Der Seeadlerbestand in Niedersachsen wächst weiter. Im Jahr 2018 wurden landesweit 66 Seeadlerreviere gezählt, wie aus dem aktuellen See- und Fischadlerbericht der Arbeitsgemeinschaft Adlerschutz in Niedersachsen hervorgeht. Von 42 Brutpaaren war in diesem Frühjahr 35 Paaren ein Bruterfolg beschert. Das in Deichshausen beheimatete Seeadlerpaar brütete zwei Jungvögel aus und zog sie erfolgreich auf.
Erfolgreich gebrütet haben auch ihre in der Wesermarsch ansässigen Artgenossen. Ein Brutpaar in Jade hat dem Bericht zufolge im Frühjahr ebenfalls zwei Jungvögel ausgebrütet. Aus einem Seeadlerhorst in Elsfleth sind im vierten Jahr in Folge drei Jungadler ausgeflogen. Zwei weitere Jungvögel wurden in einem Seeadlerhorst in Ritterhude gesichtet.
In den vier Jahren davor hatte das Seeadlerpaar jeweils einen Jungvogel großgezogen. Einen weiteren Jungvogel zog dem Bericht zufolge ein Seeadlerpaar im Osterholzer Moor auf. Nachdem sein zwölf Jahre alter Horst im Herbst 2017 bei einem Gewittersturm abgestürzt war, hatten sich die Altvögel nur 250 Meter entfernt in einer Kiefer einen neuen Horst gebaut.
Landesweit haben die Experten in diesem Jahr 59 Jungvögel gezählt, wie aus dem Brutbericht hervorgeht. Damit hat sich ihre Zahl weiter erhöht. Nachdem die Seeadler Anfang der 1990er-Jahre in Niedersachsen weitgehend ausgestorben waren, hatten sich ihre Bestände seit 1996 zunächst langsam erholt und waren zuletzt kontinuierlich gestiegen.
Ein besonderes Phänomen konnte der Arbeitskreis übrigens in einem Seeadlerhorst im Landkreis Gifhorn beobachten. Die Altvögel hatten dort zur Frischfleischversorgung ihrer Jungen lebende Mäusebussardküken gefangen. 2016 brachten die Altvögel dem Bericht zufolge mindestens 17 junge Mäusebussarde in den Hort. Bevor sie an den Seeadlernachwuchs verfüttert wurden, hatten sie dort zum Teil bis zu neun Tagen mit den Seeadlern gelebt und waren nachweislich auch von den Altvögeln gefüttert worden, wie es heißt.
Bussardküken verfüttert
Mäusebussardküken standen auch im Folgejahr 2017 wieder auf dem Speiseplan des Seeadlernachwuchses in der Nähe von Gifhorn, wie mit einer auf den Horst ausgerichteten Kamera belegt wurde. Der einzige Jungadler konnte aber offenbar gar nicht alle Küken verspeisen, die das Seeadlerpaar herbei geschafft hatte. So fütterte es zwei Mäusebussardküken so lange mit durch, bis sie flügge wurden und nur noch zum Fressen in den Adlerhorst zurückkehrten. Die Aufnahmen belegen dem Bericht zufolge auch, wie einer der jungen Bussarde seine Beute selbstbewusst verteidigt, während der wesentlich größere Jungadler nur zusah.
Die Experten der Arbeitsgemeinschaft rätseln jetzt, wie es den Seeadlern gelungen ist, einen beachtlichen Teil der Mäusebussardküken lebend und scheinbar unverletzt in den Horst zu bringen. Unbeantwortet sei auch die Frage, wie und durch wen (Alt- oder Jungadler) die Mäusebussardküken zu Tode kamen.
Ungeachtet dessen freut sich Hartmut Drebing vom Naturschutzbund (Nabu) Stedingen, dass sich der Seeadlerbestand im Land Niedersachsen kontinuierlich erholt. „Sie sind jetzt schon im Nordwesten bis Ostfriesland und wahrscheinlich bis in die Niederlande vorgedrungen.“