Auch wenn es den fünf jungen Frauen der A-cappella-Gruppe "medlz" einen Zweistunden-Abend lang gelungen war, ihr Publikum am Donnerstag im Kleinen Haus sehr vergnüglich zu unterhalten und zu begeistern, der Eindruck "A-cappella-Musik vom Feinsten zu erleben", wie das veranstaltende Kulturbüro angekündigt hatte, blieb verhalten.
Delmenhorst. Es gab sie, die Musik vom Feinsten, aber man hätte gerne mehr davon gehabt. Das hat zweierlei Gründe. Einmal kokettieren "Bine, Lydia, Silli, Mary und Nelly" in ihrem aktuellen Programm "Unsere Zeit" fast zu ausgiebig mit ihrem naiv-unbedarften Image, sind also immer noch die kleinen Chormädchen aus dem "Philharmonischen Kinderchor Dresden", als die sie ihr Musikerinnenleben einmal begannen. Und so klingen denn auch immer wieder ihre Stimmen. Mädchenhaft, zärtlich, sanft, hauchig, leicht nasal, typische Popstimmmen halt, die Jens, der Tontechniker, wie Silly sich bedankte "laut macht".
Dabei kann das Quintett, und das war auch hier zu hören, auch mit echten, respektablen Sopran-, Mezzo- und Altstimmen aufwarten. Der andere Grund, der das "vom Feinsten" doch behinderte, war eben das aktuelle Programm. Dieser Überblick über zwei Jahrzehnte "Nummer 1-Hits" zwischen 1990 und 2010 enthält halt auch viel Leichtgewichtiges, das sich nicht unbedingt zur ausgefeilt-mehrstimmigen a-cappella-Satzkunst anbietet. Oder doch und mehr als dies Programm zeigte? Denn der Prinzen-Song "Mein Hund ist schwul" war denn ja auch in der Version der "medlz" echt feine a-cappella-Kunst. Auch "Allein, allein" von "Polarkreis 18" beginnt im gregorianisch gefärbten Vokalstil, bevor er zum die Saalstimmung anheizenden Mitklatsch-Song wird.
Die Mädels sind auch kirchentagserfahren, nicht nur weil sie den Jesus-Song im "Die Doofen"-Medley" im Repertoire haben. Sie bringen ihr Publikum auch gerne und geschickt dazu, mitzusingen, was beim "olé, olé olé, olé" dieser Tage nicht so schwer ist, auch wenn es mit dem Publikum dreistimmig einstudiert wird. Das Publikum ist überhaupt sehr gefragt. Es muss nämlich immer wieder daran mitwirken, goldene und silberne Luftballons zu zerstechen, in denen Titelkärtchen deponiert sind. Das gestaltet dann den Programmablauf und bringt ein wenig Kindergeburtstagsflair ins Konzert. Und manchmal auch Spannungsbrüche im Programmbogen.
Von "Sopran"-Qualitäten war die Rede: Ins "Freestyler" mit seinem mädelshaft-ätherisch und sehr farbig umgesetzten "Rock the Microphone" mischten die Mädels veritable "Königin der Nacht"-Koloraturen. Na ja, vielleicht nicht ganz so hoch. Etwas wie "Hijo de la Luna" gehörte zum Besten des Abends, differenziert und dicht im Vokalsatz, voller Klangatmosphäre. Auch "The Show Must Go on" von Queen hatte emotionale Kraft. Und der per Stimme erzeugte E-Gitarrensound gehörte ins virtuose Stimmgepäck von Mary. Im "Cottoneye Joe" herrschte quietschvergnügte Country&Western-Stimmung, die sich musikalisch auch wieder nur mit einer gehörigen Portion vokaler Virtuosität schaffen lässt. Ihren "Instrumental-Sound" präsentierten die "medlz" gekonnt in der Titelmusik zum Film "Das Boot". Michael Jacksons "Earth Song" klang etwas glatt und unpersönlich. Alle diese Jahrtausendwende-Hits waren unaufdringlich elegant choreografiert, zu den Neunzigern traten die Frauen im schicken Goldfummel auf, die Zweitausender präsentierten sie im bunt-rustikalen workout-Look, was sie nicht weniger attraktiv aussehen ließ.
"Lemon tree" von "Fools Garden" als erste Zugabe nach dem Beifallsjubel hatte noch einmal die fröhliche Beschwingtheit, die diesen Abend wesentlich prägte. In der "Ode an die Freude" als zweite Zugabe hatte jede der fünf noch einmal Gelegenheit, ihre Solobotschaft mit Beethovens Musik zu verkünden.
Hinterher, im Foyer, signierten die "medlz" selbstverkaufte CDs, plauderten mit Konzertbesuchern und brachten die Reste ihrer Ballon-Bühnendeko unter die Leute, zu denen auch die gerade von einem Busausflug heimkehrenden amerikanischen Gastschüler des Max-Planck-Gymnasiums gehörten.