Wer sich irgendwann in Bremen mal fürs Amateurboxen interessierte, kennt seinen Namen. Denn Heinz Bünger hat schon vor über einem halben Jahrhundert erfolgreich in Bremer Ringen gekämpft und ist immer noch dabei. Als ebenso erfolgreicher Boxtrainer und Abteilungsleiter des Polizei SV. Und das macht er nun auch schon seit 48 Jahren.
Man hört derzeit nicht viel von Bremer Boxtalenten. Das hat einen besonderen Grund. „Es gibt rund ein Dutzend Bremer Vereine mit etlichen Talenten. Aber wir starten alle in Kampfgemeinschaften mit niedersächsischen Klubs“, erläutert Heinz Bünger. Seine Polizei-Boxer treten bei Turnieren für den VfB Oldenburg an. Das wird wohl auch so bleiben. Denn vor rund zwei Jahrzehnten krachte es böse im Bremer Amateurboxverband. Die Bremer Vereine fühlten sich vom Bremerhavener Albert Fahlbusch als Verbandspräsidenten ungerecht und schlecht behandelt. Es gab keine Versöhnung. Seither findet der Bremer Amateurboxverband, dessen Vorsitzender Fahlbusch ist, praktisch ohne Bremer Vereine statt. Die traten alle aus und gingen Kooperationen mit Niedersachsen ein.
Doch man hat sich mit der Situation arrangiert. „Ich habe gerade wieder zwei Jungen im Finale der Niedersachsenmeisterschaft“, sagt Heinz Bünger. Einer davon ist Tayfun Durmus, ein austrainierter 16-Jähriger mit türkischen Wurzeln, der nach einigen Problemen in der Vergangenheit seit zwei Jahren wieder boxt und überzeugt sagt: „Heinz ist der beste Trainer der Welt.“ Bünger gibt die Komplimente zurück: „Apollo ist einer der Fleißigsten und Begabtesten bei uns.“ Er nennt ihn „Apollo“, denn Spitznamen sind bei den jungen Faustkämpfern an der Tagesordnung. So machen auch „Spider“ und „El Toro“ an diesem Abend das knallharte Trainingsprogramm Büngers mit. Mindestens dreimal die Woche stehen seine Aktiven auf der Matte in der Polizei-Sporthalle an der Volkmannstraße. Und es beeindruckt schon, wie schnell sie mit dem Springseil umgehen, Liegestütze absolvieren oder beim Schattenboxen agieren.
Es ist eine Multi-Kulti-Gesellschaft, die sich da allabendlich ab 18 Uhr zum Training trifft. „Ich habe mal durchgezählt, ich bin auf fast 40 Nationen gekommen“, sagt Spartenleiter Bünger über die rund 100 Mitglieder seiner Abteilung. Er kommt mit allen klar, vorausgesetzt, sie spuren. „Ich hatte mal zwei Libanesen, mit denen ging es nicht“, erinnert er sich. Und wer Bünger kennt, der weiß: Das hat er ihnen dann auch sehr deutlich klargemacht. „Bei mir macht keiner Krawall“, sagt er.
„Kantig“ nennt ihn Günter Heiser, der Geschäftsführer des Vereins. Doch er lässt nichts auf den immer noch athletischen 76-Jährigen kommen: „Er macht alles für seine Boxer.“
Angefangen hat Bünger beim Boxring Weyhe 46. Und weil er ein vielseitig begabter Sportler war, hat Heinz Bünger früher auch Handball gespielt und war einige Male Landesmeister im Kanufahren.
Doch mit seinem Wechsel zum Polizei SV hatte er seinen Sport gefunden, er war privat und beruflich vor Anker gegangen. Denn Heinz Bünger war auch 40 Jahre lang als Polizeibeamter im Dienst, im ersten Jahrzehnt als Streifenbeamter im Waller Hafenviertel. „Da war es ganz gut, dass ich mich auch zu wehren wusste, wenn es Ärger gab.“
Doch er war kein Schläger, weder im Dienst noch im Ring. „Ich war ein Defensiv- und Konterboxer“, sagt er. Das hat ihm immerhin 80 Siege in 138 Kämpfen eingebracht, nur 38 Mal ging er als Verlierer aus dem Ring. Sein vergilbtes Kampfbuch, das er vorzeigt, weist auch drei K.-o.-Niederlagen aus, doch Bünger klärt auf: „Einmal war in Ordnung, zweimal habe ich wegen Tiefschlags markiert, weil ich dachte, der Gegner wird disqualifiziert.“
Er hat es zu zwei deutschen Vizemeisterschaften bei der Polizei gebracht, allerdings gab es im eigenen Verein einen, der noch stärker war: Peter Gerber, einige Jahre jünger und einst Vize-Europameister im Halbschwergewicht. Anfangs hat auch Gerber noch als Trainer im Verein gearbeitet, beide machten Albert Schweigert zum zweifachen deutschen Meister.
Doch Gerber ging, machte bei der Polizei Karriere, Bünger blieb Trainer. Und will es trotz seines fortgeschrittenen Alters bleiben. „Was soll ich sonst machen?“, fragt er. Eine Antwort erwartet er nicht.
Vor einigen Tagen fuhr er zum Bodensee, ehrenhalber eingeladen zu einem Box-Länderkampf. Denn die goldene Ehrennadel des Deutschen Verbandes hat Heinz Bünger natürlich auch.