Das Werbebanner direkt neben dem Tor der HSG Delmenhorst war eine glatte Untertreibung. „Sieben Tage voller Genuss“, versprach dort eine ansässige Bäckerei. Von wegen! Der Genuss hält bei den Oberliga-Handballern der HSG Delmenhorst bereits deutlich länger an, gerade frisch ausgebaut durch ihren 39:32 (25:19)-Heimerfolg am Donnerstagabend gegen die HSG Hunte-Aue Löwen. Nach dem vierten Sieg in Folge war es keine Überraschung, dass nicht nur Delmenhorsts Trainer Jonas Meißner bester Laune war. Zwei Minuten vor dem Abpfiff, beim Spielstand von 37:31, hakte der Mittelangreifer Jannik Dallügge die Löwenjagd bereits als erfolgreich ab und drückte seinen Coach hinter der Reservebank. Rund 30 Sekunden vor Ultimo erhob sich dann auch das heimische Publikum von den Plätzen und zollte seinem Team kräftigen Beifall.
Der Klassenerhalt der Delmenhorster nimmt damit immer deutlichere Konturen an. Vier Spiele müssen sie noch bestreiten. Der Abstand zum OHV Aurich II, der zurzeit den ersten Abstiegsplatz einnimmt, ist auf sieben Punkte angewachsen. Die Drittliga-Reserve tritt jedoch an diesem Sonnabend daheim gegen den TSV Bremervörde an, was angesichts der jüngsten Bremervörder Form eine machbare Aufgabe sein dürfte. Jonas Meißner traut dem Braten ohnehin noch nicht ganz. „Dazu ist in den vergangenen Wochen zu viel passiert“, verweist er insbesondere auf den Spieltag vor einer Woche, an dem alle Kellerteams überraschend gepunktet hatten.
Schumacher mit starker Paradenquote
Während seine Mannschaft dadurch am Sonntag gewaltig unter Erfolgsdruck stand und dann in Oyten ein Husarenstück landete, sind es dieses Mal die Delmenhorster, die die Konkurrenz in Zugzwang bringen. Abgesehen vom 0:1-Rückstand war es fast ein Start-Ziel-Sieg gegen den unbequemen Tabellensechsten. Ausschlaggebend dafür war die wieder einmal starke 3:2:1-Deckung, die bis hin zur 3:3-Formation variierte und den Gästen sichtbar nicht schmeckte. Dahinter parierte im ersten Durchgang Silas Schumacher 27 Prozent der gegnerischen Würfe. „Für unsere Liga ist das ein starker Wert“, meinte Meißner in Bezug auf die Paradenquote. Die HSG Delmenhorst setzte sich nach dem 5:5 aber auch per 4:0-Lauf auf 9:5 ab (10.), weil in der Offensive vieles klappte. Die Angriffseffizienz der Gastgeber betrug in den ersten 30 Minuten kaum zu beanstandende 80 Prozent.
Der HSG tut es ausgesprochen gut, dass sie sich vor sechs Spielen im Rückraum mit Sam Ramin verstärkt hat. Der Rechtshänder sorgt im Angriff für ein höheres Spieltempo, ist schnell sowie zweikampfstark und obendrein sowohl im Durchbruch als auch aus der zweiten Reihe torgefährlich. Gegen die Hunte-Aue Löwen landeten bis zum Seitenwechsel acht seiner Würfe im gegnerischen Netz. „Sam ist unser fehlendes Puzzlestück. Aber dass er sich so stark entwickelt, das hätte ich nicht gedacht“, lobte Meißner den smarten Bartträger. Ramin strahlte wiederum nicht nur wegen des Ergebnisses über das ganze Gesicht. „Ich habe richtig Spaß hier, es werden hier ja auch meine Jugendgefühle geweckt“, sagte er. Mit einem Großteil des Teams spielte Sam Ramin bereits in der Jugend zusammen.
Mehr Fehler nach dem Seitenwechsel
Da im Angriff außerdem Marcel Cuda bis zur Halbzeitpause sieben Treffer warf – den letzten in Unterzahl direkt mit dem Pausenpfiff aus der zweiten Reihe – und Till Eisenmenger fünfmal netzte, gingen die Hausherren mit einer verdienten Fünf-Tore-Führung in die Kabine. Dieses hohe Niveau konnten die Gastgeber im zweiten Durchgang nicht halten. Immerhin wirkte sich ihre deutlich gestiegene Fehlerquote nicht negativ auf das Resultat aus. Das lag zum einen daran, dass nun Sönke Schröder im Delmenhorster Tor die Gäste mit insgesamt acht Paraden entnervte (Fangquote: 38 Prozent). Zum anderen schwächten sich die Löwen mit ihren fünf Zeitstrafen wegen Meckerns selbst. „Das zeigt, dass wir Hunte-Aue den Spaß am Spiel genommen haben“, fand Meißner, schränkte aber zugleich ein: „Vorne haben wir das nicht ausreichend bestraft und zu viele Bälle weggeworfen, hinten sind wir zu fickerig geworden.“
Dennoch baute seine Mannschaft den Vorsprung rasch auf sieben Tore aus (28:21/37.) und behielt auch die Nerven, als die Löwen bis auf drei Tore verkürzten (31:28/48.). Für Sam Ramin war es wohl der vorerst letzte Einsatz im Delmenhorster Dress, weil der Lehramtsstudent (Sport/Mathematik/Physik) nun an seinen Wohnort Münster zurückkehrt. „Ich bin ja nicht weit weg. Und wenn Jonas noch einmal personellen Bedarf haben sollte, kann er mich gerne kontaktieren“, ließ der 31-fache Saisontorschütze durchblicken. „Ich kann mir vorstellen, dass das noch passieren wird“, antwortete Meißner und feierte anschließend mit seinem Team den „sehr großen Schritt in Richtung Klassenerhalt“.