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Delmenhorster Gespräche "Das Image-Vakuum füllen"

Mit dem Ruf der Stadt haben sich am Donnerstagabend fünf Experten bei den ersten "Delmenhorster Gesprächen" beschäftigt. Dabei wurde deutlich: Die Bürger selbst müssen mehr zu ihrer Stadt stehen.
25.05.2018, 17:25 Uhr
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Von Esther Nöggerath

Delmenhorst. Es sind viele engagierte Menschen in der Stadt, die Wege sind kurz und mit der Graft und dem Tiergarten gibt es viel Grün, sie hat eine aktive Wirtschaft und eine lebendige Stadtkultur und ist in Sachen Kriminalprävention oder Gesundheit als "Safe Community" Vorreiter in wichtigen Belangen. Insgesamt läuft es also gar nicht so schlecht in Delmenhorst, wie es oft den Anschein hat. Aber woher kommt dieser schlechte Ruf eigentlich? Mit dieser Frage haben sich bei den ersten "Delmenhorster Gesprächen" am Donnerstagabend im Lichthof der Volkshochschule (VHS) fünf Experten aus der Stadt beschäftigt und auch mit dem Publikum diskutiert.

"Es gibt einfach ein gewisses Vakuum", erklärte Regina Schroeder, Projektleiterin bei der Beratungsgesellschaft Cima, die für Delmenhorst ein Standortmarketingkonzept erstellt hat. Das zeigte sich bei der umfangreichen Befragung, die das Unternehmen in ganz Niedersachsen durchgeführt hat. Denn bei der Frage, was man mit der Stadt Delmenhorst verbinde oder assoziiere, war die Antwort "Gar nichts" unter den Top drei. Bei der Frage, was man bildlich vor Augen sieht, wenn man an Delmenhorst denkt, sogar auf Platz eins. Bei vielen gibt es also gar keine konkrete Vorstellung der Stadt, weder negativ, noch positiv. "In diese Lücke wollen wir rein", sagte Schroeder. Man müsse das Vakuum füllen, indem man gezielt kommuniziert und starke Bilder verbreitet, die in den Köpfen bleiben. Delmenhorst als Fahrradstadt zu vermarkten, würde sich etwa gut eignen wegen der vielen kurzen Wege und dem Grün in der Stadt.

Ein großes Defizit besteht auch im Raum der sozialen Medien. "Dort berichten nur wenige, aber die vorwiegend negativ", kritisierte Schroeder. Da müsse man gegen anarbeiten, um mit vielen positiven Reaktionen die wenigen negativen zurückzudrängen. "Wir müssen die Bürger und Unternehmer zu Botschaftern der Stadt machen", erklärte Schroeder. Sie müssten sich viel mehr zu ihrer Stadt bekennen. Das sei derzeit irgendwie uncool. "Da müssen wir ran."

Das Problem des Images ist also vor allem eines von Innen. Die, die nörgeln und sich aufregen, sind die Delmenhorster selbst, und das wird auch nach Außen getragen. "Das negative Image habe ich erst durch die Delmenhorster selbst kennengelernt", erzählte auch Museumsleiter Carsten Jöhnk, der 2015 in die Stadt kam. Vorher seien ihm von Delmenhorst nur das Nordwolle-Gelände sowie die ganze Geschichte rund um die Hotelwiese bekannt gewesen. "Ich habe aber auch das Gefühl, dass sich das langsam verändert", sagte er. Das Gemecker werde seltener. Ein Prozess, von dem er hofft, dass er sich in Zukunft noch weiter durchsetzen wird.

Das Außenbild der Stadt wird aber auch durch die Presse geprägt – aktuelle Nachrichten, die sich in den Köpfen manifestieren, egal, ob es nun um Niels Högel, den Wollepark oder das Krankenhaus geht. So wie die ZDF-Deutschland-Studie, die vor Kurzem rausgekommen ist und Delmenhorst auf Rang 397 von 401 Städten platzierte. "Solche Studien kommen jedes Jahr wieder raus, langsam fängt es an zu nerven", machte Wirtschaftsförderer Axel Langnau seinem Unmut darüber Luft. Denn diese seien oft wenig aussagekräftig. Dem müsse man jeden Tag entgegen wirken. "Wir alle können etwas dafür tun, indem wir gut über unsere Stadt reden", sagte Langnau.

Einige tun das bereits auch, wie etwa Bürgermeisterin Antje Beilemann. "Ich gehöre zu den Uncoolen, weil ich gerne hier lebe und auch hier bleiben werde", sagte Beilemann. Sie sei überzeugt, dass die Leute mobilisierbar sind. "Das hat die Stadt ja auch bei der Hotelwiese schon gezeigt." Unternehmer Piet Tönjes sah vor allem auch im Internet eine Chance. "Das ist etwas, wo man gut ansetzen kann", sagte er. Denn oft gebe es auch nur wenig Informationen über Delmenhorst. "Und die meisten Leute informieren sich heutzutage vor allem über das Internet." Tönjes selbst entwarf den Slogan "Delmenhorst, hier leb ich gern", den er nun auch noch weiter vermarkten möchte. Er fertigte etwa Kennzeichenhalter mit dem Spruch an, die er am Donnerstagabend auch gleich unter die Leute brachte. "Mit denen kann man vielleicht auch eine Aktion bei Facebook starten", überlegte er.

Aus Reihen der Zuhörer gab es Lob, wie etwa für die vielen Veranstaltungen, die die Delmenhorster Wirtschaftsförderungsgesellschaft (DWFG) in der Stadt organisiere, aber auch Kritik, etwa an der schlechten Kaufkraft, an der Arbeit von Verwaltung und Politik in Sachen Bauland oder auch an der Sanierung von Sportstätten und Schulen. "Die Stadt hat leider nicht das Geld, um viel zu investieren", monierte Beilemann. "Man kann den Groschen nur einmal ausgeben." Sie hoffe aber, dass sich in den kommenden Jahren in den Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie Vereinsstätten etwas tut.

Regina Schroeder mahnte an, dass man sich von diesen Diskussionen, so gerechtfertigt sie auch seien, bewusst abheben müsse, wenn es um das Image geht. Denn Probleme gebe es in vielen Städten, nicht nur in Delmenhorst. "Man muss sich auch mal bewusst machen, was es hier alles gibt und was richtig gut läuft", appellierte Schroeder an die Anwesenden. Es sei wichtig, über positives Engagement zu berichten und dieses auch zu zeigen. "Ich sehe da jetzt schon eine Veränderung und ich denke, das wird auch noch weiter gehen", sagte Carsten Jöhnk, der daran glaubt, dass man das Image der Stadt deutlich besser machen kann. Ähnlich sah das auch Piet Tönjes: "Die Stadt ist in einer Aufbruchstimmung", bemerkte er.

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