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Bremer Tischgespräch Die Küche 13 ist ein Aushängeschild Bremens

"Die Küche von Chef Jan-Philipp Iwersen überrascht mit gelungenen, ideenreichen Aromenkombinationen“, heißt es im Restaurantführer „Der Große Guide“. Und ich erlebe nichts anderes.
10.11.2021, 18:00 Uhr
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Die Küche 13 ist ein Aushängeschild Bremens
Von Temi Tesfay

Einmal im Jahr leuchtet auf meinem Handy ein Name auf, der mir sofort ein Lächeln ins Gesicht zaubert: Jan-Philipp Iwersen. Er ruft nicht etwa an, um mir zum Geburtstag zu gratulieren. Aber seine Anlässe fühlen sich stets wie Geburtstagsgeschenke an. „Hast du Lust, mich zu meinem Gemüsehändler nach Wilstedt zu begleiten?“, fragte er vor einigen Jahren mal aus heiterem Himmel. Ein anderes Mal klingelte er durch, um mir von seinem neuen Geflügel-Lieferanten vorzuschwärmen und vorzuschlagen, ihn bei einem Besuch zu begleiten.

Eigentlich kenne ich Iwersen nicht. Zwei Mal waren Caro und ich in seiner im Viertel gelegenen Küche 13, ein Mal haben wir ein Rezept für das Stadtmagazin gemacht und irgendwie muss ich ihm dabei so in Erinnerung geblieben sein, dass er mich auf Reisen zu seinen Lieferanten einlädt. Es gibt ein Foto davon, da hält er eine Rote Bete in der Hand und schaut sie an, wie ich mir einmal die Erstbetrachtung meines Babys vorstelle. Dieser Mann legt großen Wert auf Qualität, so viel steht fest. Aber wie mir scheint, ist er kein Freund großer Worte. 

Wir sitzen im Nebenraum seines Lokals, vor uns die Vorspeise aus im Kadayifteig gebackener Garnele mit grüner Papaya, Kimchi-Strudel und Erdnusscreme (13 Euro). Eine Einladung, über diese Kombination zu sprechen. Doch alles, was dem gebürtigen Bremer dazu einfällt, ist „runder Teller“ und „kann man so anbieten“.

Auf mein Nachhaken hin lässt er sich immerhin so weit ein, den optimal getroffenen Garpunkt der Garnele im Gespann mit dem krossen, fadenartigen Teig sowie das aufgegangene Süß-Sauer-Spiel von Kimchi und Erdnuss zu honorieren. „Einzig die Creme hätte weniger sein können“, zeigt sich der 46-Jährige kritisch. Und trifft damit auch meine Meinung gut auf den Punkt: eine komplexe, bekannte wie weniger bekannte Geschmäcker auf kreative Weise verbindende, typische Küche-13-Kreation.

Probiert und empfohlen: Was den Fokus für Details angeht, haben wir es beim folgenden Gericht nicht mehr mit Liebe zu tun, sondern mit Obsession. „Gebackenes Ei im lila Senfschaum mit bunter Bete, Möhre, Gurke, Pastinake und geräucherter Kartoffelstampf“ (20 Euro) steht auf der Karte - und was geliefert wird, ist ein buntes Gemälde, das ebenso gut 400 Meter weiter in der Kunsthalle ausgestellt werden könnte.

„Wir wollten die Karte um ein vegetarisches Hauptgericht jenseits von Pasta und Risotto erweitern. Und hier steckt halt die Idee von Senfeiern dahinter“, erklärt Iwersen das Werk, das nicht nur geschmacklich äußerst gelungen ist. Sämtliches regional bezogene Gemüse ist um das Prachtstück arrangiert, das im Mittelpunkt des Tellers auf dem geräucherten Püree thront. „Finde ich lecker, außer dass das Ei etwas cremiger hätte sein können“, reflektiert er den offensichtlichen Star, um schließlich seinen heimlichen zu rühmen: „Die Bete ist top. Viele Leute mögen sie nicht, weil die sie zu erdig finden. Aber die schmeckt null erdig.“

Zum Abschluss testen wir den Fang des Tages im Pilz-Dashi-Schaum mit Topinambur, Spitzkohl und Wasabi-Polenta (27 Euro). Andere sollen darüber streiten, ob das Spiel mit den Kompositionen hier elegant auf die Spitze gebracht oder doch schon des Guten zu viel ist. Ich persönlich kann in einer Stadt, die nicht gerade ein Übermaß an kulinarischen Dribblern kennt, für solche Kreationen nur Sympathie empfinden.

Hätte der Kabeljau samt Umami-Sud, cremig gebackenem Topinambur, würzigem Kohl und der angenehm scharfen Polenta gereicht, um einen Volltreffer zu landen? Selbstverständlich. Und sind - um im Fußballjargon zu bleiben - Hacke und Spitze der ebenso wenig angekündigten wie kulinarisch mehrwertigen Möhrencreme samt Wasabi-Chip notwendig? Keineswegs. Aber es sind Schlenzer, die dem Publikum Wonne bereiten, das sich in Gewissheit auf das sichere Tor allzu gerne bezirzen lässt. Und sich nur darüber empören kann, dass sich der Dribbler in der Revue seines Spiels mit seinem hanseatischen Understatement à la „ich fand es gut“ mal wieder viel zu bescheiden gibt.

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Zur Person

Temi Tesfay
hat Hunger auf Bremen. Auf seinen wöchent­lichen Streifzügen durch die heimische Gastroszene hat er schon viele Küchen, Köche und ­kulinarische Schätze der Stadt kennengelernt. Unter dem Titel „Ein Bisschen Bremen“ schreibt er außerdem einen Foodblog.

Info

Küche 13, Beim Steinernen Kreuz 13, 28203 Bremen, Telefon: 0421/20824721, Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonnabend von 18 bis 1 Uhr, Sonntag und Montag geschlossen. www.kueche13.de

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