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Kleines Dorf ganz groß In Hasbergen halten die Menschen zusammen

Alte Höfe und Häuser mit idyllischen, großflächigen Gärten – das ist Hasbergen, ein Dorf mit Geschichte und Charakter. Doch wer nun glaubt, dass der ländliche Osten Delmenhorsts verschlafen ist, irrt.
20.07.2025, 07:30 Uhr
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In Hasbergen halten die Menschen zusammen
Von Kerstin Bendix-Karsten

Durch grünes Marschland bahnt sich die Ochtum ihren Weg. Der rund 26 Kilometer lange Nebenfluss links der Weser trennt Bremen vom ländlichen Osten Delmenhorsts: Hasbergen. Alte Höfe und Häuser mit idyllischen, großflächigen Gärten liegen an schmalen Straßen mit viel Grün. Fast könnte man meinen, man sei nicht mehr in der Stadt, sondern irgendwo auf dem Land in einem Dorf. Ganz falsch ist das nicht. Erst vor mehr als 51 Jahren, am 22. Januar 1974, wurde Hasbergen offiziell ein Delmenhorster Stadtteil. Davor war es eine eigenständige Landgemeinde.

Diesen Charakter hat Hasbergen nie ganz verloren. "Die Menschen hier begreifen sich eher als Hasberger, nicht so sehr als Delmenhorster", sagte die amtierende Ortsbürgermeisterin Sandra Heinken zum 50-jährigen Jubiläum der Eingemeindung. Die Hasberger haben eine eigene Ausrichtung – und halten zusammen. Das betont auch Brigitte Rossius, Vorsitzende des Hasberger Verkehrsvereins. Dieser Zusammenhalt zeige sich insbesondere an dem Tag im Jahr, an dem sich das beschauliche Dorf in eine Kleinstadt verwandelt: am letzten Sonntag im August. Denn dann findet der traditionelle Hökermarkt statt, zu dem alle Jahre wieder Menschenmassen pilgern. Im vergangenen Jahr waren es rund 25.000 Menschen, wie Rossius berichtet.

30. Auflage des Hökermarktes steht an

Der Andrang war riesig, die Parkplätze voll. Für die Hasberger war das kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Stattdessen zeigten sie einmal mehr, dass alle im Dorf an einem Strang ziehen. "Spontan hat ein Landwirt seine Koppel zur Verfügung gestellt und es wurde ein weiterer Parkplatz aufgemacht", erzählt die Vorsitzende des Verkehrsvereins.

Auch Nachwuchssorgen kennt man in Hasbergen nicht. Wenn am Sonntag, 31. August, die 30. Auflage des Hökermarktes ansteht und erneut das gesamte Dorf abgeriegelt wird, sind laut Rossius viele Jugendliche als Helfer dabei, die im vergangenen Jahr altersbedingt noch nicht mitmachen durften, sich nun aber "total begeistert engagieren".

Einen Anmeldeschluss für die Vergabe der Stände gibt es nicht. Bis zum letzten Tag erfolgt die Zuweisung. Wer sich für einen Stand anmelden möchte, kann dies bequem über die Internetseite des Verkehrsvereins (www.hasberger-verkehrsverein.de).

Sage um den Namen Hasbergen

Erstmals haben die Hasberger ihren Hökermarkt 1992 organisiert. Der Anlass war die 850-Jahr-Feier ihrer Gemeinde, die 1142 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Woher der Name kommt? Dafür gibt es verschiedene Deutungen, unter anderem eine Sage aus der Sagensammlung von Ludwig Strackerjan von 1867. Demnach soll sich während einer Sturmflut ein Pferd mit Fohlen, von einer Wolfsmeute verfolgt, durch die Fluten auf einer Anhöhe in Sicherheit gebracht haben. Glaubt man dieser Sage, setzt sich der Name Hasbergen also aus dem Wortteil "Has", was sich vom englischen Horse (Pferd) ableitet, sowie aus "Berg" zusammen.

Auf diesem besagten "Berg" befindet sich heute die Kirche. Die St.-Laurentius-Kirche ist das älteste Bauwerk in Delmenhorst, wie die Kirchengemeinde Hasbergen auf ihrer Internetseite erklärt. Man vermutet, dass um die Mitte des 12. Jahrhunderts mit dem Bau einer Feldsteinkirche auf der Hasberger Vorgeest begonnen wurde. Die St.-Laurentius-Kirche wurde am 10. August 1380 neu geweiht. Aus dieser Zeit stammt auch einer der ältesten Grabsteine in Norddeutschland, der sich in der Mitte der Nordwand der Kirche befindet. Zudem gibt es noch eine alte Glocke von 1509 – und drei jüngere von 1960.

In ihrem ursprünglichen Zustand ist die St.-Laurentius-Kirche jedoch nicht erhalten geblieben. Immer wieder kam es zu Zerstörungen, wie etwa während des Dreißigjährigen Krieges. 1638 wurden deshalb neue Bänke angeschafft. Und Graf Christian von Delmenhorst stiftete die Kanzel, auf der oben sein Wappen zu sehen ist.

Doch nicht nur der Mensch, sondern vor allem Naturkatastrophen beschädigten immer wieder Teile der Kirche, die dann – zum Teil verändert – wieder errichtet wurden, erklärt die Kirchengemeinde Hasbergen, die eigenen Angaben zufolge rund 6000 Mitglieder hat.

Als Hasbergen von einer Sturmflut überrollt wurde

Gefährdet von Naturkatastrophen ist Hasbergen aufgrund seiner niedrigen Lage und Nähe zu Gewässern. Durch das Dorf fließt die Delme, die in die Ochtum mündet, und war lange Zeit hochwassergefährdet. 1962 richtete eine Sturmflut schwere Schäden an. Menschenleben waren nicht zu beklagen, allerdings drang das Wasser aufgrund unzureichend hoher Wurten in Ställe und Wohngebäude ein und führte zu Viehverlusten. Überflutet wurden auch die Friedhofsmauer sowie der Stau der Wassermühle an der Delme. Die Verbindungsstraße vom Ortsteil Deichhausen nach Bremen-Strom wurde vollständig zerstört.

Als Konsequenz der Sturmflut wurde in den 1970er-Jahren das Sperrwerk in Lemwerder gebaut. In Hasbergen ist seither die stetig drohende Gefahr durch das Wasser der Ochtum gebannt. Auch vom Landesinneren droht inzwischen keine Gefahr mehr durch Hochwasser in der Delme. Das ist der Delmetalsperre zu verdanken, die seit 2015 Delmenhorst vor Überflutungen schützt – und damit auch das ländliche Idyll Hasbergen.

Zur Sache

Kleines Dorf ganz groß
Unter einem verschlafenen Dorf kann sich jeder etwas vorstellen. Da werden am Abend die Bürgersteige hochgeklappt, und richtig was los ist höchstens einmal im Jahr beim Schützenfest. Doch es gibt auch den Gegenentwurf: ausgeschlafene Dörfer mit einem eigenen Charakter und Menschen, die das Leben dort über Generationen prägen. Der WESER-KURIER hat sich auf der Suche nach diesen besonderen Gemeinden gemacht und stellt sie in der Serie "Kleines Dorf ganz groß" vor.
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