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Gemeinde, Kirchenkreis und Kommune verabschieden Pastor Bernd Neukirch 'Ich war nur ein Gastarbeiter'

Grasberg. 'Es ist nicht leicht, auch für mich nicht. Siebzehn Jahre, das ist eine lange Zeit.' Pastor Bernd Neukirch hat einen Klos im Hals, als er das sagt, er kämpft mit den Tränen. Andere haben diesen Kampf längst verloren, Superintendentin Jutta Rühlemann hat ebenso feuchte Augen wie Diakonin Kerstin Tönjes und Bürgermeisterin Marion Schorfmann. Der Pastor geht nach Berlin, am Sonntag hielt er seine letzte Predigt in der Findorff-Kirche.
11.10.2010, 05:00 Uhr
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Von Sandra Binkenstein

Grasberg. 'Es ist nicht leicht, auch für mich nicht. Siebzehn Jahre, das ist eine lange Zeit.' Pastor Bernd Neukirch hat einen Klos im Hals, als er das sagt, er kämpft mit den Tränen. Andere haben diesen Kampf längst verloren, Superintendentin Jutta Rühlemann hat ebenso feuchte Augen wie Diakonin Kerstin Tönjes und Bürgermeisterin Marion Schorfmann. Der Pastor geht nach Berlin, am Sonntag hielt er seine letzte Predigt in der Findorff-Kirche.

Der Dienst im Kirchenkreis Berlin, Brandenburg und der schlesischen Oberlausitz begann für Neukirch bereits am 1. Oktober, bei seinem Abschiedsgottesdienst in Grasberg war er eigentlich ein Gast aus Berlin, machte Rühlemann deutlich. Doch die Rolle als Gast steht ihm gut - er habe sich selbst in den ganzen 17 Jahren, in denen Grasberg sein Wirkungskreis gewesen ist, als Gast in der Gemeinde gefühlt, beschreibt Neukirch. Das meint er nicht distanzierend. Er meint nicht den Gast, der nicht dazu gehört, sondern den Gastarbeiter, der weiß, das er in einer Gemeinde arbeitet, die schon eine Gemeinde war, bevor er kam. Es ist sein Amtsverständnis, das ihn in die Rolle des Gastarbeiters mit Herz und Seele versetzt: Als Pastor arbeitete er in einer Gemeinde, in der er weder geboren wurde, noch sterben würde. Grasberg war eine Station auf seinem Weg. 'Es heißt weiterziehen, wieder einpacken', sagt er. 'Die Reise ins Unbekannte beginnt mit dem ersten Schritt.'

Ziel: Anzahl der Mitglieder halten

Damit hat er nicht unrecht, vor allem, was das Unbekannte angeht. Sein neuer Arbeitsplatz ist nicht mit dem Kirchenkreis Osterholz zu vergleichen. In Brandenburg sind nicht mehr als 15 Prozent der Bevölkerung Angehörige in einer Kirche. Wirft man in der Geschichte einen Blick zurück, wird schnell klar, warum: Der Sozialismus, der die Menschen über Jahrzehnte hinweg geprägt hatte, kam ohne Gott aus. Die dortige Landeskirche, für die Neukirch als eine Art Manager arbeiten wird, hat ein ehrgeiziges Ziel: Sie will den Mitgliederstand über die nächsten 15 Jahre erhalten.

Das ist es, was Neukirch immer gesucht hatte. Herausforderungen sind die Dreh- und Angelpunkte in seinem Leben. Auch im Osterholzer Kirchenkreis hat Neukirch nie aufgehört, sich weiter zu bilden, mehr Aufgaben zu übernehmen und sich in verschiedenen Bereichen zu engagieren. Er war Kreisjugendpastor und wirkte im Finanz- und Stellenplanausschuss des Kirchenkreises mit. Um die Jahrtausendwende hat Neukirch außerdem ein sozialwissenschaftliches Studium absolviert. 'Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann einmal nichts mehr zu lernen', sagt er. Superintendentin Rühlemann beschreibt ihn als einen, 'der immer klare Worte hat, benennt, wo es Probleme gibt'. Viele hätten Neukirch aber auch als 'Mann der leisen Töne' kennen gelernt, der es scheute, 'den Mund zu voll zu nehmen'.

Zum Abschied hat die Evangelische Jugend Grasberg ein Buch mit Erinnerungen gebastelt. Darin ist ein Bild seiner ersten Taufe in Grasberg. Auch das Mädchen, das er damals getauft hatte, ihr Name ist Franziska Feldmann, verabschiedete Neukirch persönlich. Sie ist heute 17 Jahre alt. Doch auch wenn der Abschied weh tut, findet Bürgermeisterin Schorfmann aufbauende Worte. 'Wenn man nach 17 Jahren nicht aus dem Sessel kommt, wann dann? Er wird seinen Weg gehen.' Wie schlimm der Abschied von Bernd Neukirch für die Gemeinde wirklich ist, werde man wohl erst merken, wenn er weg ist.

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