Auf der Calisthenics-Anlage, neben dem Spielplatz der Graft, geht es heiß her. Burpees, Jumping Jacks, Luftboxen – und das bei Temperaturen um die dreißig Grad. Das Hood-Training hat es in sich, trotzdem haben sich wieder einige sportbegeisterte Kinder und Jugendliche auf der Trainingsanlage eingefunden, um unter professioneller Anleitung zu trainieren. Zweimal die Woche findet das kostenfreie Sportprogramm statt, bei dem Frust ab- und Fitness aufgebaut werden soll. Wer mitmachen möchte, muss vor allem eines mitbringen: Motivation.
„Außerdem viel Wasser und ganz viel Spaß, mehr braucht es nicht“, scherzt Daniel Magel, Gründer des Projekts. Spaß haben die jungen Sportler allemal, deswegen würden sie immer wieder herkommen, meint einer der Teilnehmer. Es sind Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis 13 Jahren, die sich diesmal zum Sporttreiben getroffen haben. „In der Regel sind auch ältere Teilnehmer dabei“, weiß Hood-Trainer Jacob Menge. Kernzielgruppe des Angebots sind Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 27 Jahren.
„Das sehen wir aber nicht so eng. Wir sind ein offenes Angebot, das sich an jeden richtet“, betont Menge. Eines der erklärten Ziele des Trainings sei es nämlich, mit Blick auf das Alter in heterogenen Gruppen zu trainieren. „Das läuft dann im Sinne des Gedankens ‚Each One Teach One‘ ab. Das heißt: Erfahrene Sportler können Anfängern Hilfestellung leisten und sollen eine Vorbildfunktion übernehmen“, erklärt Menge.
Das Hood-Training-Projekt wurde 2010 im Bremer Stadtteil Tenever ins Leben gerufen. Ziel des Sportangebots ist es, jungen Menschen eine Perspektive zu bieten und präventiv gegen Jugendkriminalität vorzugehen. „Wir wollen Jugendlichen einen Weg zeigen, wie sie ihre Zeit sinnvoll nutzen können. Irgendein Ventil braucht jeder, deswegen wollen wir ihnen einen sicheren Ort bieten, an dem sie sich entwickeln können, bevor sie auf der Straße rumhängen und auf dumme Gedanken kommen“, erläutert Magel. Der Sport, bei dem Dehn-, Koordinations- und Entspannungsfähigkeit trainiert werden, dient den lizensierten Übungsleitern dabei als Grundlage der pädagogischen Betreuung.
Die Idee kam ihm vor 20 Jahren. „Ich hatte selbst eine bewegte Jugend. Die Idee hinter dem Hood-Training entstand damals in unserem Freundeskreis. Wir wollten sichere Räume für uns selbst schaffen“, erinnert sich Magel, gesamtpädagogischer Leiter des Projekts. Aus diesem Gedanken heraus entwickelte sich das Hood-Training, das im vergangenen Jahr als gemeinnützige GmbH eingetragen wurde und zudem Träger der freien Jugendhilfe ist. Welchen Einfluss so ein Herzensprojekt auf das Leben eines Einzelnen haben kann, beweist Magel am eigenen Beispiel. „Ich habe mein Leben umgekrempelt, mich hochgearbeitet und letztlich ein Studium mit Schwerpunkt Inklusionspädagogik abgeschlossen“, berichtet er.
Der Wunsch, das Bremer Hood-Training nachhaltig nach Delmenhorst zu holen, kommt vom Kommunalen Präventionsrat (KPR), der sich in Zusammenarbeit mit Streetworkern des Diakonischen Werkes für das Projekt stark gemacht hat. „Wir haben das Hood-Training vor zwei Jahren kennengelernt und Kontakt aufgenommen“, erzählt KPR-Geschäftsführerin Ruth Steffens. Nach der Fertigstellung des Konzepts beschloss der Stadtrat Ende 2019 die Förderung des Projekts für das Jahr 2020. In Jugendhäusern, Schulen und vor allem via Mundpropaganda wurde die Werbetrommel gerührt und zunächst noch auf einer mobilen Anlage trainiert. Mittlerweile hat sich das Angebot aber etabliert. „Wir hatten unsere Ups and Downs, aber mittlerweile haben wir eine stabile Teilnehmerzahl“, verrät Magel.
Durchschnittlich sieben bis neun Sportbegeisterte würden an den Trainings teilnehmen. „Corona hat uns einen kleinen Dämpfer versetzt, sodass wir anfangs den Kontakt zu vielen Jugendlichen verloren haben“, gibt Hood-Trainer Menge zu. Mittlerweile habe sich die Situation wieder verbessert. Dass das Hood-Training trotz Corona angeboten wurde, verdiene laut Rudolf Mattern, Fachbereichsleiter für Jugend, Soziales und Gesundheit, großen Respekt. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Hood-Trainer die Kinder während der Corona-Krise nicht alleine lassen“, betont Mattern, der ebenfalls an der Umsetzung des Angebots in der Graft beteiligt war.
Tatsächlich ist das Hood-Training ein ganzjähriges Angebot und findet auch während der Sommerferien statt. Eine tolle Ergänzung zu bereits bestehenden Jugendprojekten wie den Mitternachtshallen, die seit 22 Jahren ein Selbstläufer seien, wie Steffens findet. Dass die Hood-Trainings gleichsam erfolgreich werden, davon ist die KPR-Geschäftsführerin überzeugt. „Das Konzept passt einfach nach Delmenhorst. Es ist ein ganz neues Angebot, und ich bin dankbar, dass wir uns dank der erfahrenen Hood-Trainer und Streetworker des Diakonischen Werkes auf so viel Expertise stützen können.“ Das Hood-Training wird während des Sommers weiterhin jeden Mittwoch und Sonntag in der Zeit von 18 bis 19.30 auf der Calisthenics-Anlage stattfinden. Ab Herbst soll sich das Angebot in eine Sporthalle verlagern.