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Legalisierung von Cannabis Geteiltes Echo auf Ampel-Pläne

Die Ampel-Koalition will den Verkauf von Cannabis legalisieren: Die Meinungen gehen bei der Delmenhorster Polizei, Politik, dem Amtsgericht und einem Apotheker aus Ganderkesee auseinander.
08.12.2021, 16:17 Uhr
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Geteiltes Echo auf Ampel-Pläne
Von Desiree Bertram

Der Deutsche Bundestag hat Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch zum Bundeskanzler gewählt. Damit kann die neue Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP nun anfangen, ihre Vorhaben umzusetzen – wie etwa die Legalisierung von Cannabis. Die Ampel-Koalition will den Verkauf an Erwachsene erlauben. Wie sehr dieser Plan polarisiert, zeigt sich auch in Delmenhorst und umzu. Hier bewerten Polizei, Politik, Justiz und Apotheker eine mögliche Legalisierung der Droge sehr unterschiedlich.

Cannabis gehört zur Gattung der Hanfgewächse mit psychoaktiven Wirkstoffen wie etwa Tetrahydrocannabinol (THC). Beim Konsum illegaler Drogen spielt das grüne Gewächs laut Bundesministerium für Gesundheit eine dominierende Rolle. Nach Einschätzung des Deutschen Hanfverbandes liegt die derzeit konsumierte Menge jährlich bei etwa 200 bis 400 Tonnen. Die Ampel-Parteien planen eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“. Händler müssen somit festgelegte Qualitätsstandards erfüllen. In Deutschland gibt es Cannabis bisher nur auf Rezept legal – seit 2017 können Ärzte medizinisches Marihuana in Form von Cannabis, beispielsweise zur Schmerzlinderung, verschreiben. 

Laut dem am Dienstag unterzeichneten Koalitionsvertrag soll "die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet“ werden. Zudem solle die Legalisierung in Deutschland erst einmal befristet sein, schreibt die Ampel-Koalition. Sie will das Gesetz nach vier Jahren auf seine gesellschaftlichen Auswirkungen  überprüfen und bewerten.

Wirkung wird verharmlost

Mit der Legalisierung will die Bundesregierung auch die Arbeitsbelastung von Polizei und Justiz reduzieren, die aktuell durch die Strafverfolgung entsteht. Die Polizeiinspektion Delmenhorst kritisiert diese Argumentation. "Der Arbeitsaufwand sollte im Kontext einer möglichen Legalisierung von Cannabis kein Maßstab sein", heißt es in einer Stellungnahme. Eine Legalisierung würde die Wirkung von Cannabis verharmlosen und den Konsum sehr wahrscheinlich fördern. Daraus resultiert laut Einschätzung der Beamten eine Gesundheitsgefährdung für die Bürger. Auch der Aspekt einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss infolge des Cannabis-Konsums sollte nicht unterschätzt werden. Weiter heißt es: "Der Konsum kann die Wahrnehmung stark beeinflussen."

Der Ganderkeseer Apotheker Thomas Beck würde die Abgabe von Cannabis auf den Weg bringen, wenn es sich um eine ärztliche Verordnung handeln würde – also vordergründig zur Schmerzlinderung oder bei Muskelverspannungen. Das komme dann auch auf die genaue Formulierung des Gesetzestextes an. Er sei aber dagegen, Cannabis allein als Genussmittel zu verkaufen. Beck betont: "Die Apotheken sollten nicht zu Kifferzentren verkommen."

Jugendschutz gewährleisten

"Ich halte dies für eine längst überfällige Entscheidung", sagt hingegen Christina-Johanne Schröder (Grünen), frisch gewählte Bundestagsabgeordnete aus dem hiesigen Wahlkreis. Sie befürwortet die Legalisierung, weil Menschen entkriminalisiert würden und der Jugendschutz gewährleistet sei. "Der illegale Markt könnte austrocknen", sagt Schröder. Gerade wegen verunreinigter Substanzen und einem immer mehr steigenden THC-Gehalt im Cannabis, sei dies wichtig. Zudem könne laut Schröder davon ausgegangen werden, dass der Konsum vermutlich nicht steigen würde. Dies zeige sich bei anderen Ländern, in denen der Privatkonsum bereits erlaubt ist. In Deutschland solle es außerdem strengere Regelungen als beispielsweise in den Niederlanden geben. Durch die Legalisierung würde Deutschland zusätzliche Steuereinnahmen generieren – das sei ein positiver Nebeneffekt. "Hauptsächlich geht es uns um den Jugend- und Verbraucherschutz und die Entkriminalisierung", betont Schröder. Zudem solle die Justiz entlastet werden. Denn neben dem Arbeitsaufwand von Fahndung bis Gerichtsprozess seien auch die Kosten hoch.

Verfahren wegen unerlaubten Besitzes von Cannabis kommen laut Gerichtssprecher Thomas Pünjer im Amtsgericht Delmenhorst regelmäßig vor. Die möglichen Auswirkungen auf die Belastung der Justiz hingen sowohl von der Frage ab, was genau legalisiert wird, als auch von der daraus folgenden Anklagepraxis der Staatsanwaltschaft, erklärt Pünjer. "Das wird man derzeit kaum prognostizieren können."

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