Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Antrag der Grünen Geplanter Trinkwasserschutz in Vegesack: Firmen fürchten Auflagen

Auf Antrag der Grünen soll im Stadtteil Vegesack ein Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesen werden. Betroffene Unternehmen wollen für den Fall entschädigt werden.
19.09.2018, 22:08 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Geplanter Trinkwasserschutz in Vegesack: Firmen fürchten Auflagen
Von Patricia Brandt

Bremen ist beim Trinkwasser auf seinen Stadtteil Vegesack angewiesen. Wenn die Umweltdeputierten an diesem Donnerstag tagen, werden sie auf Antrag der Bündnisgrünen über die Ausweisung eines Trinkwasserschutzgebiets sprechen. Einige Unternehmen sehen die geplante Schutzzone kritisch. Sie befürchten, von der Stadt mit hohen Auflagen eingeschränkt zu werden. Die Handelskammer bereitet sich auf eine Streitdebatte vor. Der Ruf nach Entschädigungen wurde auch schon laut.

Es ist nicht das erste Mal, dass in Vegesack ein Schutzgebiet ausgewiesen werden soll. Doch der Ansatz dafür scheiterte Ende der 1990-er Jahre. Damals hatte unter anderem der Vorstand der Norddeutschen Steingut AG, Walter Krawitz, bei der Handelskammer und dem Umweltsenator entschieden gegen eine solche Zone protestiert. Weil das Unternehmen am Werkstandort eine eigene Wasserentnahmestelle betrieb, befürchtete Krawitz, dass der Betrieb zu erheblichen Investitionen gezwungen werden würde.

Die Deputation stellte das Thema nach einem Einspruch der Handelskammer schließlich zurück. „Die Grundwasserversorgung Bremens hing bisher nicht davon ab, ob wir ein Schutzgebiet ausweisen oder nicht“, begründet Umwelt-Staatsrat Ronny Meyer, warum das Thema Trinkwasser erst jetzt wieder aktuell ist. Denn das Bremer Trinkwasser kommt vornehmlich aus Niedersachsen, etwa aus dem Halsebach.

Forderung aus Niedersachsen

Dass Bremen nun eine Trinkwasserschutzzone in Vegesack ausweisen will, hat mit einer Forderung aus Niedersachsen zu tun. Der Landkreises Verden und das Niedersächsische Umweltministerium wollen, dass Bremen die eigenen Ressourcen bestmöglich nutzt. „Denn unsere Trinkwasserentnahme im Bach Halse führt dazu, dass die Wasserführung gestört wird, der Bach droht, auszutrocknen“, erläutert Meyer. Die Ausweisung des Trinkwasserschutzgebiets sei aus dieser praktischen Notwendigkeit erneut zum Thema geworden.

Trinkwasser kann Bremen nur auf den Geestbereichen in Bremen-Nord gewinnen. An den Brunnen werde schon die maximale Menge gefördert. „Eine geringfügige Erhöhung ist in Vegesack möglich und geplant“, heißt es in Unterlagen für die Deputation. „Für die langfristige Sicherung dieses Potenzials ist allerdings die Unterschutzstellung, wie in Blumenthal in 2014 erfolgt, erforderlich.“ Mit der Ausweisung einer Schutzzone soll die Fördermenge auf die bewilligten eine Million Kubikmeter pro Jahr erhöht werden.

Die Verwaltung hat ein hydrogeologisches Gutachten beauftragt. Demnach soll es zwei Schutzzonen geben. Eine Schutzzone A und eine abgeschwächte Schutzzone B. „Die Schutzzone ist sehr viel kleiner als die 1997 festgelegte. Es sind wesentlich weniger Betriebe betroffen“, so Ronny Meyer. Eine Zahl wollte er nicht nennen. „Wir sind zurzeit erst dabei, die Unternehmen zu identifizieren und wollen mit der Handelskammer zu einer Informationsveranstaltung einladen.“

Lesen Sie auch

Das Umweltressort geht bereits jetzt davon aus, dass sich die Unternehmer auch mit Entschädigungsforderungen an die Stadt wenden werden. „Nicht jedes Unternehmen wird entschädigt, aber es wird einen Prozess des Dialogs geben“, versichert Staatsrat Ronny Meyer. Nach Informationen der Norddeutschen sind rund 15 Betriebe betroffen. Dazu soll die KUKA AG, ein börsennotiertes Unternehmen der Maschinenbaubranche zählen. Und auch die Norddeutsche Steingut, deren Kerngeschäft sich zurzeit auf keramische Nachbearbeitung konzentriert. „Wir befürchten, dass wir in der Schutzzone 3A liegen werden“, bestätigt auf Anfrage Rüdiger Grau, Vorstand der Norddeutschen Steingut.

„Die Auflagen werden uns mit deutlichen Einschränkungen belegen“, vermutet Rüdiger Grau. Zwar werden für die Produktion geschlossene Wasserkreisläufe genutzt, doch am Standort herrscht auch LKW-Verkehr. Die Steingut denkt bei möglichen Auflagen auch an Zukunftspläne für das Gelände: So erörtert der Traditionsbetrieb zurzeit ein neues Nutzungskonzept, das eine Mischung aus Gewerbe und Wohnbebauung vorsieht.

„Grundsätzlich sind die Befürchtungen der Unternehmer, dass sie weniger tun können auf ihrem Grundstück als bisher“, berichtet Frank Thoss, Syndicus bei der Handelskammer Bremen und verantwortlich für Industrie, Innovation, Umwelt und Tourismus. Lürssen-Geschäftsführer Stephan Friedrich hatte sich vor Jahren in einer öffentlichen Diskussionsrunde zur Vegesacker Zukunft gegen die Ausweisung eines Trinkwasserschutzgebietes ausgesprochen. Lürssen ist nach Firmenangaben aber selbst nicht betroffen.

Antrag wurde bereits 2016 gestellt

„Wir stehen an der Seite der Unternehmen, die betroffen sind. Wir werden versuchen, den Prozess zu moderieren und eine gute Lösung für sie zu finden“, betont Frank Thoss. Die Handelskammer hoffe, dass deutlich weniger Unternehmen von einem Trinkwasserschutzgebiet betroffen sein werden als beim ersten Entwurf vor zehn Jahren.

Sobald feststeht, welche Betriebe tatsächlich in der Schutzzone liegen, will die Handelskammer für sie nach individuellen Lösungen suchen. Auch die Handelskammer geht davon aus, dass es Entschädigungsforderungen geben wird. Die Nordbremer Umweltdeputierte Maike Schaefer will den Gewerbetreibenden ihre Befürchtungen nehmen: Wohnen und Gewerbe werde weiterhin in dem Gebiet möglich sein, versichert die Grüne. „Natürlich darf dort nicht mit radioaktiven und anderen Wasser gefährdenden Stoffen hantiert werden, und für die Öle braucht es Auffangbecken. Altes Gewerbe hat Bestandschutz. Was sich ändert, ist der Intervall für den TÜV.“

Sie will Verständnis für den Antrag auf Ausweisung einer Schutzzone wecken, den die Grünen bereits 2016 gestellt haben: „Die Halse fällt trocken. Bremen muss nun alles tun, um sein eigenes Trinkwasser zu schützen," sagt sie. Die Ausweisung des Areals sei auch ein Signal an die SWB, die in Vegesack Trinkwasser fördert, "dass sich Investitionen in die Anlage dort lohnen".

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)