Der russische Überfall auf die Ukraine jährt sich an diesem Sonnabend zum zweiten Mal. Und ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht. An die täglichen Bilder im Fernsehen haben sich viele Menschen inzwischen gewöhnt. Das geht auch dem Wildeshauser Musiker und Komponisten Björn Alfers nicht viel anders. Als der Krieg ausbrach, sei dies ein Schock für ihn gewesen. Dass er in seinem Alter von nunmehr 63 Jahren so etwas noch erleben muss, hätte er nicht gedacht. "Das ist alles so verrückt", sagt Alfers auch mit Blick auf den Konflikt im Gaza-Streifen. Gegen den Krieg tun kann der Wildeshauser nicht viel. Als Musiker bleibe ihm nichts weiter, als ein musikalisches Statement zu setzen. Und das hat er getan. Gemeinsam mit vier alten Weggefährten aus Wildeshausen sowie der Osnabrücker Sängerin Miss Etti Galore nahm er als Bann Zero & the Fanheaters den 50 Jahre alten Anti-Kriegs-Song "Leaders", den die Delmenhorster Band Percewood's Onagram um Bandleader Wolfgang Michels 1974 auf ihrem Album "Ameurope" veröffentlichte, und interpretierte ihn neu.
Wolfgang Michels – 1951 in Delmenhorst geboren – machte sich als Musiker, Sänger, Gitarrist, Komponist, Texter und Produzent nicht nur in Deutschland, sondern auch in England und den USA einen Namen. Er arbeitete unter anderem mit den amerikanischen Künstlern John Hartford und Jack Hardy sowie mit der Berliner Band Ton-Steine-Scherben, Short Romans und Das-dritte-Ohr zusammen. Er hatte Erfolge mit Songs wie "Dancing on the edge of life" oder "Bring me water". In dem 1974 veröffentlichen Stück "Leaders" hatte Michels seiner Haltung zum Krieg Ausdruck verliehen. Er richtet darin einen Appell an die Führer der Welt, die Zeiten des Krieges hinter sich zu lassen. "No war no more", wie es in dem Song heißt.
Persönlicher Kontakt
Björn Alfers kannte Michels persönlich: "Meine Schwester ging in Delmenhorst zur Schule und war mit ihm befreundet." Als Michels mit seiner damaligen Band Percewood's Onagram 1973 in Wildeshausen spielte, nahm sie ihren kleinen Bruder mit. "Das war das erste Rockkonzert meines Lebens", erzählt Alfers. Die Bandmitglieder – allen voran Michels – seien damals "local heros" gewesen. Etwa vier Jahrzehnte später habe er Wolfgang Michels dann bei einem kleinen Konzert in Hamburg wieder getroffen. "Danach haben wir gemailt und telefoniert", erzählt der Wildeshauser Musiker und Komponist. Die Überlegung kam auf, gemeinsam einen Song zu machen. "Vor etwa zehn Jahren habe ich dann eine Neufassung von 'Leaders' geplant", sagt Alfers. Wolfgang Michels habe diese neue Version gekannt – und gemocht. "Er wollte sie mit mir neu aufnehmen", berichtet der Wildeshauser. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. 2017 starb Michels im Alter von 66 Jahren in Hamburg.
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Als der Krieg in der Ukraine ausbrach, keimte in Björn Alfers der Gedanke, dieses Projekt nun endlich zu Ende zu bringen. Und das tat er – gemeinsam mit vier alten Weggefährten aus Wildeshausen sowie der Sängerin Miss Etti Galore. Textlich hat er gegenüber dem Original keine Änderungen vorgenommen. "Das wäre ein Sakrileg gewesen", so Alfers. Lediglich gekürzt habe er den Song, der im Original mit fast sieben Minuten sehr lang gewesen sei. Das war laut Alfers auch im Sinne von Michels. Außerdem sei die neue Version schneller als das Original. "Sie klingt moderner", findet der Wildeshauser Musiker. Einen Hit habe er mit dem neu aufgelegten Lied nicht landen wollen. "Mir geht es nicht darum, im Radio zu laufen", so Alfers. Vielmehr sollte es ein Zeichen gegen den Krieg sein.
Dieses Zeichen ist auch in dem dazugehörigen Musikvideo zu sehen. Laut Alfers ist "Leaders" zwar "ein genereller Anti-Kriegs-Song". Doch der Bezug zur Ukraine ist nicht zu übersehen. Mal vordergründig in Form einer Friedenstaube oder eines Peace-Zeichens, mal hintergründig in der Kleidung der Protagonisten tauchen immer wieder die Farben der Ukraine auf: weizenfeldgelb und himmelblau. Auch ein Bild vom Tor des Delmenhorster Friedhofs an der Wildeshauser Straße, das als Intro in dem Musikvideo auftaucht, ist in diese Farben getaucht. "Dieses Friedhofstor ist auch auf der Albumrückseite von 1974 abgebildet", verrät Alfers die Bedeutung des Bildes. Für ihn ist der Friedhof einerseits ein Symbol für Kriegstote. "Andererseits ist es ein positives, irgendwie Hoffnung vermittelndes Bild", meint der Wildeshauser.