Als der große Moment gekommen war, stand das Handy von Maximilian Franzreb nicht mehr still. Von überall kamen die Glückwünsche zu seiner Nominierung für die an diesem Freitag beginnende Eishockey-Weltmeisterschaft in Finnland und Lettland. „Ich habe eine Menge Nachrichten beantwortet und musste mich erst einmal schlaumachen, ob meine Familie zur WM kommen kann“, erzählt der Torhüter der Fischtown Pinguins nach der Landung im finnischen Tampere, wo die deutsche Mannschaft gegen Schweden (Freitag, 19.20 Uhr, live auf Sport1) ins Turnier startet.
Franzrebs Sprung in den Kader von Bundestrainer Harold Kreis ist geradezu historisch: Erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten steht ein Spieler aus Bremerhaven im deutschen WM-Aufgebot, das gespickt ist mit den Stars der deutschen Topklubs sowie mit einigen Legionären aus Nordamerika.
Die Geschichte des Maxi Franzreb ist eine ganz besondere: Als junger, sehr talentierter Torhüter kam der heute 26-Jährige beim Spitzenklub Eisbären Berlin kaum zu Einsätzen, er wechselte deshalb in seine Heimat Bad Tölz in die zweite Liga und spielte dort sehr stark. Die Pinguins holten ihn 2021 an die Nordseeküste, wo sich Franzreb nun zu einem der besten Torhüter der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) entwickelte. „Meine Geschichte zeigt, dass man seine Träume nie aus den Augen verlieren sollte, auch wenn der Weg dahin nicht immer einfach ist“, sagt er nach der WM-Nominierung, „ich hatte immer das Ziel, das Nationaltrikot zu tragen. An meiner WM-Teilnahme sieht man, dass harte Arbeit im Eishockey belohnt wird. Das fühlt sich super an.“
Für Pinguins-Manager Alfred Prey, der Franzreb vor zwei Jahren aus Bad Tölz holte, ist die Nominierung des Torhüters „ein Meilenstein für das Bremerhavener Eishockey“. Man habe Franzreb diese Entwicklung immer zugetraut. In den Stolz mischt sich auch eine gewisse Genugtuung, als kleinster Verein der DEL nun solch ein Ausrufezeichen gesetzt zu haben: „Auch wir können Nationalspieler ausbilden, das ist jetzt klar. Maxi Franzreb hat einen fantastischen Job gemacht und sich die WM verdient. Diese Geschichte kann für uns in Zukunft ein großer Vorteil sein, wenn wir junge Spieler von einem Wechsel nach Bremerhaven überzeugen wollen.“
Franzreb will gerne ein Vorbild sein für junge Spieler. Sein Rat: Nicht bei den großen Klubs als Ersatzspieler versauern, sondern lieber den Umweg über einen kleinen Verein nehmen. „Mein Schritt zurück nach Bad Tölz war in Wahrheit ein großer Schritt nach vorne, weil ich dort in der zweiten Liga wieder Lust am Spielen bekommen habe und mich entwickeln konnte.“ Viel schneller als erwartet wurde er auch bei den Pinguins zum Stammtorhüter und zeigte in dieser Saison in der Hauptrunde und auch in den Play-offs gegen München überragende Leistungen. Diese Form bestätigte er bei seinen drei Spielen in der WM-Vorbereitung. So kam Nationaltrainer Kreis nicht an ihm vorbei. Franzrebs Vorteil: Alexander Sulzer arbeitet als Co-Trainer bei den Pinguins und im Nationalteam. „Er hat meine Entwicklung jeden Tag sehen können, da habe ich in jedem Training natürlich noch eine Schippe draufgelegt.“
Der Ehrgeiz des Pinguins-Torhüters ist ungebrochen. „Es war sicherlich schwer, es von einem kleinen Klub zur WM zu schaffen“, sagt er, „aber der Bundestrainer weiß jetzt, dass er mich ins Tor stellen kann, wenn er mich braucht.“ Seinen Torhüter-Konkurrenten Mathias Niederberger (EHC München) und Dustin Strahlmeier (Grizzlys Wolfsburg) will Franzreb „jetzt Feuer unterm Hintern machen“. Man verstehe sich gut und werde sich in jedem Training anstacheln. „Aber natürlich will jeder spielen.“

Starker Rückhalt: Maximilian Franzreb im deutschen Tor beim WM-Vorbereitungsspiel gegen Österreich.
Für Franzreb soll die Zeit beim Nationalteam der Anfang einer internationalen Karriere werden, das ist sein nächstes Ziel, auch wenn das Niveau auf dem Eis „hier noch einmal ganz anders ist in dieser Mannschaft mit vielen tollen Typen“, wie er erzählt. Franzreb betont: „Ich will mich hier dauerhaft etablieren. Eine Sportlerkarriere ist nicht unendlich. Wenn ich jetzt im Nationalteam dabei bin, dann will ich auch möglichst viel spielen. Sonst bräuchte ich den ganzen Aufwand nicht zu betreiben.“ Einen großen Traum hat er nämlich noch: Ein Wechsel ins Ausland, am liebsten in die USA. „Dazu muss man bei Weltmeisterschaften dabei sein“, weiß er.
Für zwei Saisons steht Franzreb noch in Bremerhaven unter Vertrag, so lange würde er auch gerne bleiben. „Ich fühle mich wohl bei den Pinguins und weiß es zu schätzen, dass dieser Verein an mich geglaubt und mich aus Bad Tölz geholt hat. Danach muss man dann sehen, was in Bremerhaven möglich ist und was passiert. Wenn ich mal die Chance bekäme, irgendwo ins Ausland zu gehen, dann würde ich das natürlich machen.“ Es dürfte schwer werden, ihn in Bremerhaven zu halten.
Vor zwei Jahren noch in der zweiten Liga, jetzt Publikumsliebling bei den Pinguins und im WM-Kader dabei: Dieses Bremerhavener Eishockey-Märchen bestärkt Franzreb darin, „dass es kein Limit gibt. Aber jetzt muss man auch mal den Moment leben: Ich bin froh, es zur WM geschafft zu haben und genieße hier jede Sekunde.“
Sechs weitere Spieler der Pinguins sind bei dieser WM dabei: Markus Vikingstad mit Norwegen, Christian Wejse und Niklas Andersen mit den Dänen sowie die Slowenen Jan Urbas, Ziga Jeglic und Miha Verlic.
Den größten Unterschied zu Bremerhaven hat Franzreb gleich nach der Landung in Tampere festgestellt: „Hier fegt kein Wind.“ Dafür fegt er nun im deutschen Nationaltrikot übers Eis.