Der FC Verden 04 ist wohl in der laufenden Saison eine Art Schicksalsgegner für den SV Atlas Delmenhorst. Nach dem 2:2 im Hinspiel wurde Trainer Dominik Schmidt entlassen. Unter Nachfolger Key Riebau legten die Blau-Gelben anschließend eine Erfolgsserie der Superlative hin – bis sie am Freitagabend gegen Verden einen herben Rückschlag erlitten. Mit 1:3 (0:1) musste sich der Aufstiegsanwärter in der Fußball-Oberliga Niedersachsen dem Abstiegskandidaten geschlagen geben. „Der Sieg für Verden war absolut verdient. Wir haben in keiner Phase zu dem Spiel gefunden, was uns eigentlich ausmacht. Ich hatte dieses Mal nicht das Gefühl, dass wir das Atlas-Trikot getragen haben, sondern irgendein anderes Trikot“, sagte Coach Riebau. Die unerwartete Pleite könnte im Aufstiegsrennen fatal sein, denn die Konkurrenten HSC Hannover und FSV Schöningen siegten jeweils.
Zuvor hatte Atlas unter Riebau in 18 Pflichtspielen nur eine Niederlage kassiert, ein unglückliches 0:1 beim BSV Rehden in Unterzahl. Kämpferisch überzeugten die Blau-Gelben immer, waren in den entscheidenden Situationen voll da. Gegen Verden wirkten sie erstmals müde und auch mental nicht auf der Höhe. „Ich entschuldige mich nicht für die Leistung, weil wir hier schon viele geile Spiele erlebt haben. Natürlich brodelt es in mir, aber man darf auch nicht vergessen, dass die Jungs über Monate überragende Arbeit geleistet haben“, sagte Riebau und fügte hinzu: „Immer wieder den Fokus zu finden, ist schwierig.“
Schobert fällt verletzt aus
Nur vier Tage zuvor hatten die Delmenhorster durch einen hart umkämpfen 2:1-Erfolg über den TuS Bersenbrück den Einzug ins Niedersachsenpokal-Finale geschafft. Die Startelf änderte Riebau auf drei Positionen. Sinan Brüning stürmte für den verletzten Leonit Basha. Dinand Gijsen wurde geschont, dafür rückte Timon Widiker auf die Linksverteidigerposition und Ibrahim Temin wurde in die Mittelfeldraute vorgezogen. Stammtorwart Damian Schobert fiel zudem verletzt aus, ihn ersetzte Luca Kemna. Wie lange Schobert fehlen werde, sei noch unklar, sagte Riebau.
Acht Spieler standen beim Anpfiff auf dem Platz, die auch gegen Bersenbrück angefangen hatten, doch Atlas war nicht wiederzuerkennen. Die Verdener waren von Beginn an das bessere Team. Mit einer Fünferkette verteidigten sie kompakt und spielten bei Ballgewinnen schnell nach vorne auf den flinken Jonas Austermann. „Beim 0:3 gegen den VfL Oldenburg haben wir unsere schlechteste Saisonleistung gebracht. Danach haben wir uns vorgenommen, einfachen Fußball zu spielen. Wir wollten sicher stehen und den Ball auch einfach mal lang schlagen. Unser Plan ist voll aufgegangen“, sagte der 2. Vorsitzende Henning Breves, der den erkrankten Trainer Jan Sievers vertreten hatte.
In der 20. Minute war Austermann zum ersten Mal frei durch, lupfte aber über das Tor (20.). Spätestens jetzt hätten sich die Delmenhorster auf das Verdener Offensivrezept einstellen können, doch sie standen weiterhin zu hoch und deckten Austermann nicht eng genug. Nach einem Ballverlust von Kapitän Temin in der 37. Minute fand ein langer Pass von Dennis Hoins erneut Austermann, der Marlo Siech entwischte und dieses Mal eiskalt zum 1:0 traf. „Dass Austermann ein herausragender Oberliga-Spieler ist, war bei uns vorher schon allen bekannt. Wenn man ihn dann trotzdem frei laufen läuft, kassiert man eben Gegentore“, sagte Riebau.
Austermann gelingt Dreierpack
Drei Minuten nach dem Seitenwechsel schlug Austermann zum zweiten Mal zu. Eine Hereingabe von Jan-Ole Müller wurde länger und länger. Linus Urban kam nicht mehr heran, Austermann wartete am langen Pfosten und vollstreckte sehenswert per Schlenzer in den Torwinkel zum 2:0 (48.). Kurz darauf wechselte Riebau viermal aus (55.), doch am Atlas-Spiel änderte sich kaum etwas. Auf Torchancen der Blau-Gelben warteten die 1210 Zuschauer vergeblich. Stattdessen konterten die Verdener einmal mehr schulbuchmäßig. Austermann startete in der eigenen Hälfte, stand daher nicht im Abseits und traf gegen den zögernden Kemna zum vorentscheidenden 3:0 (71.). Alle Delmenhorster waren in dieser Szene enorm weit aufgerückt, um auf den Anschlusstreffer zu drängen.
Es spricht für die Blau-Gelben, dass sie bis zum Schluss versuchten, einen Treffer zu erzielen. Siech schoss aus der Distanz über das Tor (73.). In der Nachspielzeit foulte Verdens Torwart Jascha Tiemann Atlas-Stürmer Steffen Rohwedder. Den fälligen Elfmeter verwandelte Tom Trebin zum 1:3 (90.+4). Am Montag war er für seinen Strafstoßtreffer zum 2:1 gegen Bersenbrück ebenfalls in der Nachspielzeit noch von rund 2000 Zuschauern frenetisch gefeiert worden, dieses Mal waren viele Fans schon gegangen, als der Delmenhorster Ehrentreffer fiel. So schnell können sich die Zeiten im Fußball ändern.
Da das Niedersachsenpokal-Finale in Rehden doch nicht am 1. Mai ausgetragen werden darf, wie ursprünglich geplant, haben die Blau-Gelben nun immerhin neun Tage Zeit, um neue Kräfte zu sammeln und aus ihren Fehlern gegen Verden zu lernen. „Es gibt einiges zu analysieren. Wir haben ein brutal schwieriges Restprogramm und müssen uns darauf einstellen, dass die Gegner gegen uns tief stehen und auf Fehler warten“, blickte Riebau voraus. Am Sonntag, 4. Mai, tritt Atlas bei Lupo-Martini Wolfsburg an. Am 10. Mai geht es zu Hause gegen den VfV 06 Hildesheim und am 18. Mai zum Abschluss auswärts gegen den SV Wilhelmshaven. Nach dem Patzer gegen Verden könnte ein weiterer Punktverlust das endgültige Aus im Aufstiegsrennen bedeuten.