Sie kommen immer dann, wenn Menschen Hilfe brauchen: die Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei. Und sie helfen ohne Rücksicht auf Ethnie, Religion, sexueller Orientierung oder politischer Ansichten. Doch auch im Landkreis Oldenburg werden Rettungskräfte immer wieder Ziel von Beleidigungen oder körperlichen Angriffen.
Erst vor wenigen Wochen wurde nach Informationen des DELMENHORSTER KURIER ein Rettungssanitäter von einem alkoholisierten Patienten angegriffen. Der Mann war zunächst eine Kollegin des Rettungssanitäters verbal angegangen. Als ihr Kollege sich einmischte, ging der Täter mit Fäusten auf den Sanitäter los. Dieser brachte den Mann zu Boden, auch weil er über eine entsprechende Ausbildung verfügte. Dann griff auch die inzwischen eingetroffene Polizei ein.
Auch wenn dieser Fall ein besonders heftiger war, Angriffe auf Rettungskräfte sind im Landkreis Oldenburg noch nicht die Regel. „Von Zuständen wie in den großen Städten Berlin, Hamburg oder Frankfurt sind wir noch weit entfernt“, heißt es auch Kreisen der Rettungsdienstler.
Das sieht auch Jörn Kaminski, Leiter Rettungsdienst beim Landkreis Oldenburg, so. Kaminski ist dem Rettungsdienst seit 25 Jahren verbunden, war selbst 15 Jahren aktiv im Einsatz. „Ich habe das während meiner eigenen Einsatzzeit so nicht erlebt. Aber wir haben jetzt im Landkreis schon einige Ereignisse, aber das ist kein alltägliches Problem“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. In den vergangenen zwei Jahren gab es nach seiner Aussage drei Fälle, alle immer in Verbindung mit Alkohol.
Auch Kaminski hält aus diesem Grund eine Fortbildung der Rettungskräfte für notwendig: „Diese Trainings helfen bei der Deeskalation, um deutlich zu machen, dass wir nicht die Konfrontation suchen.“ Rettungskräfte seien immer wieder erstaunt, wenn sie irgendwo hinkommen und ihnen Gewalt entgegenschlägt. „Das macht auch etwas mit der Einstellung, wie man in einem Einsatz hineingeht“, merkt Kaminski an. Man dürfe nicht überrascht sein, wenn eine Situation eskaliert. „Wenn die Lage zu brenzlig wird, dann setzen wir uns in unseren Rettungswagen und warten auf die Polizei“, sagt ein Notfallsanitäter, der seinen Dienst auf einer Rettungswache im Landkreis Oldenburg versieht. Er möchte seinen Namen nicht in der Zeitung lesen.
Es sind aber nicht immer die Patienten, die sich aggressiv verhalten, sondern oft unbeteiligte Dritte, die sich einmischen und verbal oder auch körperlich gegen Rettungskräfte vorgehen. So wurde eine Rettungswagenbesatzung zu einer Gaststätte gerufen, in der es einen medizinischen Notfall gab. Gäste einer anderen unbeteiligten Gruppe gingen dann die Rettungskräfte verbal und aggressiv an.
Um sein Rettungsdienstpersonal, aber auch die Feuerwehrleute zu schützen, fährt der Landkreis Oldenburg eine klare Linie. „Wir bringen jeden Fall rigoros zur Anzeige“, betont Jörn Kaminski. Man wolle damit auch die Botschaft vermitteln, dass der Kreisverwaltung nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter wichtig ist, sondern dass man auch klare Grenzen zieht.
Auch die Polizei verzeichnet immer wieder Angriffe auf ihre Beamtinnen und Beamten. Im vergangenen Jahr gab es im Bereich der Polizeiinspektion Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch insgesamt 35 Taten (2018: 27 Taten). Dabei wurden Beamte durch einen tätlichen Angriff, wie zum Beispiel eine Körperverletzung, verletzt, teilte Lorena Lemke, Pressesprecherin der Polizeiinspektion, auf Nachfrage mit. 26 Mal (2018: 23) wurde Widerstand gegen Vollzugsbeamte geleistet. Und in neun Fällen (2018: sieben) wurden Polizeibeamte bedroht oder genötigt.
Gleichwohl kann die subjektive Wahrnehmung einer Zunahme aktiver Gewaltdelikte gegenüber Polizeibeamten statistisch nicht belegt werden. Die Anzahl der aktiven Körperverletzungen ist rückläufig. Gleichzeitig nehmen die Fälle zu, die als passive Gewalt bezeichnet werden können. Hierzu zählen Widerstände sowie Bedrohungen und Nötigungen.
Insgesamt heißt es in der Mitteilung der Polizei, dass es genau wie in den vergangenen Jahren zu Straftaten gegenüber Polizeibeamten in unterschiedlicher Qualität und Quantität gekommen ist. Ein drastischer oder kontinuierlicher Anstieg der Fallzahlen könne jedoch nicht abgeleitet werden.