Nächster Schock nach den Terrorangriffen von Paris: Das Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover wird kurzfristig abgesagt.
Die Absage geht nach Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf Hinweise auf eine Gefährdung zurück. Der Minister sagte am Dienstagabend bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Hannover, die Maßnahme sei auf seine Empfehlung hin erfolgt.
Die Hinweise auf eine Gefährdung hätten sich im Laufe des frühen Abends so verdichtet, dass sich die Sicherheitsbehörden des Bundes nach Abwägung der Vor- und Nachteile entschieden hätten, das Spiel abzusagen, sagte de Maizière.
Nach Angaben des niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) gab es in Hannover keine Festnahmen. Es sei auch kein Sprengstoff gefunden worden. Gerüchte, Sprengstoff sei in einem Krankenwagen deponiert worden, ließen "sich bislang nicht bestätigen".
De Maizière betonte, er wolle sich nicht näher zu den Umständen für die Absage des Länderspiels in Hannover äußern. Er bitte um Verständnis, dass er auf die Quelle für die Warnung und das Ausmaß der Gefährdung nicht weiter eingehen wolle. Auf Fragen zu den Hintergründen und Gründen der Absage wollte er nicht eingehen: "Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern."
"Konkrete Hinweise" auf Sprengstoff-Attentat
"Wir alle hatten uns auf das Spiel gefreut", sagte de Maizière weiter. Es habe eine besondere Geste sein sollen. "Umso bitterer ist eine solche Entscheidung, und umso schwerer ist sie uns gefallen." Der Innenminister fügte hinzu: "Aber in einer solch schwierigen Lage hat im Zweifel der Schutz der Menschen Vorrang. Diesem Zweifel sind wir deswegen heute gefolgt."
"Wir haben konkrete Hinweise gehabt, dass jemand im Stadion einen Sprengsatz zünden wollte", sagte Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe der Deutschen Presse-Agentur am Dienstagabend. Es habe entsprechende Hinweise auf einen Anschlag gegeben, der von islamistischen Gefährdern geplant gewesen sei. Dieser soll von einem ausländischen Geheimdienst gekommen sein.

Polizisten sichern das Stadion nach der Absage.
Nach Informationen der "Bild"-Zeitung (Online) erhielten die Sicherheitsbehörden vor der Absage mehrere Hinweise auf Anschlagspläne. Zunächst habe es Anzeichen gegeben, dass eine Gruppe um einen namentlich bekannten Nordafrikaner einen Anschlag planen könne. Es sei konkret von Sprengmitteln, Sprengstoffgürteln, automatischen Waffen und Sprengsätzen an den Zufahrtswegen die Rede gewesen. Dann habe der französische Geheimdienst auf einen irakischen Schläfer hingewiesen, der einen Anschlag auf das Freundschaftsspiel geplant haben solle.
In der ARD sagte der Polizeipräsident, nachdem um 18.45 Uhr die Tore für die Besucher geöffnet worden seien, habe es einen ernstzunehmenden Hinweis gegeben. "Wir haben uns sehr schnell entschlossen, nicht weitere Menschen einzulassen", sagte Kluwe. "Sowohl die Mannschaften befinden sich in Sicherheit als auch die Offiziellen." Der Polizeichef riet den Menschen, nach Hause zu gehen und sich ruhig zu verhalten. "Es gibt keine konkreten Gefährdungslagen für die Anwohner in der Nähe des Stadions", sagte er.
>> "Das Licht muss weiter brennen" - Kommentar zur Spielabsage <<
Das Freundschaftsspiel stand wegen der Pariser Terroranschläge vom Freitag unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen, hatte aber als Zeichen gegen den Terror stattfinden sollen. Zum Zeitpunkt der Absage des Spiels gegen 19.15 Uhr waren kaum Zuschauer im Stadion. Sie wurden per Lautsprecher aufgefordert, den Stadionbereich zu verlassen. Unser Sportchef Marc Hagedorn ist am Stadion vor Ort und twitterte seine ersten Eindrücke. Wie alle anwesenden Journalisten und Besucher musste auch er das Stadion umgehend verlassen. Hier ist sein Bericht über den Abend.
Deutsche Mannschaft in Sicherheit gebracht
Die deutsche Nationalmannschaft war zum Zeitpunkt der Absage noch nicht im Stadion. Der Deutsche Fußball-Bund machte danach keine Angaben, wo das Team hingebracht wurde. Die Mannschaft war von ihrem Quartier in Barsinghausen aus zum Stadion gefahren.
Zu dem Spiel waren auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und mehrere Bundesminister erwartet worden. Zum Zeitpunkt der Absage des Spiels um 19.14 Uhr waren erst wenige Zuschauer im Stadion. Sie wurden per Lautsprecher aufgefordert, den Stadionbereich zu verlassen. Die Menschen wurden langsam aus dem Stadion geführt, es habe keine Panik gegeben, sagte ein Augenzeuge.
Nach der Absage kommt es im U-Bahn-Verkehr in der Landdeshauptstadt zu Einschränkungen. Derzeit fahren zwar noch alle Linien, an einigen Haltestellen in der Innenstadt hielten die Bahnen aber nicht mehr. Dies sei auf Wunsch der Polizei angeordnet worden, sagte der Sprecher der Nahverkehrsbetriebe.
Vorfall schon am späten Nachmittag
Knapp eine Stunde vor der Absage war nach dem Fund eines verdächtigen Gegenstands vor dem Stadion zunächst Entwarnung gegeben worden. Um was es sich genau handelte, wollte eine Sprecherin der Polizei nicht sagen. Nach übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien soll ein herrenloser Koffer die Aufregung verursacht haben. Der Bereich rund um das Stadion war kurzfristig abgesperrt worden.
Alles sehr ruhig und geordnet am Stadion. Trotzdem mulmiges Gefühl. #GERNED
— Marc Hagedorn (@marc_hagedorn) 17. November 2015Kein Länderspiel. Abgesagt. Ich stehe am Presseeingang. Menschen verlassen das Stadion. Keiner kommt mehr rein. #GERNED
— Marc Hagedorn (@marc_hagedorn) 17. November 2015Polizist schreit mich an: Los, gehen Sie zu Ihrem Auto. Das ist kein Spaß hier. Reisen Sie ab. #GERNED
— Marc Hagedorn (@marc_hagedorn) 17. November 2015