Selbst auf die kleinen Erfolgserlebnisse musste Niedersachsens CDU bei der Bundestagswahl verzichten. Ihre stellvertretende Bundeschefin Silvia Breher holte zwar erneut souverän das Direktmandat im Wahlkreis Cloppenburg/Vechta. Doch mit 49 Prozent reichte es nicht mehr zum bundesweiten Spitzenplatz aller Kandidaten. Breher, die vor vier Jahren legendäre 57,7 Prozent eingestrichen hatte, musste jetzt einem niedersächsischen Genossen den Vortritt lassen. Der SPD-Abgeordnete Johann Saathoff gewann im Wahlkreis Aurich/Emden 52,8 Prozent und erreichte damit den bundesweit höchsten Anteil an Erststimmen.
Das ganze Ausmaß zeigte sich am Montagmorgen um 1:13 Uhr in den von Landeswahlleiterin Ulrike Sachs verkündeten Zahlen. Zwischen Küste, Heide und Harz stürzte die CDU von 34,9 auf 24,2 Prozent ab. Damit fiel der Verlust gegenüber 2017 in Niedersachsen noch dramatischer aus als in ganz Deutschland. Die SPD steigerte sich von 27,4 auf 33,1 Prozent – deutlich mehr als die Genossen im Rest der Republik. „Das stimmt mich für die Landtagswahl in einem Jahr optimistisch“, freute sich SPD-Ministerpräsident Stephan Weil im NDR. Den Warnhinweis ließ der Regierungschef aber sofort folgen. „Ein Jahr ist in der Politik eine halbe Ewigkeit.“

CDU-Generalsekretär Sebastian Lechner. Foto: Anton Podolskiy
Von einer „großen Herausforderung“ sprach CDU-Generalsekretär Sebastian Lechner mit Blick auf den noch nicht endgültig feststehenden Termin im nächsten Herbst. Man werde diese mit „großem Mut und viel Engagement“ annehmen. „Wir haben alle Chancen“, sagte Lechner und bezog sich dabei auf die Kommunalwahlen vor zwei Wochen. Deren Ergebnisse seien für das Land wichtiger. Sie zeigten, wie tief die CDU in Niedersachsen verwurzelt sei. „Darauf bauen wir jetzt auf. Wir sind zuversichtlich, dass wir stärkste Kraft werden können.“ Nötig sei dafür eine große Geschlossenheit, die die Union im Bundestagswahlkampf nicht immer gezeigt habe.
Die Grünen-Landesvorsitzenden Anne Kura und Hans-Joachim Janßen gestanden „gemischte Gefühle“ ein. Einerseits habe man die Stimmanteile in Niedersachsen auf 16,1 nahezu verdoppeln können; man schicke jetzt 13 Abgeordnete statt sechs wie bisher in den Bundestag. „Aber das hochgesteckte Ziel, eine Kanzlerin-Mehrheit zusammen zu bekommen, haben wir verfehlt.“ Entsprechend verhalten bewertete die Parteispitze die Aussichten für den Urnengang in einem Jahr. Man gehe aus den Kommunal- und Bundestagswahlen gestärkt hervor. Dies werde Rückenwind für die Landtagswahl bringen. „Wir wollen im neuen Landtag eine starke Fraktion bilden. Die darf so groß wie möglich sein“, meinte Janßen und ergänzte: „Da ist noch Luft nach oben.“ Aussagen dazu, ob die Grünen mit einer eigenen Ministerpräsidenten-Kandidatin antreten, ließen sich weder Kura noch Janßen entlocken. „Diese Frage stellt sich derzeit nicht.“

Jörg Bode, stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Niedersachsen. Foto: Moritz Frankenberg
Eine Präferenz für die Landtagswahl wollte Bode damit nicht verbinden. „Bis dahin kann sich noch sehr viel verändern.“ Seine Partei, die ihr Landesergebnis um 1,2 Punkte auf 10,5 Prozent steigern konnte, werde mit einem eigenständigen Profil antreten und dann schauen, was mit den anderen gehe. Für die amtierende Landeskoalition aus SPD und CDU erwartet der Liberale angesichts der Bundesergebnisse eine „Eskalation“ der internen Auseinandersetzungen. Angesichts jetzt schon sichtbarer Streitereien müsse man ernsthaft vorgezogene Neuwahlen erwägen.
Das interne Hauen und Stechen bei der niedersächsischen AfD, das zum Aus der Landtagsfraktion geführt hatte, erklärte Landeschef Jens Kestner kurzerhand für beendet. „Der Streit ist vergessen, es gilt in die Zukunft zu blicken.“ Bei der Landtagswahl wolle man mit einem besseren Ergebnis den Wiedereinzug ins Leineschloss schaffen. Am Sonntag reichte es in Niedersachsen allerdings nur zu 7,4 Prozent, 1,7 Punkte weniger als noch vor vier Jahren.

Lars Leopold, Landesvorsitzender der Linken Niedersachsen. Foto: Moritz Frankenberg
Noch schlimmer erwischte es die Linken. Hatten sie 2017 noch 7,0 Prozent in Niedersachsen geschafft, waren es jetzt 3,3 Prozent. Die Rückkehr in den Landtag nach dem Rauswurf 2018 bleibe dennoch das Ziel. „Wir werden aus unseren Fehlern lernen“, sagte der Landesvorsitzende Lars Leopold.