Stäbchen rein, sicher sein – so stellte sich die niedersächsische Landesregierung im Dezember die Rückkehr aus den Weihnachtsferien vor. Tägliche Selbsttests am Frühstückstisch sollen verhindern, dass Schulen zu Drehkreuzen der Omikron-Variante werden. Nach gut einer Woche Unterricht lässt sich für Delmenhorst sagen, dass dieser Plan nicht aufgegangen ist. Am ersten Schultag, dem 10. Januar, lag die Inzidenz bei 865,8. Bis Dienstag ist der Sieben-Tage-Wert auf 1323,8 angestiegen.
Diese Entwicklung allein mit der Öffnung von Schulen und Kitas zu begründen, lässt außer Acht, wie sehr Omikron die Dynamik insgesamt bestimmt. Heiger Scholz, Leiter des niedersächsischen Krisenstabs, sagte am Dienstag, dass landesweit 95 Prozent der Infektionen auf das Konto der neuen Variante gehen. Durch die Nähe zu Bremen dürfte dieser Anteil in Delmenhorst sogar noch höher liegen.
25 Prozent sind unter 18
Zahlen des städtischen Gesundheitsamtes belegen aber, dass Ansteckungen von Kita-Kindern und Schülern zum Anstieg der Infektionszahlen beitragen. "Knapp 25 Prozent der gemeldeten Infektionsfälle in der zweiten Kalenderwoche waren jünger als 18 Jahre. Beinahe 20 Prozent der Neuinfizierten befanden sich im schulpflichtigen Alter", erklärt Timo Frers, Sprecher der Stadtverwaltung. Schon im vergangenen Herbst habe der Fachdienst Gesundheit beobachtet, dass nach den Ferien die Zahl der Ansteckungen unter Kindern und Jugendlichen signifikant stieg. Frers weiter: "In Zusammenschau aus dieser Beobachtung, der hohen Infektionszahlen und der hohen Virulenz der Omikron-Variante sah sich die Stadt Delmenhorst gezwungen, Regelungen für Kindertagesstätten und Schulen zu erlassen, die über die Regelungen des Landes hinausgingen."
So hat die Stadtverwaltung vergangene Woche Schulen und Kindergärten nahegelegt, Kinder in möglichst kleinen Gruppen und mit möglichst wenig Personalwechsel zu betreuen und zu unterrichten. "Sollte es zu einer Häufung von Verdachtsfällen innerhalb einer Gruppe kommen, begibt sich diese Gruppe in häusliche Quarantäne", heißt es in den städtischen Corona-Informationen auf delmenhorst.de.
Laut Frers sind dem Gesundheitsamt neun Klassen bekannt, die auf Grundlage dessen vergangene Woche in häusliche Isolation gegangen sind. Diese Zahl entspreche dem Informationsstand vom Freitag, 14. Januar. Frers gibt jedoch offen zu: "Aufgrund von Nachfragen aus der Elternschaft weiß der Fachdienst Gesundheit aber auch, dass das von den Schulen gemeldete Lagebild nicht komplett ist." Wie berichtet sind vergangene Woche auch in den beiden berufsbildenden Schulen viele Klassen vorsorglich in den Distanzunterricht gewechselt.
Kontaktverfolgung eingestellt
Das Gesundheitsamt ist inzwischen in einem Krisenmodus angekommen, in dem Aufgaben priorisiert werden müssen. Oder anders ausgedrückt: Vieles ist nicht mehr zu schaffen. "Seit Mitte der ersten Kalenderwoche ist der Fachdienst Gesundheit aufgrund der hohen Fallzahlen nicht mehr in der Lage, Kontaktpersonen telefonisch zu informieren und zu erfassen", sagt Frers. Bürger, die sich angesteckt haben, werden deshalb gebeten, Kontaktpersonen selbst zu informieren.
Aus diesem Grund weiß die Verwaltung auch nicht, wie viele Lehrer sich in häuslicher Quarantäne befinden. Auch eine Aussage zu der Zahl der Infektionen in dieser Berufsgruppe ist aktuell nicht möglich. Laut Frers liege dies zum einen daran, dass viele Lehrer nicht in Delmenhorst wohnen. Eine weitere Ursache: Aufgrund der enorm gestiegenen Fallzahlen müsse das Gesundheitsamt auch bei der Abfrage der Informationen priorisieren. "Der Beruf der Neuinfizierten wird derzeit nicht abgefragt, um die Gesprächszeiten auf ein Minimum zu reduzieren", erläutert der Rathaussprecher.

Frauke Wöhler (CDU)
Aus dem Stadtrat hatte sich vergangene Woche die Vorsitzende des Schulausschusses, Frauke Wöhler (CDU), dafür stark gemacht, so lange wie möglich am Präsenzunterricht festzuhalten. "Für das Sozialleben hat dies eine enorme Bedeutung, nicht ohne Grund haben Kinder seit dem Ausbruch der Pandemie vermehrt mit psychischen Problemen zu kämpfen", warnt die Kommunalpolitikerin. Gleichwohl sei ihr bewusst, dass es bei sehr hohen Infektionszahlen irgendwann zwangsläufig auf Distanzunterricht hinauslaufe. "Das müssen wir strukturiert hinkriegen, aktuell ist das ein ziemlicher Hickhack", kritisiert sie.