Eckhardt Hütten und seine Familie haben eine klare Motivation, bei der Protestaktion für bessere Radwege in Schwanewede mitzumachen. „Meine jüngste Tochter geht in Meyenburg in die Grundschule und hat dort einige Freundinnen, die sie oft besucht. Für einen Vater ist das kein gutes Gefühl, wenn sie auf solch einem Radweg unterwegs ist", sagt Eckhardt Hütten. Rund 150 Teilnehmer hatten sich der Initiative angeschlossen und machten am Sonnabend mit. Abgefahren wurden jene beiden Strecken, die schon seit etlichen Jahren im Mittelpunkt der Kritik stehen. Neben dem maroden Radweg zwischen Meyenburg und Schwanewede ist dies der nicht vorhandene Radweg auf der Kreisstraße 32 zwischen Hinnebeck und Schwanewede.
Auf dem zwei Kilometer langen Abschnitt ist hinter dem Koppelsberg gar kein Radweg vorhanden. Fußgänger und Radfahrer müssen sich die viereinhalb Meter breite Straße hier mit Autos, Lastwagen und landwirtschaftlichen Fahrzeugen teilen. Ein Unfall im Jahr 2014, bei dem eine Frau schwer verletzt worden ist, hatte den Forderungen der schon länger bestehenden Bürgerinitiative „Ein Radweg für mehr Sicherheit“ zusätzlichen Auftrieb verliehen. Geschehen ist bislang jedoch immer noch nichts.
Um jetzt noch einmal neuen Schwung in die Debatte zu bringen, hatte die Fraktion der Sozialdemokraten zu einem Protestradeln geladen. Initiator Dominik Schmengler machte beim Teilnehmertreffen vor dem Meyenburger Dorphuus klar, dass es den Genossen dabei vor allem um die Sache gehe. Der Ratsherr und Ortsbürgermeister von Meyenburg begrüßte, dass fraktionsübergreifend auch Politiker der CDU und der Grünen mitfuhren.
„Im Ortsrat ist der fehlende Radweg nach Hinnebeck oft angesprochen worden. Wir haben den Radweg immer befürwortet und schon vor der letzten Kommunalwahl gefordert“, machte in diesem Zusammenhang Ulrike Kroog von der CDU-Fraktion in Schwanewede deutlich. Vielleicht, gestand ihr Parteikollege Ronald Grzeschik zu, seien solche Maßnahmen ein gutes Zeichen, um die festgefahrene Situation voranzutreiben.
Die statistische Unfallhäufigkeit, die Anzahl der den Weg frequentierenden Personen und die Schulwegsicherung seien Kriterien bei der Erstellung der Prioritätenliste im Landkreis, wenn es um zu erneuernde oder neu zu bauende Radwege geht, sagte Oberkommissar Steffen Ventzke. Gemeinsam mit seinem Kollegen Andreas Horbach sicherte er die Strecke ab. Die Beamten begleiteten die Radler mit dem Polizeiwagen. „Als Polizei befürworten wir selbstverständlich eine bessere Verkehrssicherheit. Unternehmen können wir da allerdings selbst nichts, das müssen letztlich die Gemeinde und der Landkreis in die Hand nehmen“, sagt Ventzke.
Dann setzte sich der Tross vom Dorphuus aus Richtung Schwanewede in Bewegung. Gefahren wurde auf Weisung des Ordnungsamts auf dem Radweg, also auf dem Gegenstand der Kritik. Einige Radler wären allerdings lieber auf der Straße gefahren. Das hätte eine stärkere Signalwirkung gehabt, meinten sie. Heiko Schreiber fuhr auf seinen Inlineskates mit. „Diese kleinen Anhebungen hier, wenn die Baumwurzeln die Platten hochdrücken, sind wie Sprungschanzen. Da kann man sich sofort hinlegen“, zog er Fazit.
Deutlich waren die Stellen durch vernehmliches „Ruckeln“ zu spüren, auf denen in den vergangenen Jahrzehnten mit einem Flickwerk aus Teer notdürftig kleine Ausbesserungen getätigt wurden. Sigrid Hofmann plädierte dafür, dass auch die touristischen Radwanderwege rund um den Klingenberg ausgebessert werden müssten. Die wegen möglicher „Eisabwurfgefahr“ in Nähe der Windkraftanlagen angebrachten Schilder seien überdies kaum wahrnehmbar.
Am Kreisel, Ecke Koppelsberg/Meyenburger Straße angekommen, gab es für die Teilnehmer Erfrischungen. Bürgermeister Harald Stehnken und seine Frau Karin radelten ebenso mit wie die Kreisverbandsvorsitzende Christina Jantz-Herrmann und der Niedersächsische Landtagsabgeordnete Oliver Lottke (beide SPD). Bei den in der Kritik stehenden Radwegen, erklärte Stehnken, sehe die Sachlage unterschiedlich aus. „In Sachen Meyenburger Radweg haben wir uns im Bauamt die Finger wundgeschrieben. Das Land Niedersachsen hat dann argumentiert, so schlecht sei der Weg doch gar nicht, es gebe noch schlimmere“, berichtete Stehnken unter dem empörten Raunen der Teilnehmer.
Bei der K 32 wiederum handele es sich um eine Kreisstraße, für die eigentlich der Landkreis zuständig sei. So habe sich beispielsweise Ritterhude geweigert, für die Ausbesserung seiner Radwege gemeindeeigenes Geld beizusteuern. Der Option, man könne sich auf der Prioritätenliste durch finanzielle Beteiligung „ein bisschen nach oben arbeiten“, sei die Gemeinde aber inzwischen nachgekommen. „Wir haben Geld für die Planung zur Verfügung gestellt und auch für die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern. Die aber werden wahrscheinlich schwierig werden, weil die Anwohner von ihren ohnehin nicht allzu großen Grundstücken dann noch was abgeben müssen“, befürchtete Stehnken. Nun hoffe er, dass die Kreisverwaltung „sich endlich mal bewege“.
Christina Jantz-Herrmann machte anhand einer von ihr selbst erlebten Situation deutlich, wie gefährlich das Fehlen des Radwegs Richtung Hinnebeck für Reiter, Radfahrer und Kinder ist. Oliver Lottke versprach, sich beim zuständigen niedersächsischen Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) dafür einzusetzen, dass „im ländlichen Bereich mehr Druck aufgebaut werden muss". Anschließend radelten die Teilnehmer nach Hinnebeck, wo Christel Rohdenburg vom Elternverein der Ortschaft auf einem Bauernhof weitere Erfrischungen bereithielt.
In den nächsten Tagen sollen weitere Unterschriften in den umliegenden Straßen der entsprechenden Radwege gesammelt und die Liste dann an das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung geschickt werden.