Extras) bringt es Fords Jedermann auf 48.850 Euro. Dass die E-Variante im Portfolio fehlt, ist zu verkraften. Schließlich gibt es für diese Summe auch den Mustang Mach-E, Reichweite 610 Kilometer. „One Kuga fits all“? Fraglos. So komfortabel wie kommod in Innenausstattung und Platz ist kaum einer seiner Klasse.