Dieses Thema bringt alles mit, um für erhöhten Puls zu sorgen: Die Vereine der Fußball-Bundesliga haben sich für den Einstieg eines Investors geöffnet, bis zu eine Milliarde Euro soll dadurch in die Kassen fließen. Vielerorts protestieren die Fans dagegen. Investor, Milliarden und Proteste – was nach historischen Vorgängen im deutschen Fußball klingt, ist die großen Schlagzeilen aber eigentlich nicht wert.
Denn spürbare Auswirkungen wird der deutsche Fußballfan weder im Stadion noch vor dem Bildschirm bemerken. Die Bundesliga wird dadurch keinen Namensgeber bekommen wie „Wohninvest-Bundesliga“ oder „Adidas-Liga“ – was in vielen europäische Ligen längst normal ist und auch in Deutschland bevorsteht, war hier gar nicht das Thema. Es werden nun auch keine Superstars wie Leo Messi oder Cristiano Ronaldo für absurde Summen im deutschen Fußball anheuern. Auch die Anstoßzeiten sollen sich nicht ändern.
Stattdessen wählten die Vereine ein Modell, um sich auf einen Schlag viel Geld zu leihen. Vom wem, ist noch unklar. Bisher wurde nur entschieden, dass die Liga-Bosse mit Geldgebern verhandeln dürfen. Das Geschäftsmodell soll so aussehen, dass eine Investorengruppe zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro zahlt und die Vereine im Gegenzug 20 Jahre lang auf etwa acht Prozent ihrer Einnahmen aus Medienrechten verzichten. Im Prinzip ist das so, als würde ein Arbeitnehmer von seinem Chef eine Einmalzahlung von, zum Beispiel, 80.000 Euro verlangen – und im Gegenzug 20 Jahre lang auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten. Kein Wunder also, dass mehrere Vereine das Modell kritisch sahen und hinterfragten, ob man dieses Geld nicht aus laufenden Einnahmen oder anderen Finanzierungen hätte nehmen können.
Die Abstimmung fiel äußerst knapp aus, bei zehn Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen wurde die Zweidrittel-Mehrheit unter den 36 Vereinen der ersten und zweiten Liga nur hauchdünn erreicht. Das zeugt von der Zerrissenheit der Liga in wirtschaftlichen Fragen – ein immer größer werdendes Problem: Die eher international agierenden Vereine wie Bayern München oder Borussia Dortmund sehen sich im europäischen Wettbewerb unter Druck, nachdem die englische Premier League zuletzt einen Rekordvertrag mit den Sendern abschloss, der den dortigen Klubs knapp zwei Milliarden Euro jährlich beschert.
Ein deutscher Zweitligist hingegen hat mit solchen Wettbewerbs-Sorgen nichts zu tun, auch Vereine wie Werder Bremen haben andere Probleme. Einige dieser Klubs, auch Werder, stimmten aus schlichteren Gründen für einen Investoren-Einstieg: Denn mit dem so beschafften Geld sollen überfällige Investitionen der Liga in Digitalisierung und Internationalisierung getätigt werden, ohne dafür heute selbst Geld zahlen zu müssen. Das Ziel ist klar definiert: Neue Formate für jüngere Zielgruppen entwickeln und für ausländische Märkte individuellere Medienangebote schaffen. Allein dafür sind 600 Millionen Euro vorgesehen. Ein großer Millionenbetrag soll die Mindereinnahmen der Vereine durch dieses Geschäftsmodell etwas abmildern. Der Rest wird an die Klubs gehen, die in den nächsten Jahren auf andere Kontinente reisen, um für die Bundesliga zu werben. Der heimische Fan käme mit alledem nicht in Berührung.
Ob das Reisen in andere Länder wirklich Vorteile bringt, ist umstritten. Nur weil Werder mal ein Trainingslager in Südafrika gemacht hat, schaut dort keiner die Bundesliga oder kauft einen Werder-Schal. Im Ausland sind primär die besten Vereine der Champions League interessant, und das ist aus Deutschland der FC Bayern und weit dahinter Borussia Dortmund. Die übrigen Bundesligaklubs spielen auf anderen Kontinenten kaum eine Rolle.
Sportlicher Erfolg in der Champions League würde die Einnahmen der Liga also nachhaltiger erhöhen – doch so lange sich reiche Scheichs und arabische Staaten hier mit Vereinen schmücken dürfen wie Paris St. Germain oder Manchester City, wird das aus deutscher Sicht immer aussichtsloser. Wofür betreibt die Bundesliga also den Kraftakt? Für ihre Fans in Deutschland jedenfalls nicht, das steht mal wieder fest. Wie schon in der Pandemie, als die Vereine einfach ohne Zuschauer weitermachten, wurden auch jetzt die deutlich vernehmbaren Bedenken und Proteste der Fans ignoriert.