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Problemhäuser in Delmenhorst Rund-um-die-Uhr-Bewachung im Wollepark

Seit Wochen leben die Menschen in den Häusern Am Wollepark 11 und 12 ohne Gas und Wasser. Mittlerweile vermüllt das Grundstück zusehends, die Sicherheit ist immer weniger gewährleistet.
04.07.2017, 18:20 Uhr
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Rund-um-die-Uhr-Bewachung im Wollepark
Von Andreas D. Becker

Delmenhorst. Männer mittleren Alters sitzen in ihren Autos, die Fahrertür ist einen Spalt geöffnet. Sie parken hinten auf dem Grundstück, unter den großen Bäumen, und beobachten.

Sie blicken auf den maroden Eingang des Hauses Am Wollepark 12, sie schauen auf ein ungepflegtes Stück Rasen, ein paar Enten hocken dort und sonnen sich, entlang der Hausfassade liegt Müll, alte Kleidungsstücke, Schaumstoffmatratzen, wahrscheinlich einfach aus den oberen Stockwerken fallen gelassen. Einige Bewohner haben Kinderkleidung und Plastiktüten auch in die Bäume geworfen. Teilweise hängen die Tüten so an den Ästen, als wenn sie jemand dort bewusst hingehängt hätte. Möbel, die nicht mehr benötigt werden, stehen vor den Wohnungen auf den Fluren.

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Die Stadtverwaltung stuft diese zunehmende Vermüllung als ein Problem ein. Vor allem die einfach in den Fluren abgestellten Möbel. Sie sind eine ernsthafte Gefahr, wenn es brennt, weil Rettungskräfte zum Beispiel die Wege nicht unbehindert nutzen können. „Wir haben da einen ganz wachen Blick drauf“, sagt Petra Gerlach, die bis vor Kurzem den Fachbereich Gefahrenabwehr geleitet hat und aufgrund ihres Wissens immer noch federführend das Thema Wollepark betreut. Die Bauordnung jedenfalls sah die Sicherheit der Bewohner nicht mehr als ausreichend gewährleistet an und reagierte. Wie berichtet, wacht nun wegen der Brandgefahr rund um die Uhr ein Sicherheitsunternehmen über die beiden Problemblöcke.

So ein Vorgehen kostet Geld. Viel Geld. 10.000 Euro bezahlt die Stadtverwaltung jede Woche, damit die Herren in ihren Autos das Haus beobachten. „Die Kosten dafür werden den Eigentümern auferlegt“, teilte die Stadt bereits mit. Wohl wissend, dass dies sehr schwierig wird. Zwar hat der alte Verwalter Erdem aus Huchting Mitte Juni sein Amt niedergelegt, aber der aus der Mitte der rund 50 Besitzer der 80 Wohnungen in den beiden Häusern bestimmte neue Verwalter ist für die Stadt bislang kaum mehr als ein Phantom.

„Wir haben da eine gesunde Skepsis beim bisherigen Gesamtgebaren, ob sich an der Situation in den beiden Häusern etwas ändern wird“, gibt Petra Gerlach zu. Signale, die Grund zur Hoffnung für eine sich anbahnende Zusammenarbeit zwischen Stadt und Hausverwaltung geben, blieben bislang aus. „Die Eigentümer wurden aufgefordert, zu der Situation Stellung zu nehmen. Sie müssen erklären, wie sie Abhilfe schaffen, um eine dauerhafte Nutzung der Wohngebäude aufrechtzuerhalten“, teilte die Stadtverwaltung mit. Es gibt derzeit wenig Anlass zu glauben, dass die Stadt darauf eine zufriedenstellende Antwort erhalten wird. Ein ganz konkretes Zeichen für eine Besserung wäre zum Beispiel, dass die Hausverwaltung damit beginnt, die ausstehenden Rechnungen für Gas und Wasser der Stadtwerke (SWD) zu begleichen. Doch noch sind keine Rechnungen bezahlt

„Wir beklagen nach wie vor ausstehende Zahlungen“, sagt Petra Gerlach. Am 27. April drehten die SWD den Gashahn für die beiden Gebäude zu, am 15. Mai wurde die Wasserversorgung gekappt. Vor der Hofeinfahrt steht ein Hahn zur Notversorgung. Eine Frau kommt mit zwei Eimern angelaufen. Erst füllt sie den roten Haushaltseimer mit Wasser, dann einen, in dem einmal Wand- und Deckenweiß drin war. Wie oft sie auf diese Weise Wasser holen müsse? Sie zuckt mit den Achseln. „Kein Deutsch, Bulgarisch.“ Im Hof stehen zwei mobile Toilettenhäuschen.

Mittlerweile scheint es auch so zu sein, dass immer mehr Bewohner der Häuser 11 und 12 keine Lust mehr haben, ohne Gas und fließend Wasser leben zu müssen. „Wir können Entmietungstendenzen erkennen“, sagt Petra Gerlach. Das Angebot der Stadt, Familien vorübergehend in Notunterkünften einzuquartieren, habe bislang zwar nur eine Familie angenommen. Aber die Meldezahlen gehen nach unten, erklärt Petra Gerlach, „da tut sich was“. Die Menschen ziehen also weg. Einige der Wollepark-Mieter haben im Juli beziehungsweise für August auch Verträge mit der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft GSG abgeschlossen und ziehen in eines von deren Häusern.

Ein weiteres Problem in den beiden Blöcken waren auch die dort nicht gemeldeten Menschen, die aber trotzdem mit in den Wohnungen gelebt haben sollen. Nachweisen konnte das niemand, denn wenn die Stadt kontrollierte, waren die entsprechenden Personen natürlich immer nur zu Besuch da. „Uns wurde berichtet, dass die Zahl der dort nicht gemeldeten Menschen zurückgegangen ist“, sagt Petra Gerlach. Wobei es dazu keine verlässlichen Angaben gibt, keine Statistik, sondern nur gefühlte Werte und Hörensagen.

Aber zurückgehende Mieterzahlen sind unterm Strich ganz im Sinne der Verwaltung, die die beiden Häuser gern aus dem Stadtbild verschwinden sehen würde. Sei es durch die Übernahme in städtische Hand, um den Abriss selbst zu managen. Sollten die Gebäude länger leer stehen, würde die Stadt – wie an der Westfalenstraße 8 – bestimmt versuchen, eine Abrissverfügung zu erlassen.

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