Borgfeld. Die Wölfe kommen – und das sorgt bei einigen Borgfeldern für Unbehagen. Daran kann offenbar auch Wolfsberaterin Sonja Herrmann nicht viel ändern. Die Ehrenamtliche stellte sich in der jüngsten Beiratssitzung vor und erntete nach ihren Ausführungen prompt Kritik.
Zwar fällt der Mensch laut Herrmann nicht ins Beuteschema des sowohl national als auch international streng geschützten Raubtiers. Zumindest in Europa. In Borgfeld aber machen sich einige Einwohner Sorgen. CDU-Politiker Jörn Broeksmid wollte wissen, ob Wölfe spielenden Kleinkindern gefährlich werden können. „Für den Wolf riechen Menschen nicht gut“, versuchte Herrmann zu beruhigen. „Wölfe sind wilde Tiere und dem Menschen gegenüber scheu.“ Komme es doch zu einer Begegnung, suchten die Wölfe in der Regel schnell das Weite. Eine Gefahr für Kleinkinder sieht sie auch aus einem anderen Grund nicht: „Kleinkinder unterliegen der Aufsichtspflicht und haben draußen allein nichts zu suchen.“ Treffen Kinder dennoch auf einen Wolf, sollten sie nicht wegrennen, das Tier im Blick behalten und sich langsam zurückziehen, rät Herrmann. Helfe das alles nichts, könnten sie den Wolf laut anbrüllen.
Eine andere Einwohnerin kritisierte, dass es nach der Sichtung eines Wolfes im Frühjahr 2017 in Borgfeld keine Rückmeldungen über den Wolf gegeben habe, obwohl DNA-Proben ins Labor geschickt worden seien. „Wie will man so wissen, welche Wölfe sich wo tummeln“, fragte sie im Beirat. Herrmann versprach, der Sache nachzugehen.
Sorgen machen sich die Borgfelder offenbar auch darüber, dass die Anzahl der Wölfe überhandnehmen könnte. CDU-Politikerin Heike Klatte sagte: „Der Wolf hat eine Reproduktionsrate von 30 Prozent“, damit vermehre er sich schneller als gedacht. Auch die Erwartungen hinsichtlich des Verhaltens und der Beute hätten sich nicht erfüllt. „In Niedersachsen sind Kinder auf Fahrrädern von Wölfen begleitet und Wölfe auf Privatgrundstücken gesichtet worden.“ Klatte befürchtet, dass solche Begegnungen bald auch in Bremen die Regel werden könnten. Herrmann versuchte zu beschwichtigen: „Die Welpensterblichkeit, Krankheiten, illegale Abschüsse und Verkehrsunfälle dezimieren die Population.“ Bei nur unter einem Prozent seien Nutztiere die Opfer von Rissen. „Der Wolf bevorzugt kranke und schwache Tiere“, so Herrmann. Über Abschüsse könne man überhaupt erst ab einem Bestand von 1000 Wölfen nachdenken. Und auch das sei wegen des Schutzstatus' nicht einfach.
Heike Klatte beließ es nicht dabei. Sie kritisierte, die von der Wolfsberaterin empfohlenen Schutzmaßnahmen für Viehbesitzer, wie Stromzäune um das gesamte Grundstück, Barrieren im Boden und die Haltung von Herdenschutzhunden, seien in Bremen nicht umsetzbar. „Wir haben hier Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete, in denen das Einzäunen verboten ist“, nannte sie ein Beispiel. Ein Borgfelder sorgt sich über die Dezimierung des Muffelwildes und kritisierte, dass Landwirte, deren Tiere Opfer von Rissen geworden sind, noch keine Entschädigung erhalten haben.
Kritik an der Kritik
Ortsamtsleiter Gernot Neumann-Mahlkau (CDU) stoppte die aufgebrachten Bürger und erinnerte daran, dass dies Themen für den Gesetzgeber sind. Auch SPD-Politiker Alexander Keil stellte sich vor Sonja Herrmann. „Frau Herrmann ist nicht verantwortlich für die Ansiedlung des Wolfes in Deutschland, sie ist als Ehrenamtliche hier.“ Jürgen Linke (Grüne) bezeichnete die Kritik Klattes als überzogen.
Sonja Herrmann betonte zum Schluss: Probleme mit dem Wolf gebe es meistens erst, wenn der Mensch versuche, sich den Tieren zu nähern und ihnen Futter hinzuwerfen. Davon rät sie dringend ab. Auch Essensreste gehörten nicht auf den Kompost, denn die lockten die Tiere an. Wer einem Wolf begegne, solle Abstand halten und sich langsam zurückziehen.
Auf die Nachfrage eines Borgfelders, welche Vorteile die Wiederkehr der Wölfe habe, antwortete Herrmann: „Der Anteil gesunder Tiere steigt, weil die kranken und schwachen dezimiert werden.“
Die Wolfsberaterin freut sich nach eigenen Angaben über Informationen über die Beobachtung eines Wolfes sowie Fotos von Tieren. Sonja Herrmann und Kollegen sind unter Telefon 0176 / 4 23 61 815 zu erreichen. Infos im Internet unter www.bauumwelt.bremen.de unter den Buttons Umwelt, Natur und Wolf. Meldungen von Wolfssichtungen und -spuren sind am Wolfstelefon des Umweltressorts möglich, Telefon: 0421/ 36 17 79 00.