Kann die Protestwelle aus der Schönebecker Alhardstraße in absehbarer Zeit in andere nordbremische Ortsteile überschwappen? Dieses Thema bewegt gegenwärtig Burglesumer Kommunalpolitiker. „Zurzeit nicht“, lautet zwar die schriftliche Antwort des Amtes für Straßen und Verkehr (ASV) auf die Frage, ob weitere vorhandene Straßen vor allem auf Kosten der Anlieger ausgebaut werden. Doch damit will sich der Beirat nicht zufriedengeben. Bei der nächsten Sitzung sollen Behördenvertreter dem Verkehrsausschuss detailliert mitteilen, welche Straßen im Ortsamtsbereich noch baulich erschlossen werden sollen.
Die gesetzliche Regelung, dass Grundstücksbesitzer 90 Prozent der Erschließungskosten tragen müssen, erregt, wie berichtet, gegenwärtig die Gemüter in der Schönebecker Wohnstraße. Eigentlich sollte eine Einwohnerversammlung im Sitzungssaal des Ortsamtes Vegesack stattfinden. Sie ist allerdings wegen des allgegenwärtigen Coronavirus auf einen unbestimmten Zeitpunkt vertagt worden. Und ob die nächste öffentliche Sitzung des Burglesumer Beiratsausschusses für Verkehr, Wirtschaft und Tourismus am 28. Mai stattfinden kann, ist unklar. Dennoch wird sich an der Beschlusslage der Kommunalpolitiker zunächst nichts ändern.
Sie verlangen eine Übersicht über die bisher nicht ausgebauten Straßen im Stadtteil. Schließlich wollen sie wissen, welche Kosten auf die Anwohner zukommen können, die sich dann möglicherweise ebenso wie momentan die Hausbesitzer in der Alhardstraße zu einer Interessengemeinschaft zusammenschließen und dann auch den Beirat mit ihren Sorgen konfrontieren könnten.
Ähnliches Szenario in Burglesum fraglich
Ob es allerdings auch in Burglesum in absehbarer Zeit zu einem ähnlichen Szenario wie in Schönebeck kommt, ist gleichwohl fraglich. In einer schriftlichen Stellungnahme, mit der das Amt für Straßen und Verkehr sein von den Kommunalpolitikern gerügtes Nichterscheinen im Lesumer Beiratsausschuss begründet, heißt es: „Die Herstellung weiterer, erstmals auszubauender Straßen in Bremen-Nord ist derzeit nicht geplant.“ Martin Stellmann von der ASV-Amtsleitung verweist in diesem Zusammenhang auf den langen zeitlichen Vorlauf vom Planungsbeginn bis zum ersten Spatenstich, der für den Ausbau einer bislang nicht erschlossenen Wohnstraße erforderlich ist und nennt als Beispiel die Turnerstraße in Blumenthal.
Nachdem Anrainer viele Jahre über den miserablen Zustand der Straße geklagt hatten, wurde 2008 eine Petition bei der Bremischen Bürgerschaft mit der Forderung nach einem Ausbau eingereicht. Als der damalige Bausenator Joachim Lohse die Baustelle sechs Jahre später besichtigte, sah er sich mit Protesten von Anwohnern konfrontiert. Eine Aufforderung, ihre Erschließungskosten zu begleichen, haben sie allerdings noch immer nicht erhalten, obwohl die Modernisierung 2017 abgeschlossen worden ist. Stellmann verweist auf Baufirmen, die der Stadtgemeinde bislang keine Rechnung geschickt haben. Kostenbescheide könne die Stadt aber erst erstellen, wenn alle finanziellen Aufwendungen vorlägen.
Sollte die Berechnung der Kosten für das Ausbauprojekt Alhardstraße ebenso viel Zeit in Anspruch nehmen, würden die Bescheide bei den Anrainern erst Ende 2025 eintrudeln. Vorausgesetzt, der Ausbau dort ist, wie bislang geplant, Ende 2021 vollzogen.
Die Höhe der Erschließungskosten für den einzelnen Hauseigentümer richten sich Martin Stellmann zufolge im Wesentlichen nach dem sogenannten Ausnutzungsgrad des Grundstücks. Sie belaufen sich an der Turnerstraße nach den damaligen Schätzungen zum Beispiel für ein Areal mit einem Einfamilienhaus auf 2700 Euro und für ein Grundstück mit einem Hochhaus und 90 Wohneinheiten auf 95 000 Euro.
Der Burglesumer Beiratsausschuss für Verkehr, Wirtschaft und Tourismus will sich auf seiner nächsten Sitzung freilich nicht nur einen Überblick über erstmals auszubauende Straßen verschaffen. Darüber hinaus soll das Amt für Straßen und Verkehr über den Zustand der Straßen, Fuß- und Radwege informieren. In der schriftlichen Mitteilung der Behörde heißt es lapidar, der Zustand variiere zwischen gut und sanierungsbedürftig. Und weiter: Ein Maßnahmenkatalog für Radwege werde gegenwärtig für die gesamte Stadt erstellt.
Im Übrigen ließen sich keine Aussagen über das Budget für die Straßenerhaltung machen, weil der Doppelhaushalt 2020/21 noch nicht von der Bremischen Bürgerschaft beschlossen worden sei. Immerhin bietet das ASV an, mit dem Beirat die Auswirkungen der Novellierung der Straßenverkehrsordnung zu beraten, wenn denn die entsprechenden Verwaltungsvorschriften vom Bund erstellt und veröffentlicht worden seien. Unter anderem soll dadurch motorisierten Verkehrsteilnehmern verboten werden, Fahrradangebotsstreifen auf den Fahrbahnen zu überfahren oder darauf zu parken.
Höchst unterschiedlicher Auffassung sind die Lesumer Kommunalpolitiker und die Behörde bei der Einschätzung der Verkehrslage am Knotenpunkt Rotdornallee/Anschlussstelle A 270. Während der Beirat über häufige Rückstaus klagt und eine Verkehrszählung verlangt, hält das ASV diese nicht für erforderlich.