Galerien und Museen sind Heime jener Artefakte, die gesammelt und im besten Falle ausgestellt werden sollen. Kunst bereichert das Leben, regt zum Nachdenken und darüber sprechen an. Besuche im Museum können den Horizont erweitern. All die positiven Aspekte des Ausstellungsbetriebs führt auch die Stadtverwaltung an, wenn es darum geht, zu rechtfertigen, dass aus den Steuereinnahmen, die nach Delmenhorst fließen, eben auch die Kunst gefördert wird. Museen und Galerien als Sammlungs-, Ausstellungs- und Begegnungsorte brauchen Personal, das die Sammlung pflegt und aufbereitet. Kuratoren erledigen im Kunstbetrieb jenen Job, im wörtlichen Sinne aus dem Lateinischen übersetzt tatsächlich Pfleger.
Neben der Galerieleiterin Matilda Felix, gewissermaßen die Oberpflegerin, gibt es seit Anfang Dezember einen neuen Kurator: den 32-jährigen Viktor Hömpler aus Berlin. Felix zeigte sich Ende vergangenen Jahres froh, dass die Stelle, die vormals von Aneta Palenga mit Leben gefüllt wurde, rasch wiederbesetzt werden konnte. Denn der Ausstellungsbetrieb macht sich zum einen nicht von allein und zum anderen möchte Felix das Haus Coburg überregional bekannter machen. Ein erster Schritt soll der Delmenhorster Kunstpreis sein, der zunächst durch private Gönner finanziert wird. Und diesen soll Hömpler neben Felix begleiten. Mit dem Kunstpreis sollen vornehmlich junge Künstler ausgezeichnet werden, die am Beginn ihrer Karriere stehen und noch keine Einzelausstellung hatten. Die Preisträger werden ihre Kunst dann nämlich im Haus Coburg ausstellen. Eine Arbeit, die Hömpler schon während seines Studiums der Kunstgeschichte in Berlin begonnen hatte.
Globale Kunstgeschichte im Blick
Bei der international renommierten Galerie "Neugerriemschneider" hatte Hömpler zunächst als Werkstudent, später als Mitarbeiter gewirkt. Die Galerie ist auf den Kunsthandel spezialisiert, weshalb ein kurzer Draht zwischen Galeristen und Künstlern unabdingbar sei. "Ich hatte im Studium einen Schwerpunkt auf die zeitgenössische Kunst Europas und Amerikas gelegt und das fand sich in der Galerie perfekt wieder", sagt Hömpler, dessen Blick unterdessen weit über die "westliche Welt" hinausgeht und die globale Kunstgeschichte in den Blick nimmt. Dieser globale Blick wird auch im Haus Coburg hochgehalten, wie die Ausstellung über Kindheitserinnerungen in der Kunst mit Werken der deutsch-afghanischen Künstlerin Moshtari Hilal im vergangenen Jahr zeigte.
"Ich finde es reizvoll, hier im kleinen Rahmen viele Kunstinteressierte kennenlernen zu können", sagt Hömpler zu seinen Beweggründen, sich ausgerechnet für Delmenhorst zu entscheiden. Hömpler war für ein Volontariat, das in der Branche nach dem Studium den Grundstein für eine Berufskarriere legt, in die Schweiz gegangen. Am Migros-Museum für Gegenwartskunst in Zürich, das aus den Gewinnen einer der beiden großen Supermarkt-Ketten des Landes finanziert wird, konnte Hömpler den großen Betrieb kennenlernen. Doch kaum war Hömpler in Zürich im Winter 2020 angekommen, brach die Corona-Pandemie über den Erdball herein und brachte auch in der Schweiz den Kulturplatz zum Erliegen. "Man hat schnell gemerkt, wie die schwindenden Besucherzahlen auch einen Einfluss auf die Finanzierung insgesamt haben", sagt Hömpler. Zwar bekam er nach dem einjährigen Volontariat noch einen Anschlussvertrag, doch dann sei das Geld aus gewesen und auch seine Station an der Limmat.
Sammlung digitalisieren
Nun wohnt Hömpler in Bremen und pendelt mit dem Zug nach Delmenhorst, wo er sich mit der Stadt und seiner Bevölkerung vertraut macht. Und er freue sich auf das, was kommt. Lehrreich sei der Wechsel an die Delme allemal: "Es gibt hier eine faszinierende Sammlung", sagt Hömpler. Diese zu digitalisieren, hat die Galerie bereits mit dem Amtsantritt von Matilda Felix im Corona-Winter 2021 begonnen. Doch der Aufwand ist immens, weshalb Hömpler auch daran mitwirken werde.