Sie ist ein Mikrokosmos in der Stadt, ein Teil Delmenhorsts, der da ist, aber irgendwie auch nicht – einfach schwer zu fassen: die Delmetal-Kaserne. Ihr Anschein einer fremdartigen Welt hat natürlich zum einen an ihrer Unzugänglichkeit für Zivilisten und zum anderen mit den eigenen Regeln, die dort herrschen, zu tun. Im alltäglichen Leben der meisten Delmenhorster kommt die Bundeswehr nicht vor. Gleichzeitig hat die Stationierung von Soldaten in Delmenhorst eine lange Geschichte, die den Einwohnern nicht nur im Zuge von öffentlichen Gelöbnissen gewahr wird, sondern auch dann, wenn zwischen Militärkosmos und Zivilgesellschaft Schnittmengen entstehen. Seit 65 Jahren ist Delmenhorst nun ein Bundeswehrstandort. "Seit heute Soldaten in Adelheide – Gestern Höflichkeitsbesuch der Kommandeure im Rathaus" titelte am 25. September 1956 die Delmenhorster Zeitung.
Die Militärgeschichte in der Stadt reicht allerdings noch viel weiter zurück: Um das Jahr 1250 herum kam im Zuge des Baus der Delmeburg erstmalig Militär nach Delmenhorst – wenngleich die Truppenstärke zwischen "nur" 20 und 90 Mann schwankte. Mit dem Abbruch der Burg verschwand auch die Garnison wieder. Erst 1915, im Ersten Weltkrieg, wurde ein Landsturm-Ersatzbataillon von Hannover nach Delmenhorst verlegt. Eine Kaserne wurde allerdings erst in den Jahren 1934/1935 unter der Herrschaft der Nationalsozialisten an der Wildeshauser Straße errichtet und nach dem Militär- und Polizeioffizier Walter Caspari benannt. 1935 begann auch in Adelheide ein Bauprojekt. Ein Militärflugplatz wurde errichtet. Die dazugehörigen Unterkünfte wurden nach dem Jagdflieger Oswald Boelcke als Boelcke-Kaserne benannt. Auf der Großen Höhe entstand der Truppenübungsplatz Große Höhe.
Nach dem Zweiten Weltkrieg brachten die britischen Alliierten ihre Artillerie-Regimenter in der Caspari-Kaserne, auf dem Fliegerhorst-Gelände und in einer neuen Anlage in Adelheide, den St-Barbara-Barracks, unter. Nachdem die noch junge Bundesrepublik 1955 die Bundeswehr gegründet hatte, zog die erste Einheit 1956 in die Adelheider Kaserne ein. Zehn Jahre später wurde die ehemalige Fliegerhorstkaserne, die Boelcke-Kaserne, nach dem Flugpionier Otto Lilienthal in Lilienthal-Kaserne umbenannt. 1970 wurde sie noch einmal umbenannt, wechselte dabei aber nur unwesentlich ihren Namen: Aus ihr wurde die Feldwebel-Lilienthal-Kaserne – nach dem Wehrmachtsfeldwebel Diedrich Lilienthal. Die einstigen Barabara-Barracks wurden 1972 durch Neubauten ersetzt und in Barbara-Kaserne umbenannt. Nachdem 1994 die letzten Truppenteile aus der Caspari-Kaserne abgezogen waren, wurde das Gelände im Jahr 2000 abgerissen.
Eigentlich hatte die Bundeswehr geplant, bis zum Jahr 2010 den Bundeswehrstandort Delmenhorst aufzulösen. Doch nach Widerstand änderte sie den Plan: Delmenhorst sollte als Standort langfristig erhalten bleiben. 2020 wurde neben dem Logistikbataillon 161 sogar ein neues Bataillon am Standort in Dienst gestellt: das Logistikbataillon 163 RSOM. Das Bataillon ist auf die Unterstützung von Einsätzen im Rahmen der Nato ausgerichtet. Seit 2021 heißt der Standort in Adelheide Delmetal-Kaserne. Einer ist über den Zuwachs an Soldaten besonders erleichtert: "Das war dramatisch, als zur Diskussion stand, den Standort zu schließen", erinnert sich Noch-Oberbürgermeister Axel Jahnz. "Die Bundeswehr in Delmenhorst hat eine ganz große Bedeutung. Sie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Und das hat auch etwas mit Identifikation zu tun", sagt er.
Jahnz selbst komme aus einer Bundeswehrfamilie. "Die ehemalige Barbara-Kaserne kenne ich noch aus dem Effeff. Als Kind war ich im Bundeswehrbad schwimmen", erinnert er sich und erzählt weiter: "Es wurden auch viele Bundeswehrsiedlungen geschaffen – ob nun Mozart-, Haydn- oder Franz-Schubert-Straße, das waren alles Bundeswehrwohnungen. Sogar die Schulen wurden danach ausgerichtet. Die Kindergärten hatten ebenfalls Belegungszahlen für die Bundeswehr. "Das macht ihre Bedeutung immens", so Jahnz. Er habe immer den regen Kontakt mit dem jeweiligen Standortältesten gepflegt. Vor allem in der Flüchtlingskrise habe die Bundeswehr maßgebliche und großartige Unterstützung geleistet. Aber auch während der Corona-Pandemie leistete die Bundeswehr Amtshilfe.
Und es gibt weitere Schnittmengen mit der Zivilgesellschaft. So stellt die Bundeswehr den Sportvereinen ihre Sportanlagen zur Mitnutzung zur Verfügung. Jeden Sonnabend vor dem Volkstrauertag findet eine gemeinsame Auftaktsammlung im Stadtzentrum mit Führungspersonal der Kaserne und Ratsmitgliedern statt. In der Woche nach dem Volkstrauertag widmen sich die Soldaten der Haus- und Straßensammlung. Der Standortälteste lädt gemeinsam mit dem Sektionsleiter Delmenhorst der Gesellschaft für Sicherheitspolitik regelmäßig zu sicherheitspolitischen Vorträgen im Haus Adelheide ein. Am "Tag der Helfer" präsentiert sich auch immer wieder die Bundeswehr gemeinsam mit der örtlichen "Blaulichtfraktion". Und nicht zuletzt finden mindestens einmal im Jahr – wenn nicht gerade eine Pandemie die Welt beherrscht – die öffentlichen Gelöbnisse statt.