Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Barrierefreiheit: Twistringer Bahnhof wird behindertengerecht umgebaut

Twistringen. Rollstuhlfahrer, Senioren mit Rollatoren und Mütter mit Kinderwagen wissen ein Lied von der fehlenden Barrierefreiheit am Twistringer Bahnhof zu singen. Niedrige Bahnsteige, fehlende Aufzüge. "Ein Kraftakt, wenn man den Rollstuhlfahrer von Stufe zu Stufe heben muss", beklagt Gerhard Braun vom Twistringer Behindertenbeirat. Doch Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis hat für alle Menschen mit Handicap eine gute Nachricht im Gepäck: "Die Bahnsteige werden auf 76 Zentimeter erhöht, 2013/2014 werden zwei Aufzüge eingebaut", kündigt Meyer-Lovis an.
03.09.2011, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Jörn Dirk Zweibrock

Twistringen. Rollstuhlfahrer, Senioren mit Rollatoren und Mütter mit Kinderwagen wissen ein Lied von der fehlenden Barrierefreiheit am Twistringer Bahnhof zu singen. Niedrige Bahnsteige, fehlende Aufzüge. "Ein Kraftakt, wenn man den Rollstuhlfahrer von Stufe zu Stufe heben muss", beklagt Gerhard Braun vom Twistringer Behindertenbeirat. Doch Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis hat für alle Menschen mit Handicap eine gute Nachricht im Gepäck: "Die Bahnsteige werden auf 76 Zentimeter erhöht, 2013/2014 werden zwei Aufzüge eingebaut", kündigt Meyer-Lovis an.

Darüber hinaus würde die Unterführung saniert und neue Wetterschutzhäuschen aufgestellt. Der aktuellsten Fahrgastzählung zufolge (Stand Dezember 2010) steigen montags bis freitags 1400 Menschen in Twistringen ein und aus. Sonnabends seien es 850, sonntags 550, wie Rainer Peters, Pressesprecher der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) mitteilt. Da die Haltestation in das Förderprogramm "Niedersachsen ist am Zug II" aufgenommen wurde, würden künftig rund 2,5 Millionen Euro in den Twistringer Bahnhof investiert (Bahnsteigerhöhung, Aufzüge, Sanierung der Unterführung). 60 Prozent davon trägt laut Peters der Bund, ein Drittel die LNVG sowie zehn Prozent die Deutsche Bahn (DB) AG.

Gerhard Braun werden die Pläne der Bahn freuen. Dennoch geht er mit seinen Forderungen einen Schritt weiter, denkt nicht nur an Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, sondern auch an Hör- und Sehbehinderte: "Die Ansagen der altertümlichen Lautsprecher sind nur schwer zu verstehen. Mit Hörbeeinträchtigung kein einfaches Unterfangen. Schwer sehbeeinträchtigte Menschen können nicht so einfach hinter die weiße Linie treten. Hier müsste zumindest ein anderer Belag auf dem Bahnsteig vorhanden sein, um die Schutzgrenze zu erkennen", fordert Gerhard Braun. Und weiter: Die Hinweisschilder auf dem Bahnhof seien mit zu vielen Worten gefüllt. "Wer liest die denn schon?", fragt sich der Twistringer. Besser wäre ein deutliches Piktogramm, sodass nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten sofort erkennen können, worauf die Deutsche Bahn AG (DB AG) eigentlich hinweisen möchte. "Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die behindern", gibt Gerhard Braun den Planern zu bedenken. Und dann ist da ja

noch das Problem mit den Behindertentoiletten. Die DB AG sehe sich für die Errichtung und Wartung von behindertengerechten Toiletten nicht in der Verantwortung, so Braun, sondern verweise auf den Besitzer des Bahnhofsgebäudes, also die Stadt Twistringen. Selbige hat den Bahnhof vor fünf Jahren von der DB AG erworben.

Der Twistringer Bahnhof ist neben dem Krankenhaus derzeit die zweite große Baustelle der Verwaltung. Während die mit möglichen Investoren verhandelt, hat der Vorstoß der Twistringer FDP, das in die Jahre gekommene Gebäude abzureißen und in Anlehnung des Rotenburger Bahnhofs durch eine freischwebende Konstruktion mit darunter befindlichen Glaseinheiten zu ersetzen, für viel Wirbel gesorgt. Für Friedrich Nordmann, Chef der Sozialdemokraten im Twistringer Stadtrat, kommt ein Abriss des Bahnhofs "nicht in die Tüte". Auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Hermann Niederwestberg hält den Vorstoß der Freien Demokraten für "indiskutabel". Der Twistringer Bahnhof sei schließlich ein "stadtbildprägendes Gebäudes". Genauso wie Nordmann hofft er noch immer auf einen "mutigen" Investor, der sich des etwas in die Jahre gekommenen Gebäudes annimmt. Ihm schwebt beispielsweise eine Gastwirtschaft vor, wo es morgens Brötchen zu kaufen gibt. "Oben könnte man eventuell Wohnungen vermieten", spekuliert

Niederwestberg. Die Halle könne er sich als Ort für Kulturveranstaltungen vorstellen. Der Winterflohmarkt könnte vom Stadiongelände vielleicht dorthin verlagert werden.

Auch Bernhard Kunst, Fraktionschef der CDU im Rat, begrüßt die Initiative der Verwaltung, sich um einen Investor zu bemühen. Er verweist aber auch auf den Fraktionsbeschluss, der vorsieht, keine Steuermittel in den Betrieb des Bahnhofs fließen zu lassen. Die Subventionierung eines Gewerbes im Bahnhof komme für die CDU nicht in Frage, stellt Kunst klar. Erst müssten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Tue sich in einigen Jahren immer noch nichts am Bahnhof, müsse man über den Vorstoß der FDP diskutieren.

Der sieht übrigens zur Refinanzierung auch eine Solaranlage auf der frei schwebenden Dachkonstruktion über den Glaseinheiten vor. Die Konstruktion könne Fraktionschef Ansgar Wilkens (FDP) zufolge von der Stadt Twistringen errichtet, die Glaseinheiten von Gewerbetreibenden angemietet werden. Eine Konkurrenz zur Bahnhofstraße sieht er darin nicht. "Seit der vergangenen Kommunalwahl ist die Verschuldung Twistringens von sechs auf 20 Millionen gestiegen", so Wilkens. Die Stadt sei klamm, könne sich nicht leisten, in den maroden Bahnhof zu investieren. Ein Abriss samt Errichtung einer Konstruktion sei billiger. Wie es um den Bahnhof bestellt ist, sehen am besten Reisende und Pendler: Eingeschlagene Scheiben und Klinker, der aus den Fassaden bröckelt.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)