Die Corona-Krise hinterlässt auch bei den Hospizen und Hospizvereinen in der Region Bremen-Nord ihre Spuren. Vor allem die gesunkenen Spenden machen ihnen zu schaffen. „Die Spendenbereitschaft ist erheblich gesunken. Das ist angesichts der Pandemie natürlich verständlich, sorgt bei uns aber für große Probleme„, sagt Matthias Müller, Einrichtungsleiter des Lilge-Simon-Stifts. Er betont: “Wir sind auf Spenden angewiesen.“
Gesetzlich ist jedes Hospiz dazu verpflichtet, fünf Prozent seiner Ausgaben selbst zu decken. Im Fall des Lilge-Simon-Stifts gehe es daher um rund 60.000 Euro, die das Hospiz jährlich aufbringen muss, sagt Müller. Dies geschehe hauptsächlich über Spenden. Doch auch durch ausbleibenden Familienbesuche oder ausgefallene Geburtstagsfeiern und Veranstaltungen würden wichtige Einnahmen fehlen. „Am 10. September wollten wir eigentlich den 100. Geburtstag unserer Stifterin Ruth Simon-Lilge feiern, doch die Veranstaltung konnte nicht durchgeführt werden.“
Beim Hospiz Bremen-Nord ist die Situation ähnlich. „Die Spenden sind stark zurückgegangen, aber wir bekommen auch deutlich weniger Anfragen“, sagt die Vorsitzende Andrea Herrmann. Rund 50 ehrenamtliche Mitarbeiter begleiten die Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt, durch die Corona-Pandemie erfolgte die Betreuung jedoch hauptsächlich auf elektronischem Weg. „Einige können ihre Patienten zwar schon wieder vor Ort begleiten, müssen dabei aber scharfe Regeln einhalten.“
Es sei deshalb wünschenswert, wenn die Politik die Auflagen für Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und Hospize weiter lockern könnte. Die Lage sei für das Hospiz Bremen-Nord nicht hochdramatisch, aber es gebe empfindliche Einbußen. „Die Politik muss sich um uns kümmern. Wir dürfen nicht hinten runterfallen“, fordert Herrmann deshalb. Ein erneuter Lockdown wie zu Beginn der Krise dürfe nach den Erfahrungen der letzten Monate nicht kommen. „Die Menschen müssen ihre Angehörigen begleiten können“, sagt Andrea Herrmann.
Situation ist angespannt
Matthias Müller sieht das genauso: „Unsere Belegung ist mit rund 95 Prozent weiterhin hoch, die Anfragen sind da. Ohne die Spenden können wir unsere fünf Prozent Eigenanteil aber nicht decken.“ Die Situation sei zwar nicht bedrohlich, aber angespannt. Der Einrichtungsleiter des Lilge-Simon-Stiftes macht das an einem einfachen Beispiel deutlich: „Die Mehrkosten durch die Corona-Pandemie belasten uns extrem.“
Vor der Krise hätten 100 Stück Einmal-Handschuhe netto 2,52 Euro gekostet, nun seien es 6,79 Euro. Noch erheblicher fällt der Unterschied bei den Einmal-Mundschutzen aus: 50 Stück kosteten früher netto 1,51 Euro – derzeit sind sie für 19,99 Euro zu kaufen. „Alleine diese beiden Faktoren – und dazu kommen ja noch viele weitere Hygieneartikel und Vorkehrungen – sorgen für eine Mehrbelastung von etwa 10.000 Euro.“
Matthias Müller ist überzeugt, dass die Spendenbereitschaft der Menschen auch weiterhin hoch wäre. „Aber durch die ausbleibenden Veranstaltungen und das Thema Corona sind wir nicht mehr so sehr in der Öffentlichkeit präsent.“ Er hofft deshalb ebenso wie Andrea Herrmann darauf, dass bis zum Ende des Jahres wieder mehr Spenden den Verein erreichen. Beim ambulanten Hospiz Bremen-Nord sei zuletzt immerhin die Zahl der Aufträge wieder etwas gestiegen. Eine Gefahr für die Jobs der drei hauptamtlichen Mitarbeiter bestehe laut Herrmann momentan nicht.
Menschen haben eigene Sorgen und Nöte
Vor Kurzem war bekannt geworden, dass sich auch der ambulante Hospizdienst des Diakonischen Werkes Wesermarsch in einer schwierigen Phase befindet. In einer Mitteilung des Diakonischen Werkes wurden zwei Hauptprobleme skizziert: Zum einen sei es dem Dienst derzeit nicht möglich, Sterbende direkt zu begleiten, zum anderen gäbe es einen „enormen Spendeneinbruch“. Und: „Der Rückgang der Spenden liegt vor allem daran, dass wir nicht wie sonst durch Informations- und sonstige Veranstaltungen über unsere Arbeit ... berichten können.“ Weil die Menschen eigene Sorgen und Nöte hätten, würde der Spendenbedarf der Hospizarbeit weniger wahrgenommen.
Die aktuelle Situation stehe im Gegensatz zur Grundüberzeugung der Hospizbewegung, dass niemand alleine sterben dürfe, sondern begleitet von Mitmenschen. Die Ehrenamtlichen des Hospizdienstes Wesermarsch „wünschen sich, die Betroffenen wieder direkt begleiten zu können“.
Hospize in der Region
In Bremen-Nord, der Wesermarsch sowie im Kreis Osterholz gibt es verschiedene Hospiz-Angebote. Ein Überblick:
Das Lilge-Simon-Stift in Schönebeck wird von den Johannitern geführt. Es befindet sich in der Straße Feldberg 1 und ist telefonisch unter der Nummer 04 21 / 626 70 70 zu erreichen. Im Bremer Norden gibt es zudem den Hospiz-Verein. Der Ambulanter Hospizdienst hat seinen Sitz im Klinikum, an der Hammersbecker Straße 228. Die Mitarbeiter sind unter der Telefonnummer 04 21 / 658 61 08 sowie per E-Mail an info@hospiz-bremen-nord.de zu erreichen.
In der Wesermarsch bietet das Diakonische Werk einen ambulanten Hospizdienst an. Das Büro befindet sich in der Bürgermeister-Müller-Straße 9 in Brake. Informationen zum Angebot gibt es telefonisch unter 0 44 01 / 69 59 02 sowie per E-Mail an diakonisches-werk@t-online.de. Auch im Kreis Osterholz wird der ambulante Hospizdienst vom Diakonischen Werk angeboten. Informationen gibt es in der Geschäftsstelle, Findorffstraße 21 in Osterholz-Scharmbeck, nach vorheriger Anmeldung unter der Telefonnummer 047 91 / 135 72.