Dienstagmorgen, 8.59 Uhr: Der Zug fährt pünktlich in den Bahnhof Burg ein. Die Fahrgäste können durch die Fenster eine ungewöhnliche Szene beobachten: Am Gleis gegenüber stehen drei Passanten und etwa 15 Beamte in Uniform von Polizei und Ordnungsdienst. Mehrere Polizisten gehen in Richtung ihrer Einsatzwagen, Ralph Dziemba löst sich aus dem Trupp. „Ich musste eben 25 Personen einen Platzverweis erteilen, sie waren zum Teil stark alkoholisiert“, sagt der Polizeihauptkommissar und Leiter des Reviers in Lesum.
Grund für die starke Polizeipräsenz an diesem Morgen ist eine Großkontrolle. Kräfte der Polizei, der Bundespolizei und des Ordnungsdienstes sind im Einsatz. Seit Jahren beschweren sich immer wieder Anwohner und Pendler über die Situation vor Ort. Der Grund: Teilnehmer eines Methadonprojekts, Trinker, aber auch Drogenhändler halten sich hier häufig auf. Die Bürger fühlen sich unsicher. Die Lage hat sich schon deutlich verbessert, das wurde zuletzt bei einer Sitzung des Beirats Burglesum im November berichtet. Demnach erreichen Streetworker die Substituierten, dank eines russischsprachigen Mitarbeiters auch eine Gruppe aus Deutschrussen, die sich zum Trinken trifft.
„26 Beamte sind im Einsatz“, sagt Dziemba. „Aber nicht alle tragen eine Uniform.“ Neben Beamten in Zivil sind auch Spürhunde im Einsatz. Schon früher am Morgen waren Polizisten am Bahnhof, um die Lage einzuschätzen. Ab wann, sagt Dziemba, kann er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Bis zu 90 Minuten soll der Einsatz dauern, der in diesem Umfang Dziembas Worten nach außergewöhnlich ist.
Die meisten Beamten stehen am Gleis. Dziemba stößt zu ihnen, um sich zu besprechen. An der Bushaltestelle in Richtung Gröpelingen kniet ein Mann. Drei Beamte haben ihn umstellt. Er zieht seine Schuhe wieder an und richtet sich auf – danach durchsuchen die Polizisten seine Jacke.
Das Ergebnis der Kontrolle: Die Beamten haben 30 Personen kontrolliert und teilweise durchsucht. Bei einem 40-Jährigen aus Blumenthal haben sie „eine geringe Menge einer harten Droge“ gefunden, der Mann wurde festgenommen und seine Wohnung durchsucht. Neben weiterem Beweismaterial haben die Polizisten dort ein gestohlenes E-Bike gefunden. Eine weitere Strafanzeige haben die Beamten gegen einen Kontrollierten gestellt, der „eine geringe Menge einer weichen Droge“ dabeihatte. Außerdem haben sie zwei vorübergehende Platzverweise erteilt und ein Bußgeld wegen eines Ordnungsverstoßes ausgesprochen.
Dziemba ist mit dem Ergebnis des Einsatzes zufrieden. Die Kontrolle ist seinen Worten nach eine von mehreren Mitteln, um die Situation am Bahnhof Burg zu verbessern. „Ein- bis zweimal pro Woche sind auch Kontaktpolizisten vor Ort, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“ Außerdem schauen immer wieder zivile Polizeibeamte vorbei und schreiten bei Bedarf ein, sagt Dziemba. Die Lage am Bahnhof Burg habe sich deutlich verbessert: Vor zwei Jahren sei das Problem mit dem Drogenhandel erheblich größer gewesen – insgesamt gebe es jetzt weniger Beschwerden. Dziemba fährt manchmal selbst über die Haltestelle Bahnhof Burg. Dabei habe er beobachtet, wie Substituierte dort den Müll aufheben. Für die Teilnehmer des Methadonprojekts gebe es nur wenig Verständnis, obwohl sie tatsächlich wenig Probleme machten. „Die Substituierten wollen auch nichts mit dem Trinkermilieu zu tun haben.“
Auch Ortsamtsleiter Florian Boehlke sieht die Entwicklung am Bahnhof Burg positiv, die diversen Wege die Leute vor Ort anzusprechen, verbesserten die Situation. „Trotzdem ist ein Bahnhof immer ein Ort, an dem sich unterschiedliche Gruppen versammeln“, sagt er.
Die Streetworker appellierten an die auffälligen Personen, damit sie auf ihr Verhalten achten. „Wer nicht schief angeguckt werden will, der muss sich auch benehmen.“ Es gebe mehr Verständnis aus der Bevölkerung, aber auch immer noch vereinzelte Beschwerden. „Das lässt sich auch nicht ganz abstellen. Ein ungutes Gefühl bei dem einen oder anderen wird bleiben.“ Echte Bedrohungen gebe es an dem Bahnhof nicht mehr als anderswo. „Wir versuchen zu vermitteln, dass von diesen Gruppen keine Gefahr ausgeht.“