Dimitri gründete vor 40 Jahren – anfangs mit zwei Kompagnons – das Bandonion und machte es zu einer Institution, in der Generationen von Studenten diskutierten, tranken und auch aßen. Zu den Besuchern gehörte auch Cyrill Plötz. Den gelernten Kellner zog damals die Liebe in das Restaurant, das viel mehr Kneipe als Esstempel war. Als er 2016 die Gelegenheit bekam, das Restaurant zu kaufen, zögerte er nicht. Ein Restaurant, in dem die Liebe wohnt, kann nicht schaden.
„Tatsächlich gibt es wohl mehrere Paare, die sich hier kennengelernt haben“, sagt Cyrill Plötz. Erst letztlich feierte ein Ehepaar in der Gertrudenstraße seinen Hochzeitstag. „Der Mann hatte hier gekellnert und seine spätere Frau als Gast kennengelernt.“ Überhaupt gibt es viele, die dem Bandonion über die Jahre die Treue gehalten haben und bis heute auf dem Weg zur vermeintlichen Toilette in der Küche landen. „Der Umbau ist schon so lange her, aber dieser Weg scheint manchen so in Fleisch und Blut übergegangen zu sein, dass sie sich jedes Mal wundern“, sagt Cyrill Plötz lachend.
Als er das Restaurant übernahm, trieb ihn nichts zu offensichtlichen Veränderungen. Das Logo zeigt weiterhin Dimitris Mutter am Bandonion. „Ein Instrument, das sie nie gespielt hat. Der Fotograf hatte es ihr damals in die Hand gedrückt, damit sie nicht zu unsicher in die Kamera guckt“, weiß er. Cyrill Plötz mochte immer die südländische Atmosphäre, das Ungezwungene, das einem im Bandonion Heimat gab und gibt. Dank Corona ist es ihm nun möglich, ein paar Parkbuchten als Terrasse zu nutzen. Diese 15 Tische unter den Sonnenschirmen sind das Tüpfelchen auf dem i – zu schön ist das Urlaubsgefühl in der kleinen Straße, durch die glücklicherweise nicht so viele Autos fahren.
Auch wir nutzen die Gelegenheit und lassen uns draußen von Enrique Aragon Ramirez’ Kochkünsten verwöhnen. Seit Februar zeichnet er sich für die Küche verantwortlich. Für Cyrill Plötz ist der Wechsel am Herd besonders spannend. „Die Rezepte werden hier seit der Eröffnung vor 40 Jahren von Koch zu Koch weitergegeben, aber jeder interpretiert sie anders.“ Schon als Gast liebte er Coq au Vin (17,90 Euro), Hähnchen in Wein. Ein Gericht, das er ebendort kennengelernt hatte. Somit ist es für uns beide schon mal gesetzt. Wir ergänzen es mit gegrillter Wassermelone auf Wildkräutersalat und Burrata (18,90 Euro).
Ein Griff zu Salz und Pfeffer ist überflüssig
Coq au Vin ist typisch französische Hausmannskost. Der Wein sorgt dafür, dass das Fleisch nicht trocken werden kann. Wer es zu Hause zubereitet, sollte darauf achten, es mit dem Wein zu kochen, den man dazu trinken möchte.
Enrique Aragon Ramirez legt das Hähnchen erst für rund 24 Stunden in eine Wein-Marinade bevor es im Topf landet. Somit ist das Fleisch nicht nur superzart, sondern automatisch aromatisch und geschmackvoll. Es fällt vom Knochen und ein Griff zu Salz und Pfeffer ist überflüssig. Nach meinem Geschmack hätte er die Keule dennoch ein bisschen schärfer anbraten können. In Frankreich isst man das Gericht oft mit Brot, damit man die Sauce aufsaugen kann. In der Gertrudenstraße gibt es knackiges Gemüse und klassisches Kartoffelgratin dazu.
Der Salat ist optisch ein schöner Mix aus Grün, Rot und Weiß. Die Röstaromen geben der Melone das gewisse Etwas. (Es lohnt sich, das auf dem eigenen Grill nachzumachen.) Mir schmeckt besonders die Kombination des sahnigen Burrata mit eben diesen Röstaromen, dazu Tomaten, Avocado, Wildkräuter und eine leckere Vinaigrette und man wird rundum satt. „Mir ist es immer wichtig, dass man hier satt aus dem Restaurant geht“, sagt Cyrill Plötz – versprochen, das funktioniert im Bandonion.
Das sagen die Stammgäste:
Heute kommt nur ein Stammgast zu Wort und das ist Friseur Bernd von gegenüber. „Eigentlich bin ich viel zu selten drüben, die Lammschulter ist köstlich, der Spargel war es auch und auch die Gnocchi – jetzt hör auf zu fragen, ich bekomme Hunger.“
Bandonion, Gertrudenstraße 37, 28203 Bremen, Telefon: 0421-71832, www.bandonion-bremen.de. Öffnungszeiten: Täglich ab 18 Uhr, Küchenzeiten: Sonntag bis Donnerstag 18 bis 22 Uhr, Freitag und Samstag 18-22.30 Uhr, nicht barrierefrei.