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Krise des FC Bayern Wer hat den Mut, es Oliver Kahn zu sagen?

Die Krise des FC Bayern ist nicht gut für den deutschen Fußball. Die Münchner bekommen die Quittung für ihre vielen Management-Fehler. Das Lebenswerk von Hoeneß & Co. ist ramponiert, meint Jean-Julien Beer.
20.04.2023, 17:38 Uhr
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Wer hat den Mut, es Oliver Kahn zu sagen?
Von Jean-Julien Beer

Heftige Turbulenzen beim FC Bayern wirken sich schnell auf die Gesamtwetterlage im deutschen Fußball aus. Der Rekordmeister ist das Aushängeschild der Bundesliga in aller Welt und stellt die halbe Nationalmannschaft. Wenn sich dieser Verein dermaßen erfolglos und planlos präsentiert wie in den vergangenen Wochen, erschüttert das sofort auch die Bemühungen der Bundesliga um ein besseres Ansehen und eine lukrativere Auslandsvermarktung.

Die übliche Häme sei den Nicht-Bayern-Fans zwar zugestanden, aber eigentlich muss man – neben den Sorgen um den Ruf des deutschen Fußballs – fast schon Mitleid haben: Denn dieser FC Bayern, über Jahrzehnte ein Vorzeigeklub, gibt ein besorgniserregendes Bild ab.

Nach dem Aus in der Champions League gegen Manchester City und dem Ausscheiden im DFB-Pokal gegen Freiburg steht der FC Bayern sportlich, personell und wirtschaftlich vor einem Scherbenhaufen, den er mit erstaunlicher Ungeschicktheit selbst verursacht hat. Deutscher Meister kann der Verein zwar noch werden, wenn Borussia Dortmund weiter so schwächelt. Aber mal ehrlich: Sollen sie sich in München dann freuen, mit der teuersten Mannschaft der Liga knapp die Meisterschale gewonnen zu haben? Auch dieses Ziel noch zu verfehlen, wäre angesichts der Millionen-Ausgaben eine historische Fehlleistung.

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Es ist erst drei Jahre her, dass die Münchner mit spektakulärem Fußball unter Trainer Hansi Flick den europäischen Fußball dominierten und die Champions League sowie den Weltpokal gewannen. Seither ist dieser FC Bayern im Rekordtempo zerbröselt. Erst hatte Flick die Nase voll von den Scharmützeln mit dem irritierend auftretenden Sportvorstand Hasan Salihamidzic; der heutige Bundestrainer reiht sich damit übrigens in eine Schlange von angenehmen Menschen ein, die sich in diesem Betriebsklima nicht mehr wohlfühlten.

Dann verweigerte man dem wichtigen Abwehrchef David Alaba den Aufstieg zum Spitzenverdiener – heute ist er Stammspieler bei Real Madrid. Prompt verging auch Weltfußballer Robert Lewandowski die Lust auf Bayern. Ihrem unerfahrenen, aber teuren Trainer Julian Nagelsmann zu glauben, man könne auch ohne den besten Mittelstürmer der Welt erfolgreich sein, war ein grober Fehler der Vereinsführung um Vorstandschef Oliver Kahn. Lewandowskis Tore fehlen schmerzhaft. Gleichzeitig wurden für die Abwehr Spieler gekauft, die auf internationalem Topniveau nicht mithalten.

Auch der Trainerwechsel von Nagelsmann zu Thomas Tuchel hatte so chaotische Züge, dass sogar eingefleischte Bayern-Fans begannen, sich für die Vereinsführung zu schämen – ein Vorgehen, das in München nach den peinlichen Diskussionen um das Katar-Sponsoring aber gelernt ist.

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Die Bilanz der neuen Vereinsführung mit Kahn, dem Präsidenten Herbert Hainer und dem Sportvorstand Salihamidzic ist ernüchternd. Das mühevoll aufgebaute Lebenswerk der Bayern-Größen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge wirkt nur zwei Jahre nach ihrem Rückzug ramponiert. Die Diskussion um einen personellen Neuanfang an der Vereinsspitze ist deshalb nicht nur angebracht, sondern überfällig.

Der Weltklasse-Torhüter Kahn forderte in früheren Krisenzeiten: „Eier, wir brauchen Eier!“ Um dieses historische Bayern-Zitat aufzugreifen: Jetzt bräuchte es einen Mutigen, der Kahn klarmacht, dass man einen Branchenriesen wie Bayern München nicht mit visionären Powerpoint-Präsentationen und Arbeitskreisen führen kann, sondern nur durch professionelles Management und ein gutes Betriebsklima.

Die Auswirkungen der Münchner Fehlplanungen sind im Großen wie im Kleinen spürbar. Nach Dortmund, Leipzig, Leverkusen und Frankfurt ist auch der fünfte und letzte Bundesligist in der Champions League gescheitert. Ein Jahr vor der Europameisterschaft im eigenen Land ist das für den deutschen Fußball eine alarmierende Bilanz. Dass der Bundesliga-Toptorschütze Niclas Füllkrug heißt und bei Werder spielt, ist zwar schön für Bremen – aber zugleich ein Beleg für die fehlerhafte Arbeit der Bayern. Zu Lewandowskis Zeiten wäre das undenkbar gewesen.

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