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Eines der ältesten Motorschiffe Bremens Bremer Traditionsschiff „Friedrich“ wird flottgemacht

Alle fünf Jahre kommt die „Friedrich“ zu Peter Sasse auf die Bremer Boots- und Schiffswerft nach Berne. Jetzt ist das Motorschiff, eines der ältesten der Stadt, erneut auf dem Trockenen.
12.04.2020, 12:30 Uhr
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Bremer Traditionsschiff „Friedrich“ wird flottgemacht
Von Christian Weth

Die „Friedrich“ ist wieder da: 18,33 Meter lang, 7,15 Meter breit, 200 PS, zwei Decks wie bei einem Doppeldeckerbus. Peter Sasse sagt das so, als spiele er Quartett. Er kennt das Schiff. Der Werftchef hat es schon oft aufs Trockene geholt. Alle fünf Jahre macht er das. Der TÜV, der bei Binnenschiffen der ZSUK ist, will es so. Das Kürzel steht für Zentralstelle Schiffsuntersuchungskommission – und der Name „Friedrich“ für eines der ältesten Motorschiffe Bremens. Wenn es nicht sogar das älteste ist.

Sasse weiß das nicht so genau. Auch Jan Christen Jensen kann das nicht mit letzter Gewissheit sagen. Was der Geschäftsführer der Bremer Boots- und Schiffswerft in Berne und der Funktionär des Fördervereins MS „Friedrich“ in der Innenstadt aber hundertprozentig wissen, ist das Alter des Schiffs: 140 Jahre. Wenn man so will, ist die „Friedrich“ damit ein Oldtimer unter den motorisierten Traditionsschiffen. Und Oldtimer – ob mit Rädern oder Rumpf – machen es nach Sasses Worten für gewöhnlich immer spannender als Neufahrzeuge, wenn sie zum TÜV müssen.

Das Slippen der „Friedrich“, das an Land ziehen, hat zwar nicht länger gedauert als bei anderen Schiffen dieser Größenordnung. Sasse sagt aber, dass der Vorgang akribischer vorbereitet werden musste als üblich – wegen des Alters des Schiffes, aber auch wegen seiner Form. Nach den Worten des Werftchefs kommt sie nur noch selten vor. Er sagt, dass die „Friedrich“ gebogen-bauchig ist. Andere haben andere Wörter für sie: Badewanne, aber auch Banane. Nach knapp einer Stunde war sie aus dem Wasser und beim Kontrolleur des Schiffseichamtes auf dem Prüfstand.

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Vor fünf Jahren hatte er so viel beanstandet, dass die „Friedrich“ fast zwei Monate bei Sasse auf der Werft bleiben musste. Vereinsfunktionär Jensen weiß noch, wie lang erst die Mängelliste des Prüfers und später die Rechnung für die Reparaturen war. Er spricht von mehreren 10.000 Euro, die damals in die Sanierung des Schiffes investiert wurden – und von einer großen Revision. Jetzt geht es um eine kleine, die mittlerweile fast abgeschlossen ist. Rund zwei Wochen ist die „Friedrich“ jetzt auf dem Trockenen. In dieser Woche soll sie wieder zu Wasser gelassen werden.

Zu sechst haben sie an dem Motorschiff gearbeitet: am Rumpf, der neue Bleche bekommen hat, wo die alten zu dünn geworden waren. An den Außenseiten, wo das Barkholz, das den Rumpf schützt, ausgetauscht wurde. Unter Deck, wo eine neue Pressluftleitung verlegt wurde. Nur in den Maschinenraum durften die Werftarbeiter nicht so ohne Weiteres, beziehungsweise: nicht ohne sich vorher anzukündigen. Der Raum ist nämlich Reinhard Siemers Raum – und die Maschine irgendwie seine Maschine. Siemer ist so etwas wie der Chefmaschinist der „Friedrich“.

Seit Jahren kümmert er sich um den Motor, vor allem darum, das er läuft. Der Rentner, 82, Brille, spitze Nase, war immer wieder mit seiner Mannschaft an Bord, wenn die Werftarbeiter es waren. Siemers Team besteht aus einem halben Dutzend Männern. Werftchef Sasse sagt, dass jeder von ihnen genau weiß, was zu tun ist, wenn die Maschine mal nicht das macht, was sie soll. Auch sie ist alt – so alt, dass man die Ventile und wie sie arbeiten auf dem Motorblock sehen kann. Und die Maschinisten sie alle zwei Stunden ölen müssen, damit der Antrieb wie geschmiert funktioniert.

Sasse sagt, dass die „Friedrich“ drinnen jetzt wieder in einem Top-Zustand ist. Und dass sie es auch bald draußen sein wird. Maler sind noch dabei, dem Motorschiff einen Komplettanstrich zu verpassen – vom Rumpf bis zum Oberdeck. Auch Ankerkette und Anker sind frisch geschwärzt worden. Für Vereinschef Jensen wird das Traditionsschiff später so aussehen, wie es 1880 aussah, als es vom Stapel lief. Mit einer Ausnahme: Das zweite Passagierdeck ist später dazugekommen. 1925 war das, als die „Friedrich“ zum Rundfahrtenschiff in den Freihäfen wurde.

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Eigentlich ist das Schiff kein Bremer Schiff. Jensen sagt, dass es gebaut wurde, um Hamburger Arbeiter von einem Elbufer zum anderen zu bringen. Im Winter brach es das Eis im Hafen. Knapp 40 Jahre später bekam die Fähre eine andere Route. Die Bremer Reederei Riedemann hatte sie gekauft. Die „Friedrich“ pendelte jahrzehntelang zwischen der Stadt und Vegesack hin und her. 1963 kam schließlich das Aus. Die Fährverbindung galt als unrentabel. Das Schiff kam an die Schlachte, wo auch heute sein Liegeplatz ist.

Und von wo es seit 1985 aus wieder auf Fahrt geht, nachdem es der Förderverein gekauft hat. Jensen sagt, dass es eine Rettung in letzter Sekunde war und die Sanierung ein Großprojekt. Anders als die jetzige Reparatur. Jensen geht davon aus, dass die Rechnung diesmal halb so hoch sein wird wie vor fünf Jahren. Die Papiere der ZSUK, die so etwas wie das TÜV-Siegel beim Auto sind, hat der Vereinschef schon vor einer Woche bekommen.

Info

Zur Sache

Der Verein und die Fahrten

Der Förderverein MS „Friedrich“ hat 400 Mitglieder. Die jüngsten Mitstreiter sind Mitte 40, die ältesten über 80 Jahre. Rund 20 Frauen und Männer kümmern sich darum, dass das Motorschiff auf Fahrt gehen kann. Es gibt mehrere Deckskräfte, Schiffsführer und Maschinisten. Wartungs- und Raparaturkosten werden durch Mitgliedsbeiträge, aber auch Spenden finanziert. Das Schiff wird für Vereinstouren genutzt, kann aber auch von Nichtmitgliedern gechartert werden. Im Vorjahr war es 30 mal auf Fahrt. Anfragen nimmt der Verein unter der Rufnummer 04 21 / 334 71 43 entgegen.

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