Das Weihnachtsfest hatte noch nicht begonnen, da konnte man die nächste Sause schon hören: Silvester naht. Auf einem Betriebsgelände im Lilienthaler Ortsteil Falkenberg hat ein Feuerwerk-Händler am letzten Adventssonntag schon mal gezeigt, mit welchen pyrotechnischen Mitteln man das neue Jahr begrüßen kann. Die Produktvorführung sollte den Verkauf von Feuerwerkskörpern ankurbeln, der in diesen Tagen in den Geschäften anläuft.
Aber wie das so ist: Was des einen Freud, ist des anderen Leid. Und daher rufen Umweltverbände in diesen Tagen auch wieder verstärkt zum Maßhalten oder gar zum Komplettverzicht aufs Feuerwerk auf. So mahnt der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND), dass der Rauch der abgebrannten Feuerwerkskörper nicht nur die Luft mit Chemikalien belastet, sondern auch mit gesundheitsschädlichem Feinstaub. „Diese Staubpartikel, die für das menschliche Auge unsichtbar sind, enthalten giftige Schwermetalle, können zu Atemwegserkrankungen wie Asthma führen und sogar Krebs auslösen“, sagt Bernd Quellmalz, BUND-Regionalgeschäftsführer Weser-Elbe. Obendrein fielen auf den Straßen Unmengen an Müll an.
Ein Problem sei die wilde Knallerei aber vor allem für Tiere. Da viele Tiere ein wesentlich empfindlicheres Gehör hätten als der Mensch, seien sie vom Neujahrslärm besonders betroffen. Starke Detonationen könnten ihren Orientierungssinn beeinträchtigen oder sogar Schockzustände auslösen. Die Knallerei könne für Tiere wie Vögel und Fledermäuse mitunter sogar eine lebensbedrohliche Störung darstellen, so Quellmalz.
Aber auch seitens der Verwaltung werden die Bürgerinnen und Bürger zum Verzicht aufgefordert: „Weniger Raketen und Knaller sind ein Gewinn für die Umwelt, die Gesundheit und den eigenen Geldbeutel“, meint zum Beispiel Lilienthals Bürgermeister Kristian Tangermann. An Neujahr sei die Feinstaub-Konzentration vielerorts so hoch wie sonst im ganzen Jahr nicht, beruft er sich aufs Umweltbundesamt. Wer dennoch knallen möchte, sollte auf Sicherheit achten, appelliert Tangermann an die Bevölkerung.
Besondere Rücksichtnahme in der Nähe von Gewerbegebieten
So sei das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden wie Reet- und Fachwerkhäusern verboten, betont Tangermann. Besondere Rücksichtnahme sei in der Nähe von Gewerbegebieten, in denen gefährliche Stoffe lagern könnten, aber auch von Tankstellen und Tierheimen geboten. Die Verwendung von „Himmelslaternen“ sei in Niedersachsen generell verboten.
„Wer knallt, haftet im Übrigen für entstandene Schäden. Ebenso muss jeder hinterher seinen Müll wieder mitnehmen“, erklärt der Bürgermeister. Damit die Begrüßung des neuen Jahres nicht im Krankenhaus endet, sollten nur Feuerwerkskörper verwendet werden, die eine CE-Kennzeichnung und eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache haben. „Der Gebrauch illegaler Feuerwerkskörper kann nach dem Sprengstoffgesetz mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Mit Billigknallern aus illegalen Importen tut man sich und anderen keinen Gefallen“, so Tangermann.
Grundsätzlich erklärt die Gemeinde, dass beim Feuerwerk ein ausreichender Sicherheitsabstand einzuhalten sei. Raketen sollten mit dem Führungsstab in Flaschen gestellt und gegen Umfallen gesichert werden. Feuerwerkskörper sollten niemals von Balkonen gezündet, Blindgänger nicht wiederverwendet werden. Keinesfalls dürfe auf Menschen oder Tiere gezielt werden. In Notfällen rät die Verwaltung, sofort die Feuerwehr oder den Rettungsdienst über die Rufnummer 112 zu verständigen.
So wie in Lilienthal gibt es auch andernorts einen Sinneswandel. Die Deutsche Umwelthilfe hat in diesem Jahr 98 Städte per Post aufgefordert, privates Feuerwerk zu verbieten, und so haben zum Beispiel auch Bremen und Bremerhaven einen solchen Brief bekommen. Allein in Deutschland werden laut Deutscher Umwelthilfe, innerhalb von wenigen Stunden bis zu 5000 Tonnen Feinstaub freigesetzt. Das seien 17 Prozent der jährlich im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubmenge.
Sperrzonen wegen Brand- und Tierschutz
Aus Gründen des Brand- und Tierschutzes haben Städte und Gemeinden vielerorts Regeln erlassen. So darf in diesem Jahr auf dem Bremer Marktplatz sowie im Umkreis von 1,5 Kilometern um den Flughafen Bremen oder den Zoo am Meer in Bremerhaven nicht geböllert werden. Wie berichtet, hat die Gemeinde Wilstedt ihr Silvesterböller-Sperrgebiet sogar erweitert. Galt bisher ein 200-Meter-Radius um jeweils vier reetgedeckte Gebäude herum als Tabuzone für Silvesterraketen, so ist in diesem Jahr ein großer Viehstall an der Bahnhofstraße zum Bannbereich hinzugekommen.
Auch rund um den Kölner Dom wird an Silvester wieder eine feuerwerksfreie Zone eingerichtet – sie gilt sogar für Wunderkerzen. Der Sicherheitsbereich ist Teil des Silvesterkonzepts, das die Stadt mit der Polizei abgestimmt hat. Die Maßnahme ist allerdings auch eine Lehre aus der Silvesternacht 2015/16, in der es rund um den Dom zu massiven sexuellen Übergriffen auf Frauen gekommen war.