Deutschland steuert auf einen Personalnotstand zu, der die Gesundheitsversorgung im Land gefährdet. Das haben die Unternehmensberater von PwC in einer Studie festgestellt. Danach können im Jahr 2035 knapp 1,8 Millionen offene Stellen nicht mehr besetzt werden. Doch bereits jetzt ist der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen allgegenwärtig. Als sich der Hospizdienst Delmenhorst im vergangenen Jahr auf die Suche nach personeller Unterstützung für sein Koordinatorenteam machte, wusste deshalb der Vereinsvorsitzende Jürgen Schurig, dass geeignete Bewerber "nicht gerade Schlange stehen" werden. Letztlich habe es zwar so einige Bewerber gegeben, doch nur eine erfüllte auch die Voraussetzungen, die für die Arbeit als Koordinatorin erforderlich sind: Petra Janssen. "Sie ist ein Glücksgriff für uns", so Schurig. Seit Anfang Januar ist die 59-Jährige neben den beiden Koordinatorinnen Martina Meinken und Carolin Pleis als dritte hauptamtliche Kraft mit an Bord. Noch bis Ende Juni wird dies der Fall sein. Dann geht Martina Meinken in Rente.
Werdegang der neuen Koordinatorin
Zehn Jahre Erfahrung im Hospizdienst bringt die Diplompädagogin Petra Janssen mit, sie wohnt in Hude wohnt. "Für mich schließt sich ein Kreis, nun am Ende des Lebens unterwegs zu sein", sagt sie und betont, dass dies rein beruflich gemeint sei. Angefangen hatte der Kreis bereits vor ihrem Studium. Als junge Frau war Janssen ehrenamtlich als Sonderpädagogin aktiv. "Ich habe Menschen begleitet – jung und alt", erzählt sie. Anfang der 1990er-Jahre begann sie dann in Oldenburg, Pädagogik mit dem Schwerpunkt auf Alterswissenschaft zu studieren. "Diese Zeit hat mich geprägt", sagt Janssen. Viel habe sie damals in Projekten gearbeitet und viele Einrichtungen kennengelernt. "Der demografische Wandel war schon damals ein großes Thema", erinnert sie sich. Nach dem Studium bekam sie zunächst Kinder. Als sie wieder in den Beruf einstieg, stellte sich ihr die Frage: "Wo bleibe ich?" Die Antwort darauf fand sie in der pädagogischen Arbeit mit Kindern. Auch als Gleichstellungsbeauftragte war sie zwischenzeitlich tätig. "Dann kam bei mir das Gefühl auf, noch einmal etwas verändern zu wollen", erklärt die 59-Jährige. Ihren Studienschwerpunkt wollte sie noch einmal in den Vordergrund rücken. Dies sieht sie beim Hospizdienst gegeben, wenngleich sie weiß, dass der Verein Menschen ab 18 Jahren begleitet. Denn: "Es wird in jedem Alter gestorben", so Janssen.
Den richtigen Begleiter für Menschen zu finden, die eine Palliativ-Diagnose bekommen haben, ist eine wesentliche Aufgabe, die den Koordinatorinnen des Hospizdienstes zukommt. Zur Klärung von Anliegen geht Janssen sowie ihre beiden Kolleginnen in Pflegeeinrichtungen, ins Krankenhaus, aber auch nach Hause. "Wir schauen dann, wer von unseren Ehrenamtlichen gut wohin passt", sagt Janssen. Selbst ist sie nicht als Sterbebegleiterin aktiv. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen ist die 59-Jährige vielmehr für deren Ausbildung zuständig. Der nächste Kurs startet am 5. April und läuft bis November.
Weil Trauer keine Krankheit ist
Die Kurse zur Sterbebegleitung werden gut angenommen. Im vergangenen Jahr hat der Verein zehn Sterbegleiter ausgebildet. Nicht alle kamen aus Delmenhorst. "Zu uns kommen auch Menschen von anderen Vereinen", berichtet der Vorsitzende Schurig. Der Vorteil dieser Kurse ist, dass die Krankenkassen diese bezahlen. Anders sei dies hingegen bei der Ausbildung zur Trauerbegleitung. "Trauer ist keine Krankheit und wird von der Krankenkasse nicht finanziert", bedauert Sigrid Schierloh aus dem Vorstand des Delmenhorster Hospizdienstes.
Für diese Ausbildung ist der Verein deshalb auf Spenden angewiesen. Wie Vorstandsmitglied Klaus Gardemann erklärt, kostet die große Trauerbegleitung über 3000 Euro. "Diese Zusatzqualifikation umfasst 278 Stunden", berichtet Janssen aus eigener Erfahrung. Denn erst im Januar hatte sie ihre Ausbildung zur Trauerbegleiterin abgeschlossen, sodass der Verein nun insgesamt fünf Trauerbegleiter hat. "Der Bedarf ist da. Die Menschen vereinsamen immer mehr", erklärt Schierloh die Bedeutung dieses Angebots. Ihr Vorstandskollege Schurig verweist beispielhaft auf Bremen, wo es Trauergruppen mit Wartelisten geben soll. Als sich der Rotary Club Delmenhorst beim Vorstand des Hospizdienstes meldete, weil er 800 Euro spenden wollte, wussten dieser deshalb sogleich, wohin das Geld fließen soll: in die Ausbildung zur kleinen Trauerbegleitung. Diese ist laut Schurig nicht so teuer wie die große, da der Verein diese selbst durchführen kann.
Mit seinem Team aus drei Koordinatorinnen und knapp 60 Ehrenamtlichen sieht sich der Hospizdienst gut aufgestellt. Nichtsdestotrotz ist der Verein stets auf der Suche nach weiterer Unterstützung, gerade von jüngeren Leuten. "Ehrenamtliche sind die graue Fraktion, auch wenn es auch ein paar Junge gibt", so Schierloh.