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Wollepark Delmenhorst Polizei sieht keine Anzeichen für Betrug

Rund 190.000 Euro an Schulden für Gas und Wasser waren am Wollepark 11 und 12 bei den Stadtwerken Delmenhorst aufgelaufen. Hat der Hausverwalter das Geld unterschlagen? Die Polizei ermittelte.
05.07.2017, 13:14 Uhr
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Polizei sieht keine Anzeichen für Betrug
Von Andreas D. Becker

75.000 Euro für Gas, 50.000 Euro für Trinkwasser und noch mal 70.000 Euro für Abwasser - diese Schulden waren in den Blöcken Am Wollepark 11 und 12 aufgelaufen, bevor die Stadtwerke Delmenhorst (SWD) erst das Gas und schließlich auch das Wasser für die Bewohner komplett abstellten. Seit sieben Wochen leben die Menschen dort ohne diese Versorgung und müssen sich an einer Zapfstelle an der Straße bedienen und das Wasser in Eimern in ihre Wohnungen tragen.

Die Mieter beteuerten, Miete und Nebenkosten bezahlt zu haben, viele der 50 Eigentümer der 80 Wohnungen sagten ebenfalls, dem Hausverwalter die Nebenkosten weitergegeben zu haben. Es wurde Anzeige wegen Betruges von den SWD erstattet. Doch auf einen Betrug gibt es laut Polizei keine Hinweise. Zumindest nicht auf systematischen Betrug. Das ist das vorläufige Ergebnis der Untersuchungen. Die Polizei Delmenhorst hatte zu diesem Komplex eigens eine Ermittlungsgruppe eingerichtet.

„Im Rahmen dieser Ermittlungen wurden unter anderem sämtliche Zahlungsflüsse für jede Wohneinheit im Wollepark Nummer 11 und Nummer 12 beleuchtet“, erklärt Polizeisprecherin Désirée Krikkis das Vorgehen. „Hierbei bestätigte sich ein Betrugsverdacht gegen die Hausverwaltung nicht.“ Aber die Beamten fanden anderes heraus: Nicht für alle Wohnungen der Wohnungseigentümergemeinschaft wurden die Kosten regelmäßig bezahlt, woraus wiederum – das ist allerdings ein völlig andere juristische Baustelle – erhebliche zivilrechtliche Forderungen resultieren. Eine strafrechtliche Relevanz hat das aber nicht.

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Laut Polizei seien nur für rund 21 Prozent der Wohnungen keine Nebenkosten abgeführt worden, in etwa gleich groß war der Anteil der Fälle, in denen die Nebenkosten nicht regelmäßig an die Hausverwaltung abgeführt wurden. Nach und nach hat sich so der immense Schuldenberg aufgetürmt. „Auch der Vorwurf, dass die Hausverwaltung Sozialleistungen des Jobcenters nicht weitergeleitet hat, konnte nicht bestätigt werden. Das Ergebnis der Ermittlungen wird nun zur weiteren Prüfung an die Staatsanwaltschaft übergeben.“

Unterdessen ist die Zahl der Mieter, wie berichtet, in den beiden Wohnblöcken in den vergangenen drei Monaten stark zurückgegangen. In den Hochhäusern seien noch 264 Bewohner gemeldet, wie die Stadt Delmenhorst am Mittwoch auf Anfrage mitteilte. Im April waren es noch 347, im Mai rund 300. "Wir haben durch die täglichen Besuche unserer Betreuer vor Ort den Eindruck, dass sich viel, viel weniger Menschen dort aufhalten als vorher", bestätigte Rudolf Mattern, Fachbereichsleiter Soziales der Stadt. Wobei seine Kollegin Petra Gerlach gegenüber dem WESER-KURIER auch betont hatte, dass dies keine statistisch validen Werte, sondern vor allem Beobachtungen seien.

Polizei zeigt verstärkte Präsenz

Die Polizei durchleuchtet das Quartier nicht nur in Bezug auf Betrugsvorwürfe, sondern ist seit rund einem Jahr auch vermehrt vor Ort, um dort für mehr Sicherheit zu sorgen. „Aufgrund dieser zielgerichteten Kontrollen wurde eine Vielzahl von Verstößen festgestellt. Außerdem wurden in den vergangenen Wochen eine leicht erhöhte Zahl an Drogendelikten registriert“, berichtet Désirée Krikkis. Auch in Zukunft werde es regelmäßige Kontrollen geben, die Polizei hat das Quartier weiterhin im Blick. "Einen signifikanten Rückgang von Verstößen haben wir seit Beginn der Kontrollen noch nicht registriert", sagt die Polizeisprecherin. Seit die Beamten aber verstärkte Präsenz zeigen, wurden bereits mehr als 20 Haftbefehle allein in dem Quartier vollstreckt.

Besuch bekamen die Bewohner der beiden von der Gas- und Wasserversorgung abgeschnittenen Häuser am Mittwoch von grünen Wahlkämpfern, der Direktkandidatin für den Wahlkreis Delmenhorst, Christina-Johanne Schröder, und dem haushaltspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler. "Die Zustände in den Häusern sind einfach inakzeptabel. Da ist auch der Bund gefordert, denn der Staat kann nicht akzeptieren, dass die Mieter derart übers Ohr gehauen werden und mitten in Deutschland wie in einem Entwicklungsland leben", sagte Kindler. Es müsse in solchen Fällen Möglichkeiten geben, die Besitzer notfalls auch zu enteignen.

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