Wer gärtnert, hat in der Regel viel Platz: Selbst im Kleingarten finden viele Pflanzen ein Zuhause. Eine Herausforderung ist die Kultivierung in Töpfen: Die Pflanzen haben nur begrenzt Platz für ihre Wurzeln, sie müssen öfter gegossen und gedüngt werden. Wer einen Balkon hat, muss sich daher oft entscheiden, welche Pflanzen zur grünen Oase beitragen.
Wichtig ist vor allem der Standort, erklären Dorothee Meier und Gernot Riedl vom Naturschutzbund (Nabu) Bremen. „Nordbalkon ist ganz schlecht“, sagt Riedl. Keine Sonne, oft viel Wind und Nässe hemmen das Wachstum und begünstigen Pilzerkrankungen wie Mehltau. Ein Südbalkon, der vor allem Mittags- und Nachmittagshitze ausgesetzt ist, kann für viele Pflanzen ebenfalls schwierig sein, da sie viel gegossen werden müssen. Vor allem, wenn Gemüse kultiviert werden soll. Tomaten und Gurken bieten sich zwar für den Balkon an, weil sie nicht so viel Platz brauchen wie Zucchini oder Kürbis. Aber in der vollen Sonne brauchen sie viel Wasser, weiß Gernot Riedl. Er klärt als Ehrenamtlicher beim Nabu über den Anbau von Kräutern und Gemüse auf dem Balkon auf.
Dorothee Meier hingegen weiß, was Blühpflanzen auf kleinem Raum brauchen. Sie empfiehlt heimische Wildpflanzen für die Topfkultur, um die heimische Insektenwelt zu fördern. Das Gute an heimischen Stauden zum Beispiel ist, dass sie im Gegensatz zu Saisonpflanzen wie Geranien den Winter überstehen. Schneidet man die verblühten Triebe im Herbst nicht ab, sondern erst im kommenden Frühjahr, finden dort Insekten im Winter einen Unterschlupf. Hilfreich ist das zum Beispiel bei der Bekämpfung von Blattläusen. Die Larven des Marienkäfers jagen und vertilgen zahlreiche Blattläuse, sofern sie einen Lebensraum finden – das ist laut Meier selbst auf einer kleinen Fläche wie einem Balkon möglich. „Es dauert zwar immer etwas, bis die Marienkäfer kommen, aber die Geduld zahlt sich aus“, weiß die Pressesprecherin des Nabu.
Tatsächlich würden auch Insekten auf kleinen Balkonen überwintern, sofern sie dort wilde Strukturen vorfinden. So könnten dort auch Marienkäfer die kalte Jahreszeit überstehen, im neuen Jahr legen sie neue Eier und die Larven gehen dann erneut auf Blattläuse-Jagd. Meier weist darauf hin, dass Balkone einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt im Stadtgrün leisten. Als Trittsteine können die Insekten von Balkon zu Balkon wandern und sich dort holen, was sie in den versiegelten Straßen und Häuserzeilen nicht finden.

Viele Kräuter lassen sich gut auf dem Balkon anbauen.
Allerdings, so Gernot Riedl, ist der Platz auf dem Balkon natürlich begrenzt: Man muss sich schon entscheiden, ob man eher auf insektenfreundliche Pflanzen setzt oder lieber Tomaten und Gurken ziehen möchte. Kräuter bieten da eine Art Kompromiss für die Gärtner an, die etwas für ihre Küche ernten möchten, aber auch den Insekten mit der Blüte helfen wollen.
Und wer einen Südbalkon hat, sollte ebenfalls auf Mediterranes setzen: „Thymian und Salbei können ruhig mal trockenfallen. Sobald sie Wasser bekommen, werden sie wieder zum Leben erweckt“, schildert Riedl die Vorzüge der sogenannten Hungerkünstler. Neben wenig Wasser kommen sie auch ohne Dünger aus, den mögen sie gar nicht. Je weniger Pflege für mediterrane Kräuter, desto besser: „Am besten vergisst man sie.“
Nicht vergessen werden sollte eine Drainage in den Töpfen. Unten sollten sie ein Loch haben, dann füllt man beispielsweise Blähton ein, anschließend wird ein Vlies darüber gelegt und dann erst kommt die Erde. So kann das Wasser in nassen Jahreszeiten richtig ablaufen, sonst faulen die Wurzeln und die Pflanze stirbt ab. Wer einen Untersetzer unter die Töpfe legt, muss dann im Sommer weniger gießen: Die Pflanzen ziehen sich das Wasser, wenn sie nicht mehr genug Feuchtigkeit im Topf haben.

Balkonpflanzen müssen regelmäßig gegossen werden.
Bei der Erde sollte man darauf achten, dass sie torffrei ist, erklären Meier und Riedl. Mittlerweile sei das Standard bei vielen Produkten im Handel und es gibt oft gute Qualität: „Torf muss aus Mooren abgebaut werden, die dafür trockengelegt werden müssen. Dadurch geht ein sehr wertvoller Lebensraum und Wasserspeicher verloren“, so Meier. Außerdem werde der Torf im Topf abgebaut, sobald die Erde trocken wird, und daraus entstehe dann wieder schädliches Treibhausgas. Mit Kompost könnte man Torf meistens gut ersetzen. Balkongärtner haben aber meistens keinen Platz für einen Komposthaufen, das müsste man im Handel kaufen oder sich eine Wurmkiste in die Küche stellen, so Riedl. Die Würmer zersetzen Bioabfälle zu Humus, der dann wiederum in die Topferde gegeben werden kann. Das wirkt auch gleichzeitig als Dünger. Wer keine Wurmkiste hat, wird auch beim Dünger im Handel fündig, sollte aber darauf achten, dass es biologischer Dünger ist.
Grundsätzlich ist es auch auf dem Balkon möglich, Pflanzenvielfalt zu kultivieren: Für die Insekten, aber auch für den eigenen Bedarf. Und es müssen ja nicht nur Tomaten sein: Borretsch und Ysop seien für Mensch und Tier wertvoll, Schnittlauch gerne mal blühen lassen, generell sei ein guter Mix wichtig. Wenn Gernot Riedl durch Bremen läuft und wildblühende Balkone sieht, geht ihm das Herz auf: „Bunte Balkone sind doch schön!“
Anfangen könne man mit pflegeleichten Stauden, die jedes Jahr üppiger werden, aber auch bei den Tomaten gebe es so viel Auswahl, da sei auch was für Anfänger was dabei. Wichtig sei nur, nicht auf billige Balkontöpfe zu setzen, sondern am Anfang in gute Ware zu investieren, zum Beispiel in gute glasierte Ware. Seine Töpfe seien mittlerweile 20 Jahre alt und hätten jede Frostperiode gut überstanden. Wer also seinen Balkon grüner und vielfältiger gestalten möchte, sollte sich ein bisschen informieren, in gute Ausstattung investieren und dann einfach anfangen und ausprobieren, was gefällt.
Welche Pflanze welchen Dünger braucht, welche heimischen Pflanzen gut für Insekten und die eigene Küche sind und was Sie bei der Bewässerung beachten sollten, hören Sie in der neuen Podcast-Folge der „Gartenhelden“.
Hören Sie hier die siebte Folge der "Gartenhelden":