Wer einen Lauf hat, der hat auch das Glück auf seiner Seite: Eine Phrase, dennoch wird sie fast jeder Fußballer bestätigen. Ziemlich sicher hätte der SV Atlas Delmenhorst diese Art Partie beim 1. FC Germania Egestorf-Langreder in der Hinserie verloren. Die Blau-Gelben bekamen offensiv wenig hin, ließen zwei Großchancen zu – und gewannen dennoch mit 1:0 (0:0). Steffen Rohwedder nutzte ein Geschenk des Gastgebers, der einen Elfmeter völlig unnötig verursachte, zum Treffer des Tages. Damit setzten sich die Mannen von Coach Key Riebau mit einem Arbeitssieg vorübergehend an die Tabellenspitze der Fußball-Oberliga Niedersachsen. „Man kann nicht immer schön spielen. Wir hatten in zwei, drei, vier Situationen sicherlich auch das nötige Glück. Aber das haben wir uns über die letzten Spiele erarbeitet“, fasste Riebau zusammen.
Die Partie hatte durchaus schwere Rahmenbedingungen: Unter der Woche mit einer mehr als zweistündigen Anreise anzutreten, ist im semiprofessionellen Bereich ein Nachteil. Dazu war der Platz schwer bespielbar, das Flutlicht nicht unbedingt auf dem neuesten Stand und der Ball sprang laut Riebau wie ein Flummi. Etwas ungläubig wirkte zudem der eine oder andere Atlas-Zuschauer, als er die Anlage in Barsinghausen betrat. Keine 100 Zuschauer fanden sich am Mittwochabend ein. Glaubwürdigen, wenn auch unbestätigten, Gerüchten nach waren das immer noch rund dreimal so viele wie vergangene Woche gegen Vorsfelde. 34 Interessierte sollen es da gewesen sein.
Ein Spiel fast ohne Torchancen
Zum Sportlichen: Riebau schickte eine ähnliche Startelf wie gegen den VfL Oldenburg (3:0) aufs Feld. Lediglich der genesene Marlo Siech ersetzte Tom Berling. Zudem kam Dinand Gijsen für Linus Urban rein, der aus Belastungssteuerungsgründen auf der Bank saß. Timon Widiker übernahm die Rechtsverteidigerposition, Kapitän Ibrahim Temin links hinten.
In der Anfangsphase beschränkten sich beide Mannschaften auf Sicherheit und lange Bälle. Die erste Halbchance verzeichnete der Gastgeber durch einen Freistoß von Gean Baumgratz, der deutlich über das Tor ging (16.). Nach 22 Minuten lag der Ball auch ohne Torchance im Netz der Egestorfer. Zuvor hatte Schiedsrichter Jan Krummen jedoch abgepfiffen, nachdem Keeper Eric Schröder mit seinem Verteidiger zusammengeprallt war. Die Beteiligung eines Atlas-Spielers war im Pulk nicht ersichtlich, doch der Unparteiische stand gut, die Proteste hielten sich in Grenzen. Die Delmenhorster erarbeiteten sich nun mehr Ballbesitz, doch zu oft kamen Pässe, gerade im letzten Drittel, nicht an.
Elfmeter entscheidet Partie
Komplett aus dem Nichts hätte Egestorf-Langreder kurz vor der Pause das 1:0 machen müssen: Lasse Denker wurde auf halblinks freigespielt und zog ab. Damian Schobert wehrte den Vollspannschuss in die Mitte ab. Jos Homeier kam so aus fünf Meter völlig frei an den Ball und hätte nur einschieben müssen. Doch er drosch das Leder über den Querbalken (42.). Also gingen die Blau-Gelben, denen offensiv nichts gelang, etwas glücklich mit einem 0:0 in die Kabinen.
Auch nach dem Seitenwechsel passierte zunächst wenig. Die Gastgeber präsentierten sich zweikampfstark, Atlas fand kein Mittel, um Torgefahr zu erzeugen. Riebau reagierte nach 55 Minuten, nahm den gelb-vorbelasteten Daniel Hefele vom Feld und brachte Urban. Widiker rückte nach links und Temin ins Mittelfeld. Das lohnte sich kurz danach: Der Kapitän bekam den Ball am linken Strafraumeck und dribbelte nach außen. Dabei wurde er von Til Mohrmann unnötig gefoult. Den fälligen Strafstoß – es war der erste Torschuss von Atlas – verwandelte Steffen Rohwedder sicher unten rechts zum 1:0 (57.). „Ich maße mir nicht an, zu sagen, dass das ein Elfmeter war. Ich maße mir aber auch nicht an, dass es keiner war“, meinte Riebau salomonisch. Sein Gegenüber Boris Besovic bezeichnete den Elfmeter als „unglücklich“.
Atlas bringt Sieg über die Zeit
Die Gastgeber suchten nun den Weg nach vorne und hatten die zweite Großchance, doch Nick Bode köpfte eine Flanke aus zentraler Position aus wenigen Metern neben den Kasten (63.). Zwei Zeigerumdrehungen später verpasste Germania nach einer Ecke erneut den Kopfballtreffer aus dem Getümmel kurz vor dem Tor.
Die Delmenhorster konterten, wurden aus eigener Kraft aber kaum gefährlich – dennoch fiel beinahe das 2:0. Eine Flanke von Sinan Brüning beförderte ein Abwehrbein aus elf Metern als Bogenlampe an die Querlatte. Atlas hatte nun mehr Platz, Justin Dähnenkamp verpasst das 2:0 aus kurzer Distanz knapp, weil Schröder stark parierte (81.). Die Delmenhorster standen defensiv jedoch sicher und brachten den Sieg über die Zeit. "Ich bin unheimlich stolz auf die Mannschaft, die es geschafft hat, vom letzten auf den ersten Platz zu kommen. Das ist unfassbar. Ich freue mich, dass die Jungs als Team sind, wie sie sind. Sie haben eine positive Energie zusammen und eine super Intensität“, lobte der Coach.