Whistler. Tino Käßner ist Radsportler, deutscher Meister auf der Bahn - und in Deutschland im weitesten Sinne ein Einzelkämpfer. Der 35-jährige gebürtige Sachse mit Wohnort Murnau in Bayern ist ein Kriegsversehrter, der den Weg zurück in den Sport gefunden hat.
Durch einen Sprengstoffanschlag in Afghanistan verlor er den rechten Unterschenkel - und strebt nun einen Start bei den Paralympics 2012 in London an. In Deutschland gibt es offiziell kein Programm, um die Geschädigten aus Kampfhandlungen mit der paralympischen Bewegung zusammenzubringen. Anders sieht es in anderen Nationen aus. Die USA, Großbritannien und Kanada kümmern sich intensiver um die Soldaten, die mit Verletzungen oder Verstümmelungen aus Afghanistan, dem Irak oder anderen Regionen zurückkehren.
Im Team der USA bei den Winter-Paralympics stehen in Andy Soule, dem Bronzemedaillen-Gewinner im Biathlon, Fahnenträger Heath Calhoun (Ski alpin) sowie weiteren drei Sportlern gleich fünf Athleten, die im Krieg verletzt wurden. Nach derzeitigen Schätzungen wird jeder siebte Paralympics-Teilnehmer im US-Team 2012 durch einen Krieg versehrt sein. Offizielle Zahlen über die Anzahl von Kriegsopfern, die bei Paralympics starten, gibt es beim Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) nicht. Aus dem kanadischen «SoldierOn»-Programm hat es der nach einem Fallschirmunfall gelähmte Ruderer Steve Daniel zum Paralympics-Start in Peking gebracht.
Die USA werden im Mai ihre ersten «Warrior Games» (Krieger-Spiele) mit erwarteten 200 Teilnehmern in den Sportarten Schießen, Schwimmen, Bogenschießen, Volleyball, Radsport, Leichtathletik und Basketball geben. Für die Tageszeitung «Vancouver Sun» ist dies eine «unheimliche Rückkehr zu den Wurzeln der Spiele». Denn 1948 hatte es, initiiert durch Ludwig Guttman, in Stoke Mandeville (England) mit Veteranen des Zweiten Weltkriegs die Kriegsversehrten-Spiele als Paralympics-Vorläufer gegeben. (dpa)