Marlies Müller erinnert sich noch gut an die Herstellung von Fitzebohnen. Auch saure Bohnen oder Salz-Schneidebohnen genannt, waren sie über Monate haltbar und dienten der Familie als Wintergemüse. Dazu schnippelte man mit einer speziellen Maschine Schneide- oder Brechbohnen in kleine Stücke. Die so in mundgerechte Stücke gefitzelten Bohnen kamen roh mit Salz in einen speziellen Tontopf – die Kruke. Bei Marlies Müller wurde eine Holzplatte mit Löchern auf den Topf gelegt, damit die Feuchtigkeit entweichen kann, und das Ganze mit einem Stein beschwert. So lagert das Gemüse im eigenen Sud, bis es mürbe oder gar ist. „Zu den Mahlzeiten kam bei uns ein Teil in den Kochtopf mit Speck und Kartoffeln“, erzählt die Bremerin. Die Bohnen schmeckten natürlich salzig. „Mein Lieblingsessen war das nicht“, gibt Marlies Müller zu. Aber frühere Generationen waren wohl auch nicht so anspruchsvoll.
Was früher eine Notwendigkeit und eine gängige Konservierungsmethode war, ist nun wieder im Kommen, sagen Experten. Ob Bohnen, Möhren oder Kohl: Feste Gemüsesorten eignen sich zum Fermentieren, wie das Einlegen in Salzlake im Fachjargon heißt. Die saure Note entsteht beim natürlich auftretenden Gärungsprozess mittels freundlicher Milchsäurebakterien. Die Zutaten müssen frisch und einwandfrei sein. Wer keine Kruke hat, nimmt Schnappgläser, Flaschen oder Einmachgläser mit Einkochring und Deckel. Küchengeräte aus Kunststoff oder Metall sind nicht geeignet, da das Fermentiergut mit dem Material reagieren kann.
Vier Wochen bleibt etwa eingelegter Kohl im Gefäß luftdicht verschlossen. In dieser Zeit wird die Struktur des Gemüses durch die Milchsäurebakterien im positiven Sinne zerstört. Der eigene Saft tritt aus und vermengt sich mit dem Salz. „In der so entstandenen Salzlake müssen die Gemüsestücke vollständig bedeckt liegen“, erläutert Christoph Hauser, Küchenchef und Inhaber des Restaurants Herz & Niere in Berlin. Auch, wenn es nicht jedem schmeckt: Fermentierte Lebensmittel sind einfach verdaulich und gut für die Darmflora und das Immunsystem. Sie enthalten Vitamine, Nährstoffe und nützliche, also probiotische Bakterien.
Fermentieren lassen sich alle Kohlsorten, aber auch Rüben, Rettich, Rote Bete oder Wurzelgemüse wie Sellerie. Sogar Obst funktioniert, sofern es nicht unreif oder zu reif ist. Der erforderliche Salz- und Wasseranteil ist indes je nach Gemüse oder Obst unterschiedlich. Wer auf Nummer sicher gehen will, greift auf ein Rezept zurück. Oder fragt die Großmutter.