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Werkschau: Arthur Fitger Der gefragte Auftragskünstler aus Delmenhorst

Arthur Fitger war einer der Künstler, die gut von ihrem Werk leben konnten. Der gebürtige Delmenhorster verdiente Ende des 19. Jahrhunderts gutes Geld mit Aufträgen für Wandmalereien und Deckendekorationen.
25.10.2019, 06:09 Uhr
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Der gefragte Auftragskünstler aus Delmenhorst
Von Esther Nöggerath

Wenn man an Künstler aus Delmenhorst denkt, dann auch unweigerlich an Arthur Fitger. Der Malerfürst, der vor allem in Bremen wirkte, war eine der wenigen Künstler, die gut von ihrem Schaffen leben konnten. Fitgers Kunst war äußerst beliebt, insbesondere bei den gut betuchten Bremern, und er verdiente als Auftragsmaler zu Lebzeiten gutes Geld mit Wandmalereien und Deckendekorationen in Privatvillen, öffentlichen Gebäuden und auch sakralen Räumen. Allerdings wird Fitger auch durchaus kritisch betrachtet. Er soll kein leichter Zeitgenosse gewesen sein und war unter anderem auch bekannt für seine Schmähkritik gegen die Worpsweder Künstler, allen voran Paula Modersohn-Becker.

Geboren wurde Arthur Fitger als ältester Sohn des Posthalters und Ratsherrn Peter Diedrich Fitger und seiner Frau Clara am 4. Oktober 1840 in Delmenhorst. In der Schule hatte er so seine Probleme, flog irgendwann sogar von der Rektorschule in Delmenhorst und wurde daraufhin nach Oldenburg aufs Gymnasium geschickt. Dort „trat mir die bildende Kunst mit einem Male überwältigend, alle Sinne bezaubernd, entgegen“, schrieb Fitger einst in seiner Selbstbiographie, wie es in dem Werk „Arthur Fitger“ von Georg von Lindern heißt. Es war die Zeit, in der Fitger die Kunst für sich entdeckte.

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Weil er schulisch auch weiterhin so schlechte Leistungen erbrachte, entschieden seine Eltern sich schließlich dazu, ihm eine Ausbildung als Maler zu ermöglichen. Er besuchte die Kunstakademien in München, Dresden und Antwerpen und studierte ab 1863 mit Unterstützung des Oldenburgischen Großherzogs in Rom. Zwei Jahre später, als sein Vater starb, kehrte Fitger nach Delmenhorst zurück. So richtig Fuß fassen konnte er als Maler zu der Zeit jedoch noch nicht. Doch dann bekam er völlig unverhofft den ersten Großauftrag, bei dem er die Bekanntschaft des Berliner Malers Otto Knille machte. Für eine Auftragsarbeit des Bremer Börsensaals arbeiteten die Künstler schließlich zusammen, das Werk begeisterte. Daraufhin zog Fitger nach einem kurzen Abstecher nach Berlin schließlich nach Bremen und seine Aufträge häuften sich. 1890 baute sich Fitger in Horn ein geräumiges Künstlerhaus mit Atelier, wo er mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern einzog und in dem er bis zu seinem Tod im Jahr 1909 lebte.

Viele Werke über die Jahre nicht erhalten

Auch heute noch gibt es in einigen Gebäuden Bremens Werke des Künstlers zu entdecken, wenngleich eine Großzahl über die Jahre nicht erhalten worden sind. Für Fitger spielte in seiner Malerei Farbigkeit immer eine wichtige Rolle. Auch viele seiner Skizzen sind in Farbe ausgearbeitet, denn letztlich waren auch seine Gemälde zumeist nichts anderes als Vorarbeiten für die eigentlichen Arbeiten auf Wänden oder Decke. Deswegen haben seine Bilder teils auch ungewöhnliche Formate, je nach den architektonischen Gegebenheiten, für die die Werke gedacht waren. „Als Maler konzentrierte sich Fitger vornehmlich auf lokalpatriotische Motive, wobei ein 'Strich ins Dämonische und Barock-Humoristische' als sein unverwechselbares Charakteristikum galt. Rückblickend lässt sich indes kaum übersehen, wie sehr seine Erzeugnisse von Pomp und symbolischer Überfrachtung gekennzeichnet waren, den typischen Kennzeichen des wilhelminischen Prunkstils“, schreibt Frank Hethey in dem von ihm und Werner Garbas herausgegeben Buch „Delmenhorster Lebensbilder“.

Wenn man sich seine Werke anschaut, wird auch deutlich, warum ein Arthur Fitger, der mit seiner Kunst die Welt nicht abbilden wollte, wie sie war, sondern wie sie in ihrem besten Fall sein sollte, der eine Idealisierung vor allem des Menschen zeigte, die Worpsweder Kunst einfach nicht gutheißen konnte. Wie unterschiedlich seine Zeitgenossen arbeiteten, mit deren Werken er so wenig anfangen konnte, ist insbesondere in der Gegenüberstellung der Arbeiten vor zwei Jahren in einer Ausstellung der Städtischen Galerie Delmenhorst sowie des Overbeck-Museums in Vegesack deutlich geworden.

Einer der Sammlungsschwerpunkte in der Städtischen Galerie Delmenhorst

Arthur Fitger ist, neben Fritz Stuckenberg, mit rund 160 Werken einer der Sammlungsschwerpunkte der Städtischen Galerie Delmenhorst. Immer wieder greift Galerie-Leiterin Annett Reckert auf Fitger zurück, um Werke von ihm zu zeigen, gerne in Kombination mit neuerer Kunst. Wenn eine neue Ausstellung geplant ist, frage sie denjenigen Künstler immer auch, ob er nicht Bezug auf die Sammlung des Hauses nehmen wolle. „Es geht um die Frage, wie man historische Kunst lebendig halten kann“, erklärt Reckert. So hat etwa Eat-Art-Künstlerin Sonja Alhäuser vor einigen Jahren eigens ein Zuckergeschirr zu einer Bankett-Skizze Arthur Fitgers entworfen. Fitgers frauenfeindliche Haltung griff Künstlerin Heike Kati Barath in einer Ausstellung auf, indem sie im Herrenzimmer des Haus Coburg gegenüber dem großen Fitger-Gemälde ein verstecktes Porträt von Paula Modersohn-Becker platzierte. „Fitger fordert immer wieder heraus“, sagt Reckert.

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Auch die beiden ägyptischen Künstler Amr El Alamy und Islam Shabana nahmen Bezug zu Arthur Fitger, allerdings nicht zu seinen Bildern. Sie griffen einige von Fitgers Gedichten auf und verarbeiteten sie in einer Sound-Installation. „Was oft unterschätzt wird, ist sein literarisches Werk“, sagt Reckert. Denn Arthur Fitger war nicht nur Maler, sondern auch Dichter, weswegen er vielfach auch als Malerpoet bezeichnet wird. „All die Gedanken, die in der echten Künstlernatur sprühten und für die die Leinwand kein Ausdrucksmittel bot, fanden als Gedichte ihren Niederschlag auf den Skizzenblättern“, schreibt Georg von Lindern in seinem Buch über den Künstler.

In seinen Texten und Theaterstücken kommt auch sehr viel kämpferischer Geist für ärmere Schichten, teils Sozialkritisches durch. „Das wird oft übersehen“, bedauert die Galerie-Chefin, die gerne auch noch mal die „spannende Brüchigkeit“ im Leben und Denken Fitgers thematisch aufgreifen möchte. Denn Fitger werde sehr oft nur in eine Schublade gesteckt. Dabei hatte der Künstler durchaus verschiedene Facetten.

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In der Serie „Werkschau“ stellen wir einmal im Monat einen Kunstschaffenden aus dem Raum Delmenhorst und umzu vor. In der nächsten Folge, die am 22. November erscheint, gibt es einen Einblick in das Werk von Julia Vogel.

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