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Betrugsfälle an der Haustür Die Kunst des Überredens

Eine Theatergruppe hat nun im Oytener Rathaus auf anschauliche Weise Szenarien für Betrugsfälle an der Haustür vorgespielt. Dabei konnte das Publikum eingreifen, um die Tat vielleicht doch noch zu verhindern.
09.05.2019, 07:53 Uhr
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Die Kunst des Überredens
Von Marius Merle

Und plötzlich sind die Wertgegenstände verschwunden. Wie schnell insbesondere ältere Menschen zum Opfer von Betrügern werden können, wurde nun im Rathaussaal der Gemeinde Oyten deutlich. Die Polizeiinspektion Verden/Osterholz und der Weiße Ring hatten nämlich die Schauspielgruppe der Silbermöwen der Landesbühne Niedersachsen Nord für ein rund einstündiges Gastspiel im Landkreis Verden zum Thema Betrug an Haustür und Telefon gewinnen können. Die fünf Mitglieder des Ensembles zeigten einige Szenen, die unterschiedliche Vorgehensweisen von Tätern anschaulich präsentierten.

Da war etwa zunächst der Fall der beiden Täter, die sich am Telefon gegenüber einem alleinstehenden Senior als Polizisten ausgaben und angeblich Hinweise darauf hätten, dass bei dem Mann eingebrochen werden soll. Daher würden sie zur Kontrolle vorbeikommen. Beim Hausbesuch dann überzeugten die Verbrecher den Senior, ihnen alle Wertsachen zu überlassen, damit sie diese in einer Sicherungsbox auf der Polizeistation verstauen können, bis seine Wohnung sicher genug gegen Einbrecher ist. Mehrere Hundert Euro, zwei Sparbücher und eine Münzsammlung wanderten in die Box, die natürlich aus Sicht des Mannes auf Nimmerwiedersehen verschwand.

Publikum mischt mit

Nun kam das Publikum ins Spiel. Denn es handelte sich um ein sogenanntes Forumtheater, das heißt, die Geschichte wurde nochmals vorgespielt und die Besucher sollten Stopp rufen, wenn sie ein Fehlverhalten des späteren Opfers ausgemacht haben. Diese konnten dann selbst auf die Bühne kommen und die Handlung so abwandeln, dass es am Ende nicht zum Betrug kommt. „Wir versuchen gemeinsam auf der Bühne, die Welt zu verändern“, erklärte Frank Fuhrmann, Theaterpädagoge bei der Landesbühne, dazu.

Unter anderem wurde am Verhalten des Opfers kritisiert, dass es nach dem Anruf der angeblichen Polizisten nicht bei einer Polizeidienststelle nachgefragt, das Duo dann einfach so in sein Haus gelassen und natürlich zu guter Letzt auch seine Wertsachen ausgehändigt habe. Dabei hatte es das Prozedere der Täter zunächst sogar noch infrage gestellt, auch nach den Dienstausweisen – die natürlich gefälscht waren – gefragt, sich aber dann von den Dieben überzeugen lassen.

„Diese Täter sind Überredungskünstler, sie wissen ihre Rolle zu spielen“, merkte Joachim Kopietz, Beauftragter für Kriminalprävention, an, dass es sich bei diesen Menschen meist um gut aussehende, sympathische und freundliche Personen handele. „Schwiegermutters Liebling“ eben. Umso schwieriger könne es sein, „solche eloquenten Personen abzuweisen“. Dabei sei es wichtig, Fremde erst gar nicht ins Haus zu lassen.

Nachbarn sind wichtig

Das zeigte das zweite Beispiel, bei dem ein angeblicher Handwerker bei einer Seniorin Wasserproben nahm, während sein Komplize unbemerkt die Wohnung nach Wertsachen durchsuchte – bevor beide dann klammheimlich verschwanden. Eine besondere Rolle kam dabei einer Nachbarin zu, die hellhörig hätte werden können, aufgrund eines nicht vorhandenen Verhältnisses zum Opfer aber nicht eingriff. Hier wurde vom Publikum die Handlung dahingehend verändert, dass die alte Frau im Vorfeld netter zur Nachbarin ist, sodass diese dann vor der Tat einschreitet. „Eine gute Nachbarschaft kann eine Menge bewirken“, betonte Kopietz diesbezüglich. Weitere Tipps vom Polizisten: Niemals zur Kontrolle eine Nummer anrufen, die der Verdächtige einem selbst aushändigt, Unbekannten keinerlei Auskünfte über Finanzvermögen geben oder eine Türspaltsperre an der Tür anbringen, um das Eindringen von Betrügern direkt zu verhindern.

In drei weiteren kleinen Sketchen zeigten die Silbermöwen, wie schnell Menschen etwa ein ungewolltes Abo an der Haustür abgeschlossen haben oder sich im Internet übers Ohr haben hauen lassen. „Es kann also auch was passieren, wenn der Betrüger gar nicht in die Wohnung kommt“, sagte Fuhrmann dazu. Grundsätzlich treffe es häufig ältere und sozial isolierte Menschen, aber auch Leute, die die Tricks der Betrüger eigentlich kennen, würden darauf hineinfallen. Und so durfte bei dem Präventivtheater bei mancher überspitzt dargestellter Situation im Publikum durchaus einmal gelacht werden, aber Fuhrmann wollte betont haben: Das Thema sei im echten Leben „keine Comedy, sondern hat einen ernsthaften Hintergrund“.

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