Peter Moussalli hat sich das schon oft gefragt: Wie lange wird es noch dauern, bis die ersten Vereinssportler in der Corona-Krise keine Beiträge mehr zahlen wollen? Bis die Mietkosten für Turn- und Schwimmhallen, die im Moment nicht genutzt werden können, für die Vereine zum finanziellen Problem werden? Und bis die Behörde etwas unternimmt, um ihnen zu helfen? Der Chef des Blumenthaler SV hat wie andere Vereinsvorsitzende jetzt erste Antworten bekommen. Manche gefallen ihm, andere nicht.
Moussalli hat sich gefreut, als der Landesportbund vor Kurzem zur Solidarität aufrief: Die Mitglieder sollen zu ihrem Verein stehen, vor allem sollen sie nicht aufhören, Beiträge zu zahlen – auch wenn sie dann Geld für nichts ausgeben, weil nichts stattfinden kann: kein Training, kein Wettbewerb, nicht mal eine Jahreshauptversammlung. Sportbundpräsident Andreas Vroom sagt, dass der Appell vorsorglich an die Mitglieder gerichtet wurde. Seines Wissens nach hat sich noch kein Verein an ihn gewendet und beklagt, dass Mitglieder austreten oder eine Gebühr nicht mehr entrichten wollen.
Vereinschef Moussalli weiß etwas anderes: Dass manche Sportler nämlich anfangen, unruhig zu werden und Fragen stellen, wie das eigentlich mit den Beiträgen ist – ob sie weiterhin erhoben oder jetzt gestundet werden. Laut Moussalli sind es bislang einzelne Mitglieder, die so reden. Der Vorsitzende des Blumenthaler SV schließt aber nicht aus, dass es mehr werden, wenn die Auszeit für den Sport wegen des Coronavirus länger dauert als manche glauben. Länger als bis Ende April oder Ende Mai. Dann, meint Moussalli, könnte doch ein Teil der Mitglieder zur Jahresmitte oder zum Jahreswechsel gekündigt haben.
Einnahmen bleiben aus
Ihm zufolge wird der am Ende zwar nicht groß sein, aber auch ein kleinerer könnte die Vereine hart treffen. Moussalli sagt, dass der Blumenthaler SV 450 Mitglieder hat und ein reiner Fußballverein ist. Dass er quasi auf das Eintrittsgeld von Zuschauern und den Verkaufserlös von Bratwürsten bei Punktspielen und Turniere angewiesen ist, um über die Runden zu kommen. Und dass er keine Einnahmen aus der Vermietung von Hallen und Plätzen hat wie andere Vereine, sondern – im Gegenteil – dafür zahlen muss, dass die Sportler draußen beziehungsweise drinnen trainieren und Wettbewerbe bestreiten können.
Nach seiner Rechnung zahlt der Verein im Schnitt 1000 bis 1500 Euro im Monat für die Pacht von Plätzen und noch mal 500 Euro für die Miete von Hallen. Moussalli meint, dass das viel Geld ist dafür, weder Plätze noch Hallen nutzen zu können. Auch andere Vorstandsfunktionäre sagen das. Uwe Wenzel weiß das, weil diese Funktionäre bei ihm anrufen oder ihm mailen. Der Chef des Kreissportbundes Bremen-Nord sagt, dass die Last der laufenden Kosten die Vereine momentan mehr beschäftigt als die Furcht vor Austritten von Mitgliedern oder Stornierungen von Beitragszahlungen.
Erst Anfang der Woche hat Wenzel mit Vereinsvertretern darüber gesprochen, wie es für den Sport weitergehen soll, wenn er über Monate für Plätze und Hallen zahlt, ohne sie benutzen zu können. Der Sportbundchef geht davon aus, dass das Problem immer gravierender wird, je länger das Aus für den Sportbetrieb dauert. Die Behörde sieht das ähnlich. Sie hat am Dienstag angekündigt, worauf Vereinschef Moussalli und Sportbundvorsitzender Wenzel seit Wochen warten: die Vereine unterstützen zu wollen. Nach Angaben von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) wird an einem Soforthilfeprogramm gearbeitet.
Der sogenannte Rettungsschirm für den Sport sieht vor, dass Zuschüsse für die Honorare für Übungs- und Organisationsleiter in voller Höhe ausbezahlt werden. Das Geld, sagt Stahmann, wird auf Basis der Anträge aus dem Vorjahr sozusagen automatisch ausgezahlt. Neue Förderbescheide auszufüllen, ist ihr zufolge deshalb nicht notwendig. Angestrebt, aber noch nicht beschlossen, sind laut Stahmann außerdem finanzielle Hilfen für Trainer sowie Übungsleiter, die ihren Job bei den Vereinen hauptberuflich machen. Wann das Geld ausbezahlt werden könnte, lässt die Behörde bislang offen.
Fest steht für sie seit Dienstag dagegen ein anderer Termin: Weil städtische Sportanlagen und Sporthallen per Allgemeinverfügung für die Vereine tabu sind, will das Ressort den Vereinen alle Gebühren und Mietkosten erlassen – quasi rückwirkend ab 1. März. Umgekehrt plädiert die Behörde dafür, dass Vereinen mit eigenen Sportstätten keine Einnahmen wegbrechen dürfen, weil Schulen und Kindergärten wegen ihrer angeordneten Zwangspause nicht mehr kommen. Stahmann meint, dass die Miete ein fester Posten in der Kalkulation der Vereine ist und deshalb weiterhin von der Stadt gezahlt werden soll.
Helfen will die Behördenchefin außerdem, wenn Vereine laufende Kredite nicht mehr bedienen können. In diesem Fall soll die Bremer Aufbau-Bank Darlehenszahlungen für die Dauer von einem halben Jahr stunden – und das Ressort die Bürgschaft übernehmen. Vereinschef Moussalli sagt, dass er gut findet, was die Behörde machen will. Ob das tatsächlich reicht, um dem Sport zu helfen, wird sich nach seinen Worten allerdings erst noch zeigen. Er rechnet damit, dass viele Vereine mal gerade eben so vor dem finanziellen Ruin gerettet werden könnten, immer vorausgesetzt: Der Sport muss nicht noch Monate aussetzen.