Maximale Transparenz verspricht sich Matilda Felix von der ersten neuen Ausstellung im noch jungen Jahr. Die Leiterin der Städtischen Galerie Haus Coburg nimmt den 50. Geburtstag ihrer Einrichtung zum Anlass, eine Ausstellung zu eröffnen, von der bislang nicht klar ist, was eigentlich zu sehen sein wird. Unter dem Motto "50 Jahre/50 Werke/50 Tage" wird die Bevölkerung zur Mitarbeit eingeladen. Jeder kann seine eigene Kunst ausstellen lassen, ob selbst angefertigt oder gesammelt spiele dabei keine Rolle. "Wir wollen mit der Ausstellung auf die Debatten um den Kunstbetrieb eingehen", sagt Felix. So seien Ausstellungsorte grundsätzlich unter Druck geraten, weil ihnen mitunter prekäre Beschäftigungsverhältnisse unterstellt werden. Zudem wird von manchem kritisiert, dass Blick auf die Kunst aus einem Winkel erfolgt, der weit jenseits des vom Publikum erwarteten zu sein scheint.
Die Ausstellungen der vergangenen Jahre im Haus Coburg zeigen zwar durchaus einen Blick auf die stadtpolitischen Debatten und die großen Themen der Gegenwart, wie den Stadtumbau in Bezug auf Wollepark und Hertie, eine mögliche Verkehrswende und die soziale Frage. Aber auch, wie Kulturarbeit in der Diaspora funktionieren kann und wie sich Familienbilder fern der eigentlichen Heimat entwickeln können, war im vergangenen Jahr Thema im Haus Coburg wie auch in der Stadtgesellschaft selbst. Nun aber ein neuer Zugang: "Wer Kunst zu Hause hat und diese mal in einer öffentlichen Ausstellung zeigen möchte, kann die Kunst zu uns bringen", sagt Felix. Ob Ölgemälde, Skulptur oder Videoinstallation, die Auswahl des Kunstformats spiele keine Rolle. Wichtig sei nur, die Kunst müsse zum Haus Coburg gebracht werden und jeder solle nur ein Kunstwerk mitbringen. Ob Künstler aus Delmenhorst oder Sammler, die schon immer mal ihren Liebermann im Haus Coburg hängen sehen wollen, Grenzen gebe es fast keine. Die Ausstellung soll ab Sonnabend, 2. März, für die Öffentlichkeit geöffnet werden, die Vernissage ist für den Freitagabend zuvor geplant. Und 50 Tage später, am 21. April, soll die Ausstellung enden, um dem nächsten Höhepunkt Platz zu machen.
Stuckenberg und seine Freunde
Fritz Stuckenberg verbrachte als Sohn des Direktors der Hansa-Linoleumwerke seine Jugend in Delmenhorst und gilt heute als einer der größten Künstler der Stadtgeschichte. Sein Nachlass befindet sich seit dem Jahr 1998 im Haus Coburg. Und anlässlich des Galerie-Jubiläums soll auch Stuckenberg eine Ausstellung gewidmet werden. Der ersten größeren seit gut 15 Jahren. Doch Stuckenberg wurde nicht von selbst zu einem der größten deutschen Künstler. In der Zwischenkriegszeit lernen sich Stuckenberg, Heinrich Campendonk und Paul von Ostaijen in Berlin kennen und pflegten im Anschluss briefliche Korrespondenz. Beinahe hätten die drei Maler neben dem Blauen Reiter, der Brücke und dem Sturm noch ihre eigene Künstlergruppe gegründet, Kataklump sollte die heißen. Zwar kam es so weit nicht, doch eine gemeinsame Ausstellung der drei Maler gibt es nun doch. In Zusammenarbeit mit dem Museum Penzberg in Bayern, das den Nachlass Campendonks verwahrt und der Paul van Ostaijen Gesellschaft in Antwerpen. Eröffnet wird die Ausstellung mit der Vernissage am Freitag, 17. Mai. Sie läuft im Anschluss bis zum 18. August.
Eine gänzlich andere Ausstellung ist für den Herbst geplant: Die Künstler Caroline Achaintre und Raphael Sbrzesny stellen getuftete Wandarbeiten aus und verbinden diese mit Installationen an den Schnittstellen von Musik, Installation und Performanz. Eine Ausstellung, die den Besucher selbst zum Objekt der Erforschung eigener Körperlichkeit als gesellschaftlichem Resonanzraum mache, kündigen die Ausstellungsmacher an. Die Wandarbeiten von Caroline Achaintre erinnern an Gesichter, an Tiere oder Fantasie-Körper und entwickeln eine Anziehungskraft auf das Publikum, die in der Art wohl selten zu sehen ist. Dass die Arbeiten Achaintres zudem aus Wolle gemacht sind, soll an die Industriegeschichte von Delmenhorst erinnern, die Nordwolle ist schließlich nur einen weiten Steinwurf entfernt. Dazu kommt – und das soll als Reminiszenz an die Gründungstage des Ausstellungsbetriebs durch Hermann Coburg in seinen Privaträumen verstanden werden – die Musik, die auch durch Sbrzesny zur Aufführung kommen wird. Dass Coburg einerseits Leibarzt der Industriellen-Familie Lahusen und andererseits auch die Krankenversorgung für die Mitarbeiter der Nordwolle übernommen hatte, stelle weitere Bezüge zur vom 7. September bis 12. Januar laufenden Ausstellung her.
Hespos zum Geburtstag
Musikalisch wird zudem der 13. März, dem Geburtstag des im Juli 2022 verstorbenen Komponisten Hans-Joachim Hespos, der viele Jahrzehnte in Ganderkesee lebte. An jenem Mittwoch wird unter dem Titel "hespo neuAnders" das schwedisch-deutsche Violinen-Duo Gelland zeitgenössische Musik präsentieren. Der Organist Martin Sturm, Professor an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, wird moderieren. Eintrittskarten sind im Vorverkauf für zehn Euro erhältlich.