Ich kapituliere. Vier Mal habe ich ihm gesagt, dass ich es selbst schaffen würde. Und vier Mal grinste mich dieser sympathische Araber an, als hätte er nichts gehört. Munter greift er zu meiner Gabel, spießt frittiertes Hähnchen, saure Gurke sowie Pommes auf und tunkt alles anschließend in Knoblauchcreme.
Dann kommt es zum befürchteten Moment. Er führt die Gabel zu meinem Mund. „Probier das. So ist es bei uns Arabern”, ruft mein Mäster mit vergnügtem Gesicht. Weil ich mich plötzlich zwanzig Jahre zurück versetzt und an die drohende Stimme meiner Mutter erinnert fühle, weil die Sitte des gegenseitigen Fütterns mir aus der eritreischen Tradition nur allzu vertraut ist und weil die Situation auch irgendwie so skurril ist, lasse ich es geschehen.
Ich lasse mich füttern. Von einem Kerl, der mit 28 drei Jahre jünger ist als ich und den ich erst seit einer halben Stunde kenne. Während ich noch kaue und versuche, die Situation so natürlich wie möglich erscheinen zu lassen, fällt mein Gegenüber schon das Urteil: „Sehr knusprig, goldig und mit den richtigen Gewürzen gewürzt. Meiner Meinung nach das beste Crispy, was ich meinem Leben probiert habe. Und ich habe viel gegessen.“ Da ist was dran.
Bodi Hamed ist nicht nur Manager im von Nizar Al Khatib geführten syrischen Restaurant Albeek, er ist auch ein Foodinfluencer. Seit einigen Jahren probiert er sich unter dem Namen @bodithefoodi durch allerlei Spezialitäten der syrischen Küche und über 330.000 Fans auf Instagram, Facebook, Youtube und TikTok folgen ihm dabei. Tatsächlich ist er so bekannt, dass sogar schon Gäste aus den Niederlanden und Dänemark gekommen sind, um bei ihm zu essen und sich persönlich mit ihm ablichten zu lassen.
Ich weiß nicht, ob ich mich nun besonders geschätzt fühlen darf, in jedem Fall bin ich glücklich. Zartes, zuvor in Buttermilch mariniertes „Broasted Chicken“ (7,50 Euro), Pommes, eingelegte Gurken, Kohlsalat und diese syrische Aioli verschmelzen zu einem explosiven Geschmackserlebnis. Nur beim Coleslaw, für den Hamed für meinen Geschmack ein Superlativ zu viel verwendet, stimme ich nicht überein. Ansonsten kann dieser Klassiker nicht gesteigert werden.
Probiert und empfohlen: Es folgt ein Gericht, das nicht ohne Grund an Biryani erinnert. Denn die arabische Reisspezialität Kabse (9,90 Euro) besteht wie die indische Variante aus mit diversen Gewürzen gekochten, gelborangen Basmati Reis, Rosinen sowie Mandeln. Bei Albeek gibt es die Speise mit Hähnchen, Lamm, vegan oder vegetarisch. Wir entscheiden uns für Letzteres. Hier trumpft zunächst die kräftig gebutterte Gemüsebeilage aus Zucchini, Karotten, Pilzen, Kartoffeln und Mais überraschend auf. „Der Reis ist klebrig und sollte luftiger sein“, wendet der gebürtige Syrer ein. Und hat damit nicht Unrecht. Geschmacklich ist die duftige, als Turm arrangierte Spezialität insgesamt solide.
Der abschließende Mixed Grill Teller Extra (17,90) macht seinem Namen alle Ehre. Von Lammkebab und Lammfilet über Hähnchenspieß und Hähnchenkebab bis hin zu Koteletts: Haufen über Haufen von Fleisch, dazu Basmati Reis, Tahini- und Knoblauchsauce, gegrillte Tomate, Peperoni, ein Petersiliensalat, Muhammara sowie Brot. Die Lammrippen und die marinierten Hähnchen etwa sind unser beider Meinung nach ein Hit. Saftig, würzig und das komplette Gegenteil vom trockenen Lammkebab, das keine Sauce dieser Welt wieder reanimieren kann.
Eine positive Überraschung, die den Fleischmarathon immer wieder angenehm unterbricht, ist der mit Sumak verfeinerte Petersilien-Salat. Als ich Hamed gestehe, dass ich wohl nie ein Fan von der Sesamsauce sein werde, ist er schockiert. „Was? Tahini findest du langweilig? Ich finde das mega lecker. Dafür mag ich die Aioli aber gar nicht“, entgegnet er entrüstet und bringt mich zum Lachen. Von Aioli kriege ich wiederum nie genug.