Vor dem Bauzaun haben Autofahrer ihre Vehikel abgestellt, hinter dem hohen Drahtgitter warten Büsche, Sträucher und Gräser auf den Frühling. Den sie inzwischen zum sechsten Mal erleben werden, weil ein bereits 2013 geplantes 3,5 Millionen teures Bauprojekt noch immer auf die Realisierung wartet.
In diesem Frühsommer aber soll endlich der Startschuss für die Errichtung des Senioren-Wohnparks „Fichtenhof“ mit Servicewohnungen und Pflegezimmern der Unternehmensgruppe Convivo erfolgen. Obwohl die Entscheidung über eine Klage von Anwohnern noch aussteht.
Auf dem Eckgrundstück an der Straßengabelung Unter den Linden/Zum Fichtenhof standen einst ein Kolonialwarengeschäft und ein Drogeriemarkt der Kette Schlecker mit drei Wohnungen, der 2014 abgerissen wurde. Zwei Jahre zuvor hatte der Insolvenzverwalter das Aus für die Drogeriekette verkündet. Und 11 000 Mitarbeiter, vor allem Verkäuferinnen, verloren damals ihren Arbeitsplatz. Auch die Betroffenen in Bremen-Nord.
„Wir befürchten da nichts“
Der Nordbremer Bau- und Pflegeunternehmer Robert Plötner erwarb das 2200 Quadratmeter große Areal in St. Magnus und stellte dem Beirat Burglesum schon 2013 zusammen mit dem Architekten Philipp Romeiser seine Pläne vor. Danach sollten in einem Gebäude mit drei Etagen zwölf jeweils 50 Quadratmeter große Servicewohnungen mit Balkonen sowie zwölf Zimmer einer Pflegegemeinschaft entstehen. Und im Erdgeschoss waren zudem ein Restaurant und eine Bäckerei vorgesehen.
An diesem Konzept hat sich bis heute im Grundsatz nichts geändert. Allerdings wurde der geltende Bebauungsplan nach Protesten von Anwohnern aus der benachbarten Straße Am Lindenberg gegen eine zu massive Bebauung, mit der Lärmbelästigung einhergehe, im Detail geändert. Beirat Burglesum und auch die Baudeputation gaben schließlich grünes Licht, die Anwohner aber strengten eine sogenannte Normenkontrollklage an.
Danach muss der Staatsgerichtshof in seiner Funktion als Landesverfassungsgericht prüfen, ob der „vorhabenbezogene Bebauungsplan 59“ rechtens ist. Mit einer Entscheidung sei allerdings nicht vor Ende März, möglicherweise auch erst später zu rechnen, heißt es auf Anfrage beim zuständigen Oberverwaltungsgericht Bremen. Gleichwohl kündigt Convivo bereits jetzt im Internet die Fertigstellung des „Wohnparks“ für das erste Halbjahr 2020 an.
Convivo ist nicht der Bauherr
Die vor rund 20 Jahren gegründete Unternehmensgruppe ist allerdings nicht Bauherr, sondern sie mietet das Fichtenhof-Objekt von Investor Robert Plötner. Dessen Architekt Philipp Romeiser weist darauf hin, dass die Normenkontrollklage keine aufschiebende Wirkung für das Neubauvorhaben besitze. Mit anderen Worten: Die Bauarbeiten können jederzeit beginnen. Freilich mit dem Risiko, dass die Gerichtsentscheidung sie stoppt. Davon allerdings geht Philipp Romeiser nicht aus: „Wir befürchten da nichts und gehen davon aus, dass die Klage abgewiesen wird.“
Doch auch wenn das Oberverwaltungsgericht im Sinne des Investors und damit gegen die Kläger entscheidet, sind vor dem ersten Spatenstich noch weitere Hürden zu nehmen. Weil sich Kampfmittel, also Bomben und Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg, im Boden befinden könnten, müssen sie sondiert und im Zweifelsfall beseitigt werden. Darüber hinaus ist nach Auffassung des Bauamtes Bremen-Nord mit archäologischen Funden im Plangebiet zu rechnen. Deshalb, so die Baudeputation der Bremischen Bürgerschaft, sei der Landesarchäologe einzuschalten, wenn die Erdarbeiten und die Suche nach Kampfmitteln beginnen.
Das soll nach der Schätzung von Philipp Romeiser im Frühsommer der Fall sein. Knapp ein Jahr später könnten die ersten Bewohner einziehen. Convivo, an der Plötner zu 50 Prozent beteiligt ist, tritt als Pächter und Betreiber auf. Bereits im Spätsommer dieses Jahres soll übrigens der Convivo-Park „Tauwerkcorner“ auf dem ehemaligen Gelände der Tauwerke an der Friedrich-Humbert-Straße eingeweiht werden. Dort entstehen 18 Service-Wohnungen und 24 Zimmer für zwei Wohngemeinschaften.
Überhaupt konzentriert sich die vor gut 20 Jahren in Bremen gegründete Convivo-Unternehmensgruppe mit zurzeit 43 Pflege- und Wohneinrichtungen zwischen Lübecker Bucht und Pirmasens in Rheinland-Pfalz zunehmend auf alternative Wohn- und Betreuungsformen, die den Bedürfnissen der älteren Generation gerecht werden, wie es in der Eigendarstellung im Internet heißt. Deshalb sei 2017 die Gesellschaft Convivo Wohnparks Deutschland Immobilien GmbH mit Sitz in Hannover gegründet worden. Sie will bis etwa 2025 bundesweit 80 Wohnparks mit rund 8000 Wohnungen bauen und dafür mehr als eine Milliarde Euro investieren.