Als der Pfiff ertönte und der Elfmeter freigegeben war, nahm sich Tom Trebin noch ein paar Sekunden und atmete einmal ganz tief durch. Es folgte ein kurzer Anlauf, eine leichte Verzögerung und ein überlegter Schuss mit der Innenseite ins Tor. "Ein bisschen Nervosität war dabei, aber ich habe mich gut gefühlt. Was danach kam, war pure Ekstase", schilderte der Mittelfeldspieler den wohl bislang wichtigsten Treffer des SV Atlas Delmenhorst in der laufenden Saison. Trebins verwandelter Strafstoß in der 91. Minute bescherte den Blau-Gelben am Ostermontag einen 2:1 (0:0)-Erfolg im Halbfinale des Fußball-Niedersachsenpokals gegen den Oberliga-Rivalen TuS Bersenbrück. Am 1. Mai geht es für Atlas nun im Endspiel zum BSV Rehden, der sich mit 3:0 gegen den VfV 06 Hildesheim durchsetzte. Der Pokalsieger zieht in den DFB-Pokal ein.
Der wichtige Sieg gegen Bersenbrück war etwas glücklich, letztlich wurden die Delmenhorster für eine bemerkenswerte Energieleistung belohnt. Erst am Donnerstag hatten sie ein kraftraubendes Oberliga-Topspiel beim HSC Hannover bestritten (2:2), während der Gegner zehn Tage Zeit hatte, um sich auf das Halbfinale vorzubereiten. Trotz der Belastung änderte Atlas-Coach Key Riebau die Startelf aus dem Hannover-Spiel nur auf einer Position: Der wieder genesene Routinier Marlo Siech rückte für Youngster Tom Berling in die Innenverteidigung.
Fast ein Fauxpas zum Auftakt
Vor einer beeindruckenden Kulisse von 2020 Zuschauern war den Gastgebern anfangs eine gewisse Nervosität anzumerken. Kapitän Ibrahim Temin und Torwart Damian Schobert, beide ansonsten enorm abgeklärt, liefen sich in der zweiten Minute fast gegenseitig über den Haufen. Letztlich konnte Temin die brenzlige Situation noch klären, indem er den Ball ins Seitenaus beförderte. Anders als Atlas besitzt der Oberliga-Vierte Bersenbrück nur noch geringe Chancen auf den Regionalliga-Aufstieg. Dass die Gäste daher ihre ganze Energie in den Pokalwettbewerb legten, war ihnen anzumerken. In der Anfangsphase war Bersenbrück überlegen, doch die Atlas-Abwehr ließ wenig zu.
Als die Delmenhorster besser in die Partie fanden, ergaben sich sogleich Chancen. Dinand Gijsen scheiterte erst am gegnerischen Torwart Max-Niklas Milde und zielte direkt im Anschluss knapp vorbei (18.). Wenig später rettete Milde gegen Steffen Rohwedder mit einer guten Parade (24.). "Es gab Phasen, in denen wir besser waren, und Phasen, in denen der Gegner besser war. Am Ende waren wir eben die Glücklicheren", schilderte Trebin.
Rohwedder trifft nach einer Ecke
Nach dem 0:0 zur Pause begann die zweite Halbzeit optimal für den SV Atlas. Nach einer Ecke von Linus Urban entwischte Rohwedder seinem Gegenspieler und köpfte aus kurzer Distanz zum 1:0 ein (49.). Davon zeigten sich die Bersenbrücker jedoch unbeeindruckt und starteten wütende Gegenangriffe. Schobert drehte einen Kopfball von Jules Reimerink um den Pfosten, nach der folgenden Ecke klärte Temin einen Reimerink-Schuss auf der Linie (51.). Der Ausgleich lag in der Luft, und er fiel in der 57. Minute: Ein Ball in die Tiefe überrumpelte die Delmenhorster Defensive, Markus Lührmann ging an Schobert vorbei und legte ab für Saikouba Manneh, der zum 1:1 einschob.
Nun war es ein offener Schlagabtausch. Beide Teams hatten Möglichkeiten, in Führung zu gehen. Bersenbrücks Manneh schoss freistehend am Tor vorbei (64.), während Delmenhorsts Joker Justin Dähnenkamp knapp daneben köpfte (65.). Schobert hielt stark gegen Lührmann (69.), ein Tor von Michel Eickschläger zählte wegen Abseits nicht (69.). Kurz darauf zielte Eickschläger knapp vorbei (73.). Insgesamt wirkten die Bersenbrücker in der Schlussphase körperlich fitter. Den Blau-Gelben gelang es in der Offensive kaum noch, Bälle zu halten. "Ich hatte wirklich Angst vor der Verlängerung. Bersenbrück war anzumerken, dass sie eine längere Pause hatten als wir", sagte Atlas-Sportvorstand Bastian Fuhrken.

Der entscheidende Schuss: Tom Trebin verwandelt vom Punkt sicher zum 2:1 für den SV Atlas.
Umso größer war die Erleichterung bei allen Delmenhorstern, dass in der Nachspielzeit doch noch der Lucky Punch gelang. Dähnenkamp und Temin setzten die Bersenbrücker Abwehr gut unter Druck. In der Folge gewann Temin den Ball, Gegenspieler Patrick Greten kam einen Tick zu spät in den Zweikampf und berührte den Atlas-Kapitän leicht. "Diesen Kontakt musste ich natürlich annehmen", sagte Temin später. Es war sicherlich kein unberechtigter Strafstoß, aber etwas Glück war schon dabei, dass Schiedsrichter Alexander Roj nach der leichten Berührung auf den Punkt zeigte. Den Rest erledigte der eingewechselte Trebin nervenstark. "Es war harte Arbeit und ein sehr enges Spiel", hielt Atlas-Trainer Riebau fest und fügte hinzu: "Das ist mir jetzt aber alles egal. Wichtig ist nur, dass wir im Finale stehen."