Klare Kante und Vision, das scheint Stefan Schröder auszumachen. Ein bisschen bewundere ich es schon, dass er mitten in der Pandemie auf die Idee gekommen ist, ein neues Restaurant zu eröffnen. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die meisten Gastronomen ängstlich in die Zukunft blicken. Ein Neubau, der schon vor Eröffnung neugierig machte, was nicht zuletzt an dem großen Oktopus, der orangen Wand und der Fensterfront lag. Der Hamburger Stefan Schröder ist nicht neu in der Stadt, er bescherte den Essern Läden wie das Allegria, das Piazza, Feines 1783 und den Kleinen Ratskeller. Im August 2020 eröffnete er die L’Orangerie in Findorff.
„Mittlerweile habe ich alles andere verkauft und konzentriere mich auf diesen Standort, mir gefällt die Lage hier“, sagt der 47-jährige. Zumindest, wenn es um ein Restaurant geht. Längst brodelt es schon wieder in seinem Kopf: Kitchen Hooligan heißt sein neuestes Baby. „Unter diesem Konzept werde ich zum einen Privat Chefing, zum anderen Ernährungscoaching mit Kochschule und zum dritten Kollegen-Coaching anbieten.“ So wird er künftig in Privathäusern kochen – mit oder für die Bewohner und Gäste, individuelle Ernährungskonzepte erstellen und Kollegen „ehrlich und direkt“ erklären, wie sie ihr Restaurant führen sollten.
„Das ehrlich und direkt hat mir den Ruf des Asis aus Hamburg verliehen“ – damit bringt er auf den Punkt, woran sich mancher Bremer stört. Wer mit der „mobilen Speisekarte“, klaren Ansagen und seinem rauen Charme umgehen kann, bekommt in der L’Orangerie allerdings Qualität für Geld.
Stefan Schröder ist als Koch Autodidakt, wenn es um Qualität von Lebensmitteln geht, allerdings Profi. Er arbeitete in Hamburg für das Frischeparadies und Delta – zwei Adressen für hochwertige Lebensmittel, derer sich Gastronomen bundesweit bedienen.
Machte er sich im Allegria vor allem mit Steaks einen Namen, so punktet er in der L’Orangerie mit Fisch. Dementsprechend landen vor uns: Filet vom Ahi-Tuna mit Currypüree, grünem Spargel und Krustentierschaum (38 Euro), der große Calmar mit Kapern-Zitrusbutter (27 Euro) und ein Thunfischtartar, das nicht auf der Karte steht. „Mein Prinzip ist es, für jeden das richtige Essen zu finden. Wer fragt, dem wird geholfen, wenn er nicht das Passende auf der Karte findet“, sagt Stefan Schröder. Ebenso zeigt er sich in der Zubereitung flexibel; das Tartar gibt es je nach Vorliebe asiatisch mit Koriander und Chili oder italienisch mit Zitrone und Olivenöl.
Schöder selbst liebt die Mekong-Küche. Wer nicht so gern scharf isst, der sollte es sagen, denn der Chef mag Chili und Knoblauch. Mir geht es ähnlich. Dementsprechend hätte ich mich in das Currypüree reinlegen können. Eine tolle Idee, die ich ab sofort in mein Repertoire aufnehmen werde. Der Thunfisch – der Begriff Ahi stammt aus dem Hawaiischen und bezeichnet unter anderem einen Gelbflossenthunfisch – zerging auf der Zunge, Granatapfel sorgte für den fruchtigen Kontrast zu den scharfen Gewürzen. Weniger scharf, dafür genau richtig in der Konsistenz war der Calmar – bissfest eben. Ich kann es nicht leiden, wenn er zu weich oder zu gummimäßig ist. Was bleibt mir anderes zu sagen: Kochen kann Stefan Schröder und seine Portionen machen auch den Hungrigsten satt. Alle anderen dürfen gern die Reste für zuhause mitnehmen. Bevor ich es vergesse: Für alle Fleischfans gibt es laut Karte in der L’Orangerie weiterhin das beste Steak Bremens.
Das sagen die Stammgäste: Mittags das Treiben auf dem Findorff-Markt beobachten, in der Sonne sitzen und lecker essen – das hat schon fast etwas von Frankreich; selten gibt es das Steak so auf den Punkt gebraten; tolle Einrichtung und beruhigende Quallen auf dem Bildschirm.
L’Orangerie, Neukirchstraße 37a (Rückseite des Bunkers), 28215 Bremen, Telefon: 0421-84513825, Öffnungszeiten: von Montag bis Freitag 11.30 bis 15 Uhr und ab 18 Uhr, Samstag von 9 bis 15 Uhr und 18 bis Ende, Sonntag Ruhetag (außer an Feiertagen), Montag Ruhetag, Reservierung empfohlen, www.lorangerie-bremen.de.