Ein starker Torwart Roman Weidenfeller und Doppeltorschütze Marco Reus haben die Borussia gestern Abend lange auf das Wunder von Dortmund hoffen lassen. Am Ende aber zog Real Madrid dank des 3:0-Erfolgs aus dem Hinspiel ins Halbfinale der Champions League ein.
Kurz vor dem Halbzeitpfiff kam Henrich Mchitarjan angerauscht und räumte den Spieler an der Seitenlinie mit allem was er hatte ab. Freistoß gab es nicht, es war der eigene. Manuel Friedrich hinkte davon und winkte dem Kollegen zu. Alles kein Problem, so voller Adrenalin, wie sich Borussia Dortmund an diesem Abend präsentierte. Angepeitscht vom frenetischen Publikum gab der BVB Gas, kein Weg zu weit, kein Zweikampf zu schmerzhaft. Am Ende von 90 packenden Minuten hat es nicht ganz gereicht, obwohl die Borussia vor 65 829 Besuchern im ausverkauften Dortmunder Stadion beim Rückspiel im Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid mit 2:0 (2:0) gewann und einen heldenhaften Kampf lieferte. Es war ein packendes Spiel der Westfalen, dem die Krönung verwehrt blieb.
Den ersten herben Rückschlag schien es eine dreiviertel Stunde vor Spielbeginn zu geben, als die Aufstellung bekannt wurde: Der BVB begann mit Manuel Friedrich und Oliver Kirch in der Startformation, Sokratis und Nuri Sahin rückten auf die Bank. Beim angeschlagenen Sahin war das nachvollziehbar, beim in den letzten Wochen so starken Sokratis verwunderte die Begründung von Jürgen Klopp: „Er brauchte eine Pause, die haben wir ihm heute verordnet.“ Alle, die mutmaßten, der Trainer schenke ab, mussten Abbitte leisten. Beide hauten sich voll rein und spielten stark.
Auch die Königlichen mussten umstellen: Weltfußballer Cristiano Ronaldo blieb ebenfalls draußen, für ihn kam Di Maria ins Team. Real Madrid stand von der ersten Minute an extrem tief, der große Respekt vor dem Gegner und der tosenden Kulisse war den Spaniern deutlich anzumerken. Das weiße Ballett setzte auf hohe Bälle und vereinzelte Konter. Viel war das nicht, und dennoch hätte die Mannschaft von Carlo Ancelotti in Führung gehen können: Contrao schoss Pisczczek an, doch den folgenden Handelfmeter von Di Maria parierte Weidenfeller. Das Stadion tobte, der BVB lief heiß: Mchitarjan hätte in der 19. Minuten aus acht Metern treffen müssen, schoss aber aus acht Metern vorbei. Und dann kam die Zeit von Marco Reus: Zuerst spekulierte er bei einem Kopfball-Rückpass von Pepe genau richtig, stahl den Ball und schob zur Führung ein (24. Minute). Zwölf Minuten später war der Stürmer wieder zur Stelle, als Lewandowskis Flachschuss vom Pfosten zurücksprang und traf zum 2:0.
Unglaublich, die ersatzgeschwächte Borussia war drauf und dran, die 0:3-Schlappe aus dem Estadio Santiago Bernabeu noch ausbügeln. Hummels hätte das Resultat noch vor dem Seitenwechsel egalisieren können, seinen Kopfball nach Reus-Freistoß hielt Casillas glänzend. Madrid taumelte, die Königlichen waren jetzt voll angezählt. Ramos und Xabi Alonso sahen für rüde Attacken gelb.
Die Dortmunder hatten ihren Kontrahenten mit ihrem aufopferungsvollen Stil da, wo sie ihn haben wollten. Allerdings löste sich Madrid nach dem Seitenwechsel ein wenig aus der Umklammerung und machte sich auf, seiner Favoritenrolle zumindest ansatzweise gerecht zu werden. Bale hatte zwei gute Chancen, als Benzema vollenden wollte, rettete Hummels mit einem tollkühnen Tackling.
Und dann ging die Post wieder in die andere Richtung ab: Mchitarjan hätte sich zum Helden schießen können, schob den Ball allerdings zuerst frei stehend an den Pfosten, um dann aus bester Position Casillas anzuschießen. Es war erst einmal die letzte Chance. Der BVB hatte bei seinem Sturmlauf viel Kraft gelassen, den Angriffsbemühungen fehlte nun die Präzision. Klopp spürte das und brachte zehn Minuten vor Schluss mit Aubameyang einen weiteren Offensivmann. Doch auch der konnte nichts mehr machen, die Borussia hatte sich komplett verausgabt.